Immunität von Björn Höcke aufgehoben: Mehr Volksverhetzung wagen
Der Thüringer Landtag hat die Immunität von Björn Höcke aufgehoben. Dem AfD-Politiker drohen Ermittlungen nach einer SA-Parole in einer Rede.
Zuvor hatte die Staatsanwaltschaft Halle einen Antrag auf Aufhebung von dessen Immunität als Abgeordneter gestellt. Der Grund: Höcke hatte in einer Wahlkampfrede kurz vor der Sachsen-Anhalt-Wahl Ende Mai den SA-Wahlspruch „Alles für Deutschland“ verwendet. Das ist laut einem Papier des wissenschaftlichen Dienstes des Bundestags ähnlich wie das Zeigen verfassungsfeindlicher Symbole strafbar.
Höcke drohen nun staatsanwaltschaftliche Ermittlungen. Es ist nicht das erste Mal, dass Höckes Immunität wegen ähnlicher Äußerungen aufgehoben wird – Höcke darf gerichtlich bestätigt als Faschist bezeichnet werden und ist das Gesicht der völkischen Strömung in der AfD.
Zuletzt hatte diese innerhalb der extrem rechten Partei mit dem Nichtwiederantritt von Jörg Meuthen als Parteichef an Boden gewonnen. Der unangefochtene und designierte Parteivorsitzende Tino Chrupalla aus Sachsen war zudem Wunschkandidat der Völkischen. Seine Wiederwahl in die Parteispitze auf dem im Dezember in Wiesbaden anstehenden Parteitag gilt als gesichert.
Anzeige von Grünen-Landeschef
Angezeigt wurde Höcke vom Grünen-Chef aus Sachsen-Anhalt, Sebastian Striegel, der gegen dessen Wahlkampfauftritt protestiert hatte. Der sagte der taz: „Natürlich weiß Höcke als Geschichtslehrer genau um die Bedeutung dieses Satzes. Angesichts des Publikums auf der AfD-Kundgebung nutzte er den Ausspruch bewusst als Markierung und Erkennungszeichen im rechtsextremen Kontext.“
Höcke forderte unterdessen, das Immunitätsrecht zu ändern. Laut einer Nachricht an seine Social-Media-Follower wollte der extrem rechte Politiker sinngemäß mehr Volksverhetzung wagen: Er forderte die Abschaffung des „sogenannten Volksverhetzungsparagrafen“. Höcke konterkarierte damit die Selbstinszenierung der AfD als „Rechtsstaatspartei“, indem er behauptete, dass der Straftatbestand Volksverhetzung „auf jeden kritisch denkenden Bürger anwendbar“ sei.
Ein historisch-kritisches Bewusstsein oder die Einsicht, dass es ein Fehler gewesen sein könnte, den SA-Wahlspruch zu zitieren, gibt es bei Höcke nicht mal andeutungsweise. Im Gegenteil: Offenbar will Höcke auch weiter Nazi-Slogans benutzen, wenn er sagt: „Mehrfach wurde meine Immunität bereits aufgehoben, mehrfach wegen des Verdachts auf angebliche Volksverhetzung. In einem Land, das Kopf steht, kommt man als Patriot daran wohl nicht vorbei.“
Nebenbei zweifelte Höcke in dem Beitrag die Unabhängigkeit der Justiz an. Der Thüringer AfD-Landesverband gilt sogar dem Verfassungsschutz als „erwiesen rechtsextrem“, ist allerdings der einzige der bei der vergangenen Bundestagswahl etwas zulegen konnte.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Nan Goldin in Neuer Nationalgalerie
Claudia Roth entsetzt über Proteste
Politikwissenschaftlerin über Ukraine
„Land gegen Frieden funktioniert nicht“
Scholz und Pistorius
Journalismus oder Pferdewette?
Krieg in der Ukraine
Kein Frieden mit Putin
Krieg in der Ukraine
Geschenk mit Eskalation
taz-Recherche zu Gewalt gegen Frauen
Weil sie weiblich sind