Immo-Branche finanziert Studiengang: Gesponserte Nachwuchsarbeit
Die Immobilienbranche will der Hamburger Hafen-Uni einen Studiengang spendieren: zum Thema Immobilien. Kritiker befürchten Einfluss auf Inhalte.
BERLIN taz | Die Immobilienbranche boomt. Dank niedriger Zinsen wurden im vergangenen Jahr Häuser und Grundstücke für 190 Milliarden Euro verkauft. Entsprechend groß ist auch die Nachfrage nach gut ausgebildeten Fachkräften im Immobilienmanagement. In Hamburg will die Branche nun einen entsprechenden Studiengang ins Leben rufen. „Real Estate Management and Leadership“ soll der Masterstudiengang heißen, den die HafenCity Universität Hamburg (HCU) ab dem kommenden Wintersemester anbieten möchte.
Finanziert werden soll der Master von einem gemeinnützigen Verein. In der „Real Estate and Leadership Foundation e.V.“ haben sich Anfang des Jahres unterschiedliche Unternehmen zusammengefunden, um den Studiengang finanziell möglich zu machen. 300.000 Euro sind so bislang zusammengekommen, um zwei zusätzliche ProfessorInnenstellen zu finanzieren und 30 Masterplätze zu schaffen.
Dass ein privater Verein einen Studiengang trägt, ist in Deutschland bisher einzigartig und könnte Vorbildcharakter haben. Doch ein Immobilienmaster von der Immobilienwirtschaft, kann das gut gehen?
Der Verein, in dem sich unter anderen Baufirma, Immobilienmakler, Projektentwickler und Finanzdienstleister zusammengeschlossen haben, sei bunt gemischt und heterogen. „Es handelt sich nicht um eine Lobbyvereinigung, die ein gemeinsames Ziel verfolgen könnte“, ist sich Walter Pelka, Präsident der HafenCity Universität, sicher. „Wir wollen einen Studiengang schaffen, der einen ganzheitlichen Ansatz beim Thema Immobilien wählt. Von der Projektidee über die Entwicklung zum Umbau und Abriss soll der gesamte Immobilienzyklus vermittelt werden“.
„Kein generelles Problem“
Pelkas erster Plan war es, den Studiengang mit öffentlichen Geldern der Hamburger Wissenschaftsbehörde zu finanzieren, doch dafür war kein Geld da. Nur für den Konsolidierungsprozess schoss die Behörde Geld zu, der Rest sollte auch durch Kooperationen mit der Wirtschaft beschafft werden.
Thematisch passt der Master an die Universität, die HCU versteht sich als Universität für Baukunst und Metropolenentwicklung. Schon im Entwicklungsplan zur Gründung der Uni aus dem Jahr 2005 ist festgehalten, dass sich die Universität auch den Fragen der Immobilienökonomie widmen soll.
Kritik entzündete sich zum einen an der schlechten Informationspolitik, sowohl vonseiten des Präsidiums und der Gremien als auch von Annette Kämpf-Dern, der Professorin, die für den Aufbau des Studiengangs verantwortlich ist. Das sorgt für Spekulationen darüber, wie fremdgesteuert der Studiengang in der Praxis sein könnte. „Wir haben kein generelles Problem mit dem Studiengang, wir haben nur ein Problem mit einer Fremdfinanzierung und der anfangs angestrebten Einflussnahme seitens der Förderer im Verein“ sagt Florian Dumsky, Vorsitzender des Allgemeinen Studierendenausschusses (AStA).
Uni-Präsident ist gelassen
Der Unterstützerverein „Real Estate and Leadership Foundation e.V.“ hat sich Ende Februar dieses Jahres gegründet und eine Satzung verabschiedet. Je nach Beitragshöhe haben die Mitglieder unterschiedliche Rechte. Neben gestaffelter Mitsprache innerhalb des Vereins sind dort weitere Privilegien je nach Art der Mitgliedschaft aufgeführt: die Möglichkeit, bei passender Qualifikation Gastvorträge an der Uni zu halten, Stipendien und Patenschaften zu vergeben oder Promotionsthemen vorzuschlagen etwa.
Einflussnahme auf Forschung und Lehre? Präsident Pelka sieht das gelassen. „Wir werden einen Vertrag mit dem Verein aushandeln, und dort werden wir sehr genau darauf achten, dass da nicht Einzelnen Rechte an der Hochschule eingeräumt werden, die sich nicht gehören.“ Was in den Statuten des Vereins stehe, sei zweitrangig, wichtig sei der Vertrag zwischen Verein und HCU.
Auch Arne Semsrott von Transparency International bezeichnet den Vertrag als entscheidend. „Es ist wichtig, dass die Entscheidung über den Studiengang von der Uni selbst getroffen wird und dass es nicht zu einer Einflussname vonseiten des Vereins kommt. Die Unternehmen dürfen keine verbindliche Stimme bekommen“. Semsrott ist Leiter der AG Wissenschaft und verantwortlich für das Portal Hochschulwatch, das Transparency gemeinsam mit der taz ins Leben gerufen hat. Auch eine transparente Informationspolitik hält er für zentral und wünscht sich die Offenlegung des Kooperationsvertrags. „Es ist enorm wichtig, dass die Universität darauf achtet, dass der Kooperationsvertrag keine Einflussnahme auf Lehre und Forschung vorsieht und dass das auch für alle nachzulesen ist.“
Nur an Nachwuchskräften interessiert
Der Verein selbst hält solche Bedenken für unbegründet. „Die Interessenslage des Vereins ist ausschließlich auf die hochqualifizierte Ausbildung von Nachwuchskräften mit einem interdisziplinären Ansatz ausgerichtet“, lässt der Verein auf Anfrage mitteilen. Eine Einflussnahme auf den Lehrinhalt schließe auch die Satzung aus. Den diesbezüglichen Diskurs begrüße der Verein aber, fördere er doch die klare Profilierung des Studiengangs.
Die Verhandlungen darüber stehen noch aus und sollen im akademischen Senat geführt werden. „Wir werden mit dem Verein sicherlich auch über den Lehrplan sprechen, aber die finale Entscheidung liegt da bei uns. Das wird in keiner Weise übersteuert werden“, so Pelka. „Nirgendwo hat der Verein direkten Einfluss auf Entscheidungen.“
In einer ersten Werbebroschüre für den Verein war von der Teilnahme an Berufungskommissionen die Rede, doch das ist vom Tisch. Einen angekündigten „Walk of Fame“ mit den Namen der Förderer am Eingang der HCU wird es nicht geben.
Anmerkung: In der Print-Version des Artikels wurde im letzten Satz versehentlich ein „nicht“ gestrichen, wo es wichtig war: Ein „Walk of Fame“ der Förderer im Eingangsbereich der HCU ist wie gesagt NICHT geplant.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!