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Immer noch Zoff im Zoo

Im Arbeitskonflikt bei Hagenbeck hat der Betriebsrat gegen Geschäftsführer Albrecht einen Strafantrag gestellt – wegen Behinderung der Betriebsratsarbeit und Verletzung des Briefgeheimnisses

Von Kai von Appen

Im Konflikt zwischen dem Management und dem Betriebsrat des Tierparks Hagenbeck (taz berichtete)hat die Belegschaftsvertretung gegen den neuen Geschäftsführer Dirk Albrecht Strafantrag wegen Behinderung der Betriebsratsarbeit sowie Verstoßes gegen das Briefgeheimnis gestellt – ein außergewöhnlicher Schritt. Der Paragraf 119 Betriebsverfassungsgesetz stellt die Behinderung von Betriebsratsarbeit mit Geld- oder Freiheitsstrafen bis zu einem Jahr unter Strafe.

Im Dezember waren Verhandlungen um den Abschluss einer Kurzarbeiterregelung eskaliert. Albrecht kündigte vor den Gesprächen ohne Anhörung des Betriebsrates neun Angestellten und wollte Gewerkschaftsvertreter von den Verhandlungen verbannen. Er erteilte ihnen – wie tags darauf auch dem Betriebsratsanwalt – Hausverbot und ließ sie von der Polizei unter dem Vorwand des Coronaschutzes entfernen. Zudem kündigte Albrecht dem Betriebsratsvorsitzenden Thomas Günther und erteilte ihm Arbeits- und Hausverbot.

Das Hausverbot wurde noch im Januar durch das Arbeitsgericht per einstweiliger Anordnung kassiert. Das Arbeitsverbot und ein Amtsenthebungsverfahren gegen Betriebsrat Günther wurden kurz vor dem Prozess Ende Februar zurückgenommen. Zuvor waren bereits die neun Kündigungen zurückgezogen worden.

„Vor dem Hintergrund der gerade erfolgreich begonnenen Befriedung der Zusammenarbeit“, schreibt Albrecht in einem Brief an den Betriebsrat, der im Zoo aushängt, „halte ich Ihren Weg einer Strafanzeige für unangemessen und hätte es begrüßt, wenn ich zuvor die Gelegenheit gehabt hätte, Ihre Vorwürfe zu prüfen und zu kommentieren und etwaige Optimierungen in unseren Abläufen einvernehmlich zu besprechen“.

Briefe geöffnet

Doch der Betriebsrat nennt neue Gründe, weshalb eine vertrauensvolle Zusammenarbeit derzeit nicht gegeben sei. „Wir hatten den Strafantrag zurückgehalten, um einer Befriedung des Konflikts nicht entgegenzustehen“, heißt es in einem Info-Blatt an die Belegschaft. „Auch wenn zwischenzeitlich bei einigen Themen eine erfreuliche Lösung gefunden wurde, war die Stellung des Strafantrags aus unserer Sicht alternativlos, da in den letzten Wochen mehrere ausdrücklich an den Betriebsrat adressierte Postsendungen geöffnet wurden und dies aus unserer Sicht eine Verletzung des Briefgeheimnisses darstellt.“ Letzteres wäre eine Straftat.

Wegen der laufenden Ermittlungen möchte sich der Betriebsrat zu den Vorgängen nicht konkret äußern. „Es gibt zwei Fälle, die durch Zeugenaussage belegt werden können“, verrät Dirk Johne, Vize-Landesleiter der Gewerkschaft IG Bau, der taz. Pikant sei dies vor dem Hintergrund der gerade laufenden Betriebsrats-Neuwahl, die wohl ausschließlich als Briefwahl stattfinden werde, so Johne.

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