Immer mehr Gentechnik auf Feldern: Öko-Imker in Sorge
Angesichts weiter wachsender Gentech-Felder fürchten Imker um ihren Absatz. Denn in Bio-Honig ist Gentech tabu - doch die Bienen fliegen wohin sie wollen.
BERLIN taz Vor 30 Jahren hat Günther Friedmann zum ersten Mal einen Bienenkasten geöffnet. Das Gewusel und der Geruch haben ihm so gut gefallen, dass er kurz darauf seine ersten Bienenvölker kaufte. 500 besitzt er heute, je Volk sind das bis zu 60.000 Tiere im Sommer. Und die fliegen, wohin sie wollen - möglicherweise saugen sie dabei auch Nektar aus gentechnisch veränderten Pflanzen. Das sorgt den Berufsimker aus Ulm. Denn Friedmann stellt Öko-Honig her, und dabei ist Gentechnik tabu.
Die Größe der Flächen, auf denen Genpflanzen angebaut werden, wächst in diesem Jahr erneut: Nach Angaben des Bundes für Umwelt- und Naturschutz wurden bislang 4.400 Hektar für den kommerziellen Anbau von Genmais in Deutschland beim Bundesinstitut für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit angemeldet - ein Plus von 1.800 im Vergleich zu 2007. Nach der ab Herbst geltenden Verordnung muss der Abstand zwischen Feldern mit Genmais und konventionellem Mais zwar 150 Meter und zu Öko-Mais 300 Meter betragen. "Man kann aber eine Biene ja nicht stoppen", sagt Rudolf Schön.
Der Imker aus Berlin stellte seine Produktion 1995 auf Bio um. "Wir wollten keine Chemie mitschlucken." Deshalb behandelt Schön seine Tiere gegen den größten Bienenschädling, die Varroa-Milbe, nicht mit pharmazeutischen Mitteln, sondern mit Ameisen-, Milch- und Oxalsäure. Gegen mögliche Gentechnik-Rückstände sei er machtlos, kontrolliert würde seine Ware aber regelmäßig.
Doch die Imker sorgen sich um ihren ihren Absatz: "Sobald in irgendeinem Öko-Honig Rückstände gefunden werden, werden viele Konsumenten aufhören, den zu kaufen", meint Friedmann. Denn einer der Anreize, das meist etwas teurere Produkt zu erwerben, falle dann weg. Der Imker erinnert an 1986, an den Super-GAU von Tschernobyl: Damals hätten auch viele aus Sorge vor radioaktiver Verunreinigung auf deutschen Honig verzichtet.
Der meiste Importhonig kommt derzeit aus Südamerika, immer mehr aber auch aus Indien. Und die meist billigere Ware könnte auch den deutschen konventionellen Imkern künftig stärkere Konkurrenz machen. "Auch wir werden gefragt, ob in unserem Honig Gentechnik steckt", sagt Imkerin Dorothea Kauheusen-Keller. Ihre Antwort: "Bienen leben in der Natur, und was dort vorkommt, kann auch im Honig vorkommen." Wie sich Gentechnik auf die Gesundheit von Bienen und Menschen auswirke, sei aber nicht ausreichend erforscht, heißt es vom Deutschen Imkerverband.
Die Aufregung versteht ein Landwirt aus Brandenburg, der namentlich nicht genannt werden möchte, nicht: "Gentechnik ist doch eine gute Sache: Man braucht keine Spritzmittel", sagt er. "Und wenn keine Chemikalien da sind, können Bienen nicht umkippen." Der deutsche Bauernverband rät seinen Mitgliedern allerdings vom Genpflanzen-Anbau ab. Weil bei Verunreinigungen der Landwirt haftet, der den Genmais anbaut, sei das Risiko zu groß.
So stehen Interessen gegen Interessen. Das Bundeslandwirtschaftsministerium möchte auch deshalb "demnächst" Gespräche mit Vertretern von Imkerverbänden und Wissenschaft führen, um "die Problematik zu erörtern".
Öko-Imker Friedmann hat derweil eine "Notstrategie" entwickelt, wie er sagt: Er trägt einen Teil seiner Bienen ins Gebirge. Denn da gebe es weit und breit keine Äcker - und somit auch keine Möglichkeit, dass die Bienen auf einem Gentechnik-Feld Nektar sammeln.
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