: Im Schnellgang zur Wahrheit
Die Parteien wollen neue Regeln für Untersuchungsausschüsse, um diese effektiverzu gestalten. Fernsehübertragungen von Zeugenvernehmungen sollen möglich sein
BERLIN dpa ■ Nach jahrzehntelangen Auseinandersetzungen haben sich die Bundestagsparteien jetzt erstmals auf ein Gesetz für die Arbeit von Untersuchungsausschüssen verständigt. Es könnte noch vor der Sommerpause im Parlament verabschiedet werden, auch wenn es in der SPD noch einzelne Widerstände gibt. „Ziel der Regelungen ist, die Tätigkeit von Untersuchungsausschüssen zügiger und effektiver zu gestalten“, so der Justiziar der SPD-Bundestagsfraktion, Hermann Bachmaier. „Untersuchungsausschüsse sollen künftig in der Regel nicht mehr über eine ganze Legislaturperiode dauern.“
Die Initiative war von SPD, Grünen und FDP ausgegangen. Nach monatelangen Gesprächen einigten sich nun die Berichterstatter der Parteien. Für die Union signalisierte Justiziar Andreas Schmidt Einverständnis: „Ich werde meiner Fraktion die Zustimmung vorschlagen.“ In der SPD-Fraktion hieß es, die Spitze stehe hinter dem Gesetzentwurf. Un der FDP-Rechtsexperte Max Stadler meint: „Ich gehe davon aus, dass es diesmal klappt.“
Nach Bachmaiers Angaben würde dann der neunte Anlauf in den vergangenen rund 40 Jahren zum Ziel führen. Bislang könnten sich Untersuchungsausschüsse nur auf den Grundgesetzartikel 44 und interfraktionelle Absprachen ohne Gesetzescharakter stützen. Diese Rechtslage habe immer wieder für Streit gesorgt. „Es herrschte eine rechtliche Grauzone.“ Der Überdruss sei so groß geworden, „dass wir uns nun über eine Neuregelung verständigt haben“. Der Entwurf werde schon in der nächsten Sitzungswoche in den Ausschüssen behandelt werden.
Auffälligste Neuerung wird Bachmaiers Worten zufolge die Möglichkeit des Ausschusses sein, einen so genannten Ermittlungsbeauftragten einzusetzen. Dieser könne die Beweiserhebungen vorbereiten, in dem er Akten vorsichte und Zeugen vorab informatorisch befrage. Ziel sei die Beschleunigung der Beweiserhebung.
In Hinblick auf Fernsehübertragungen von Zeugenvernehmungen sehe der Entwurf „eine behutsame Öffnung“ gegenüber dem bestehenden Verbot vor. „Wenn zwei Drittel im Ausschuss und der Zeuge selbst zustimmen, ist künftig die Live-Übertragung möglich.“ Zeugen sollen auch künftig das Zeugnis verweigern dürfen, wenn gegen sie ein Strafverfahren läuft, das mit dem Ausschussthema zusammenhängt. Danckert verlangte hier „massive Nachbesserungen“. Er will, dass Zeugen in jedem Fall aussagen müssen. Ihre Angaben dürften dann aber nicht im Strafprozess verwertet werden. Die Berichterstatter sehen das mit dem deutschen Recht als nicht vereinbar an.
Ferner wird nach Angaben von Bachmaier das Verfahren der Beweiserhebung neu geregelt. Bisher konnte die Ausschussmehrheit allein bestimmen, wann einzelne Zeugen geladen werden. Das wird nun offenbar anders werden. Im Kern soll nun das Recht der Ausschussminderheit, Zeugen zu ihr gelegenen Zeitpunkten zu laden, gestärkt werden.
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