piwik no script img

■ Im Nahost-Friedensprozess ruht die Hoffnung auf den USAWarten auf Madeleine Albright

Wenn Hani Al-Masri, Redakteur der Tageszeitung Al-Ayam („Die Tage“), vom Recht des palästinensischen Volkes auf die Umsetzung unterzeichneter Verträge spricht, dann werden die meisten Leser nur mit dem Kopf nicken. Zweifellos müsste wenigstens dieses Recht unbestritten sein. Doch die Situation ist nicht so einfach. Die abgewählte Regierung Benjamin Netanjahus sprach schon wiederholt von den „dunklen Löchern“ in der Osloer Prinzipienvereinbarung, und genauso hat der jetzige israelische Regierungschef Ehud Barak Grund zur Kritik an den nebulös formulierten Vertragsparagrafen seiner Vorgänger.

Der jüngste israelisch-palästinensische Konfliktpunkt dreht sich um die vereinbarte Gefangenenamnestie. Sie ist in den Abkommen von Wye zumindest qualitativ nicht näher erläutert. Die grundsätzliche Einigung auf die Entlassung von Inhaftierten geht wiederum auf das bereits im Januar 1997 vereinbarte Hebron-Protokoll zurück. Aber auch dort entziehen sich die Absprachen – per vager Klauseln und Bezugnahme auf das Interimsabkommen – jeglicher klarer Definition.

Wenn man also die Entscheidung nicht allein denen überlassen will, die die Gefängnistore öffnen, dann muss erneut verhandelt werden. Die Palästinenser haben verständlicherweise kein Interesse an einer Amnestie für Diebe und Vergewaltiger, wie sie jetzt von der israelischen Seite angeboten wird. Eine ganz entscheidende Geste für den Friedenswillen der neuen israelischen Regierung könnte stattdessen die Entlassung der als Helden gefeierten Intifada-Kämpfer sein.

Die Situation ist vertrackt. Auf der einen Seite ist die Frage, wer entlassen werden soll, unklar geregelt. Auf der anderen Seite lässt der vereinbarte Zeitplan für den israelischen Rückzug aus weiteren Teilen der besetzten Gebiete aber nur wenig Raum für Interpretationen. Ehud Barak bleibt deshalb nichts anderes übrig, als an das palästinensische Verständnis und an die Vernunft der Verhandlungspartner zu appellieren. Dabei muss er gleichzeitig immer wieder beteuern, dass er die Verträge einhalten wird, sollten seine Verhandlungspartner darauf bestehen. Die bestehen nun darauf, und Barak tut trotzdem nichts.

Beide Seiten drehen sich erneut im Kreis und warten auf die rettende Hand. Ende nächster Woche reist die amerikanische Außenministerin Madeleine Albright in den Nahen Osten. An die Amerikaner sind erneut alle Hoffnungen geknüpft. Susanne Knaul

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen