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Im Kampf gegen den „Ideologen“Volkskommissare für Wissenschaft

Der Asta der Uni Bremen holt sich trotzkistische Rückendeckung für den Kampf gegen den Osteuropa-Historiker Jörg Baberowski.

Im Streit mit Jörg Baberowski: Plakat des Asta der Uni Bremen Foto: Karolina Meyer-Schilf

BREMEN taz | Die Auseinandersetzung zwischen dem Asta der Uni Bremen und dem Berliner Osteuropa-Historiker Jörg Baberowski geht in eine neue Runde: Nachdem der Asta im Oktober vergangenen Jahres seine Buchvorstellung in den Räumen der Universität verhindern wollte, hat der Historiker nun vor dem Landgericht Köln eine einstweilige Verfügung erwirkt. Demnach darf der Asta unter anderem die Behauptung, Baberowski sei ein „rechtsextremer Ideologe“, nicht mehr weiter verbreiten. Andernfalls droht der Studierendenvertretung ein Ordnungsgeld von 250.000 Euro. Der Asta wehrt sich juristisch und hat dagegen Widerspruch eingelegt.

Auch propagandistisch haben die Bremer Studierendenvertreter weiter aufgerüstet: Zu ihrer Informationsveranstaltung zum Thema „Warum verklagt Baberowski die Bremer Studierendenschaft?“ am Donnerstagabend im Kleinen Hörsaal hat der Asta zwei Referenten der International Youth and Students for Social Equality (IYSSE) eingeladen. Die IYSSE, Jugendorganisation der trotzkistischen Partei für soziale Gleichheit, betreibt seit etwa drei Jahren eine Kampagne gegen den Osteuropa-Historiker an der Berliner Humboldt-Uni.

Die beiden Referenten Sven Wurm und Christoph Vandreier präsentierten vor etwa 100 Studierenden eine Abfolge von Powerpoint-Folien mit Baberowski-Zitaten. Mal mit, mal ohne Quellenangabe, in jedem Fall aber aus dem Zusammenhang gerissen und damit weder spontan im Kontext überprüfbar noch besonders aussagekräftig. Die Bewertung lieferten die Aktivisten jeweils mit: „Baberowski ist kein Wissenschaftler, sondern ein rechter Ideologe“, befand etwa Vandreier. Er betreibe „Geschichtsfälschung, um die übelsten Verbrechen des deutschen Imperialismus reinzuwaschen“ und neue Kriege vorzubereiten.

Die Bremer Studierenden rief er dazu auf, „auch in Bremen den Kampf aufzunehmen gegen rechte Professoren“. Derzeit sei dazu nichts konkret geplant, sagte Asta-Sprecherin Irina Kyburz auf Nachfrage der taz. Dennoch fielen im Verlauf des Abends bereits Namen von Professoren, die sich beispielsweise in Sitzungen frauenfeindlich geäußert haben sollen – und damit gegebenenfalls zur Zielscheibe werden könnten. Die Asta-VertreterInnen beklagen außerdem die aus ihrer Sicht mangelnde Unterstützung des Instituts für Geschichtswissenschaft: Man habe die Professoren aufgefordert, sich mit dem Asta zu solidarisieren – „aber kein Prof wollte sagen, dass Baberowskis Vorgehen illegitim ist“, sagte Kyburz.

Die Direktorin des Instituts, Martina Winkler, sagte der taz: „Es gibt zwar keinen offiziellen Beschluss des Instituts, aber ich denke schon, dass alle darin übereinstimmen, dass es freie Rede an der Universität geben muss.“ Unabhängig von seiner politischen Meinung sei Baberowski ein Wissenschaftler, der das Recht auf freie Rede habe. „Ihn in die rechtsextremistische Ecke zu drängen und ihm Hetze vorzuwerfen, geht nicht“.

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4 Kommentare

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  • Baberowskis Rolle als rechter Ideologe ist unbestreitbar. Die taz selbst hatte ihn im Oktober 2015 als „Stichwortgeber für rechte bis rechtsextreme Kreise“ und als „Scharfmacher“ bezeichnet. Seither hat Baberowski in zahlreichen Talkshows, Interviews und Artikeln gegen Flüchtlinge gehetzt, Kriege gerechtfertigt und für Polizeistaatsmaßnahmen geworben. Baberowski ist kein Wissenschaftler, der durch persönliche Angriffe in seiner Ehre gekränkt wird. Er ist ein Mann des öffentlichen Lebens, dem alle medialen Kanäle offen stehen und der rücksichtslos gegen seine politischen Gegner austeilt. Dass die taz diesen Mann nun dabei unterstützt, kritischen Studierenden einen Maulkorb umzuhängen, finden wir skandalös.

     

    Sven Wurm

    Hochschulgruppe der IYSSE an der Humboldt-Universität

  • Mit Empörung haben wir zur Kenntnis genommen, dass sich die taz im Konflikt zwischen dem Bremer Asta und Jörg Baberowski auf die Seite des letzteren stellt. Der HU-Professor will der Bremer Studierendenvertretung gerichtlich verbieten, seine reaktionären Äußerungen zu zitieren und zu kommentieren. Sollte sein Beispiel Schule machen, müssten Studierende, die rechte Professoren kritisieren, mit juristischer Verfolgung, Strafen und hohen Gerichtskosten rechnen. Die weitreichende Bedeutung eines solchen Präzedenzfalls in einer Zeit, in der Donald Trump Präsident der USA ist und rechte Parteien in ganz Europa Aufwind verspüren, muss wohl kaum betont werden.

     

    Karolina Meyer-Schilfs Artikel unterschlägt und verfälscht grundlegende Tatsachen. Sie behauptet wahrheitswidrig, Referenten der IYSSE hätten auf einer Versammlung des Bremer Asta Zitate Baberowskis „aus dem Zusammenhang gerissen“. Das ist schlicht gelogen. Das Zitat, mit dem der Asta für die Veranstaltung warb (und das in der taz abgebildet ist), ist zudem in jedem Zusammenhang aussagekräftig. Baberowski hatte dem Spiegel im Februar 2014 gesagt: „Hitler war kein Psychopath, er war nicht grausam. Er wollte nicht, dass an seinem Tisch über die Judenvernichtung geredet wird.“ Wer in Deutschland so etwas sagt, stellt sich unmissverständlich in die rechte Ecke.

  • Beim nächsten Mal dürfen Sie gerne auch vernünftig recherchieren, Frau Meyer-Schilf. Ich bin sicher, Sie haben wenig Zeit. Aber es geht Ihren sogenannten "Volkskommissaren" in diesem Fall auch um den grundsätzlichen Schutz Ihrer Meinung.

     

    Einige kurze Zitate von Baberowski reichen, um zu zeigen, um wen es sich hier handelt.

     

    "Stalin und seine Generäle zwangen der Wehrmacht einen Krieg neuen Typs auf, der die Zivilbevölkerung nicht mehr verschonte." - Jörg Baberowski, „Kriege in staatsfernen Räumen. Russland und die Sowjetunion 1905–1950“, in: D. Beyrau, M. Hochgeschwender, D. Langewiesche (Hrsg.), Formen des Krieges. Von der Antike bis zur Gegenwart, Paderborn 2007, S. 305.

     

    "Die Integration von mehreren Millionen Menschen in nur kurzer Zeit unterbricht den Überlieferungszusammenhang, in dem wir stehen und der einer Gesellschaft Halt gibt und Konsistenz verleiht." - Baberowski in der FAZ, 14.09.2015, "Europa ist gar keine Wertegemeinschaft".

     

    Der Deutschlandfunk zitiert ihn, man solle das Geld für die Berliner Sozialprogramme am besten "in die Spree kippen" und stattdessen lieber den Staat aufrüsten. - DF, "Gewalt und Religion - Der Mensch ist Schuld", 28.04.2016

     

    Und das ist nur eine kleine Auswahl. Die Zitate können Sie drehen und wenden, wie Sie wollen. Im Zusammenhang wird es in den meisten Fällen eher nur noch haarsträubender.

     

    Die Reaktion von Frau Winkler überrascht gar nicht. Eine Krähe hackt der anderen - insbesonderen in den Geschichtsinstituten hierzulande - kein Auge aus.

     

    Winklers geschätzter Kollege Benno Ennker warf Baberowski eine "implizite Entlastung der Wehrmacht" vor: "Eine solche – durch nichts belegte – Exkulpation der ideologisch geplanten Vernichtungspolitik im Osten durch ‚Situation und Umstände’ ist bisher nur vom polnischen Skandal-Historiker Bogdan Musial bekannt gewesen." - in: Osteuropa 62 (4/2012), S. 112.

     

    Christoph Dieckmann nennt Baberowskis Forschung in der gleichen Osteuropa-Ausgabe "apologetisch".

    • @SgtPepper:

      Das sind für einen Historiker vernichtende Urteile. Es gab eine Zeit, in der hätte Baberowski unter seinen Kollegen einen Sturm der Entrüstung ausgelöst. Dass der Historikerstreit heute ausbleibt, obwohl ziemlich klar ist, was B. mit Zitaten wie "Hitler war nicht grausam. Er wollte nicht, dass an seinem Tisch über die Judenverfolgung geredet wird" (s. Artikelfoto) meint, sagt mehr über die Historikerzunft als über Baberowski.

       

      Zur Einschätzung von dessen politischer Überzeugung empfehle ich im Übrigen einen Blick auf seinen Twitter-Account "witte1905". Wer danach noch Fragen hat, will wohl wegschauen. Prof. Frieder Nake von der Bremer Uni kann 1 und 1 zusammenzählen und hat seine Fassungslosigkeit über das Vorgehen seines Kollegen und seine Solidarität mit dem AStA ausgedrückt, weil Baberowski genau das ist, was über ihn gesagt wurde: ein rechter Ideologe, der regelmäßig mit AfD-Positionen hausieren geht. Dass Sie ihn verteidigen, Frau Mayer-Schilf, obwohl er sich bei Maybrit Illner über "schmierige Texte" in Ihrer eigenen Zeitung mokiert, die ihn angeblich verleumden und falsch zitieren, und andererseits Beifall vom Neonazi-Schmutzblatt "Daily Stormer" aus den USA für seine Flüchtlings-Kommentare erhält, ist wirklich bemerkenswert. Die Ähnlichkeit zwischen "Stormer" und "Stürmer" ist übrigens nicht zufällig.