Im Kampf gegen den „Ideologen“: Volkskommissare für Wissenschaft
Der Asta der Uni Bremen holt sich trotzkistische Rückendeckung für den Kampf gegen den Osteuropa-Historiker Jörg Baberowski.
Auch propagandistisch haben die Bremer Studierendenvertreter weiter aufgerüstet: Zu ihrer Informationsveranstaltung zum Thema „Warum verklagt Baberowski die Bremer Studierendenschaft?“ am Donnerstagabend im Kleinen Hörsaal hat der Asta zwei Referenten der International Youth and Students for Social Equality (IYSSE) eingeladen. Die IYSSE, Jugendorganisation der trotzkistischen Partei für soziale Gleichheit, betreibt seit etwa drei Jahren eine Kampagne gegen den Osteuropa-Historiker an der Berliner Humboldt-Uni.
Die beiden Referenten Sven Wurm und Christoph Vandreier präsentierten vor etwa 100 Studierenden eine Abfolge von Powerpoint-Folien mit Baberowski-Zitaten. Mal mit, mal ohne Quellenangabe, in jedem Fall aber aus dem Zusammenhang gerissen und damit weder spontan im Kontext überprüfbar noch besonders aussagekräftig. Die Bewertung lieferten die Aktivisten jeweils mit: „Baberowski ist kein Wissenschaftler, sondern ein rechter Ideologe“, befand etwa Vandreier. Er betreibe „Geschichtsfälschung, um die übelsten Verbrechen des deutschen Imperialismus reinzuwaschen“ und neue Kriege vorzubereiten.
Die Bremer Studierenden rief er dazu auf, „auch in Bremen den Kampf aufzunehmen gegen rechte Professoren“. Derzeit sei dazu nichts konkret geplant, sagte Asta-Sprecherin Irina Kyburz auf Nachfrage der taz. Dennoch fielen im Verlauf des Abends bereits Namen von Professoren, die sich beispielsweise in Sitzungen frauenfeindlich geäußert haben sollen – und damit gegebenenfalls zur Zielscheibe werden könnten. Die Asta-VertreterInnen beklagen außerdem die aus ihrer Sicht mangelnde Unterstützung des Instituts für Geschichtswissenschaft: Man habe die Professoren aufgefordert, sich mit dem Asta zu solidarisieren – „aber kein Prof wollte sagen, dass Baberowskis Vorgehen illegitim ist“, sagte Kyburz.
Die Direktorin des Instituts, Martina Winkler, sagte der taz: „Es gibt zwar keinen offiziellen Beschluss des Instituts, aber ich denke schon, dass alle darin übereinstimmen, dass es freie Rede an der Universität geben muss.“ Unabhängig von seiner politischen Meinung sei Baberowski ein Wissenschaftler, der das Recht auf freie Rede habe. „Ihn in die rechtsextremistische Ecke zu drängen und ihm Hetze vorzuwerfen, geht nicht“.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Nach dem Anschlag in Magdeburg
Rechtsextreme instrumentalisieren Gedenken
Bundestagswahl am 23. Februar
An der Wählerschaft vorbei
Erderwärmung und Donald Trump
Kipppunkt für unseren Klimaschutz
Anschlag in Magdeburg
„Eine Schockstarre, die bis jetzt anhält“
EU-Gipfel zur Ukraine-Frage
Am Horizont droht Trump – und die EU ist leider planlos
Wirbel um KI von Apple
BBC kritisiert „Apple Intelligence“