Im Interview: Krista Sager: „Offenheit erhalten“
■ Hamburgs Zweite Bürgermeisterin über Wahlkampf im Zeichen des Terrorismus
taz: Welchen Einfluss hat das Thema Terrorismus in der letzten Wahlkampfwoche, Frau Sager?
Krista Sager: Wir werden dieses Thema und seine Auswirkungen auf Hamburg sehr ernsthaft und seriös in alle Veranstaltungen der GAL einbeziehen. So werden Sprecher und Vertreter der afghanischen Gemeinde und der muslimischen Gemeinden Hamburgs auf unseren Veranstaltungen auftreten und Diskussionen anbieten.
Viele Muslime auch in Hamburg fühlen sich diskriminiert und auch bedroht. Wie wollen Sie dem entgegenwirken?
Wir müssen aufklären, vor allem über das Wesen des Islam. Beleidigungen und auch Übergriffe gegen einzelne Muslime müssen aufhören. Wir müssen deutlich machen, dass es sich bei den Tätern um eine kleine gewaltbereite Gruppe handelt, die die Religion missbraucht hat. Die große Mehrheit der in Hamburg lebenden Muslime hat mit ihnen überhaupt nichts zu tun.
Befürchten Sie, dass dieses Thema im Wahlkampf von Leuten wie Schill missbraucht wird?
Ich kann nicht ausschließen, dass jemand diese Situation instrumentalisiert und einen Brei aus Terror, Kriminalität und Ausländerfeindlichkeit anrührt. Dem müssen wir entschieden entgegentreten.
Hamburgs ist international ins Blickfeld geraten, weil drei der mutmaßlichen Attentäter zeitweise hier wohnten ...
An diesen schrecklichen Anschlägen sind offenbar international sehr viele Leute beteiligt gewesen, die haben auch in anderen Städten und Ländern gewohnt. Als Wissenschaftssenatorin ist mir ein Punkt besonders wichtig: Die Internationalisierung der Hamburger Hochschulen, die bundesweit als Modell gilt, darf nicht angetastet werden. Diese Offenheit muss erhalten bleiben.
Gegen ein Verbot islamistischer Gruppen haben die Grünen aber keine Einwände?
Das gilt aber nur für gewaltbereite Gruppen, welche die islamische Religion missbrauchen. Mit Verboten muss man im Rahmen unserer Verfassung sehr sorgfältig umgehen, das darf keinesfalls auf den Islam als solchen ausgeweitet werden.
SPD-Innensenator Scholz fordert die Rasterfahndung für Menschen, die sich nicht verdächtig gemacht haben, aber vielleicht irgendwann mal verdächtig werden könnten. Wie stehen Sie zu solcher Einschränkung von Grundrechten?
Es gibt im Moment keine Tabus, man muss aber diskutieren, was wirklich effektiv ist. Die arabischen Terroristen, die als Studenten in Hamburg gelebt haben, waren legal hier und haben sich vollkommen unauffällig verhalten. Wonach will man da suchen und wen nach welchen Kriterien überwachen? Das müsste dann ja beantwortet werden. Interview: smv
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