Illegale Minen in Brasilien: Weiter Goldrausch im Regenwald
Trotz medienwirksamer Razzien wird das Edelmetall weiter am Amazonas abgebaut. Das hat fatale Folgen für Indigene und Umwelt. Deutschland trägt Mitschuld.

Das zeigen Radardaten und Überflüge von vier stark betroffenen Regionen, die die Umweltschutzorganisation analysiert hat. Allein hier wurden innerhalb von zwei Jahren 4.219 Hektar Regenwald für die Ausbeutung von Goldvorkommen vernichtet. „Wir fordern einen Amazonas frei von illegalem Goldabbau!“, sagt Harald Gross, Amazonas- und Gold-Experte von Greenpeace. „Der unkontrollierte Goldhunger vergiftet Menschen und Tiere, zerstört den Amazonas-Regenwald und bedroht damit auch das globale Klima.“
Die Verdrängung zeigt sich deutlich im Territorium der indigenen Sararé, am südlichen Rand des Regenwaldes. Hier hat der illegale Goldabbau zuletzt sprunghaft zugenommen: von 92 Hektar neuer illegaler Minengebiete im Jahr 2022 auf 1.197 Hektar im Jahr 2024. Zurück gingen die extrem umweltschädlichen Aktivitäten hingegen in den Gebieten der Yanomami (-7 Prozent), Munduruku (-57 Prozent) und Kayapó (-31 Prozent).
Im Gegensatz zum traditionellen Kleinbergbau nutzen die neuen Goldminen meist schweres Gerät mit vielen Arbeitskräften. Das führt zu erheblich größeren Umweltauswirkungen. Um den Goldstaub zu binden, setzen die Goldgräber Quecksilber ein, dessen Rückstände in die Flüsse gelangen und die Fische vergiften, die von den Indigenen verzehrt werden. Das hochtoxische Schwermetall kann zu lebenslangen Nervenschäden führen.
Illegaler Bergbau in Gebieten ohne staatliche Kontrolle
Häufig kommt es zudem zu gewaltsamen Konflikten mit Indigenen. Während der Amtszeit des ehemaligen Präsidenten Jair Bolsonaro hatte der illegale Bergbau drastisch zugenommen. Obwohl die seit 2023 amtierende Regierung unter Präsident Lula verstärkt gegen Eindringlinge vorgeht, verlagern sich die illegalen Aktivitäten häufig in andere Regionen. Illegaler Bergbau findet meist in abgelegenen Schutzgebieten und indigenen Territorien statt – Gegenden, die schwer zugänglich sind und in denen es an staatlicher Kontrolle mangelt.
Inzwischen mischt auch das organisierte Verbrechen zunehmend in dem lukrativen Geschäft mit. Der Goldrausch im Regenwald lässt sich auch mit dem weltweit gestiegenen Goldpreis erklären, der 2024 einen historischen Höchststand erreichte. Der glänzende Metall gelangt meist über ein undurchsichtiges Netz von Schmuggel, gefälschten Dokumenten und lascher Kontrolle in die legale Lieferkette.
Wie die Greenpeace-Studie zeigt, sind die Handelsströme der Schweiz – ein globaler Hauptumschlagplatz für Gold – besonders auffällig. Deren Goldimporte überstiegen die brasilianischen Exporte 2022 und 2023 um bis zu 67 Prozent – was auf systematische Unregelmäßigkeiten hinweisen könnte. Trotz internationaler Regelwerke fehle es an konsequenter Umsetzung und Kontrolle, moniert Greenpeace. Deshalb trügen auch europäische Länder indirekt zur Umweltzerstörung und Verletzung indigener Rechte bei. Strengere Transparenz- und Sorgfaltspflichten seien nötig.
Deutschland importiert einen Großteil seines Goldes aus der Schweiz, aber auch direkt Gold aus dem Amazonas-Regenwald. Aufgrund der weit verbreiteten illegalen Goldgewinnung in dieser Region gilt es als sehr wahrscheinlich, dass ein Teil dieses Goldes aus illegalen Quellen stammt. „Damit kein Giftgold aus Regenwaldzerstörung in Deutschland landet, braucht es endlich klare Regeln“, sagte Greenpeace-Experte Gross zur taz. „Unternehmen müssen offenlegen, woher ihr Gold stammt – und die Bundesregierung muss sich für verbindliche Umwelt- und Menschenrechtsstandards in der Lieferkette starkmachen – national und europaweit.“
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