Illegale Finanzgeschäfte im Vatikan: Die Geldwäscher des Herrn
Wie das "Institut für religiöse Werke" zu einem Zentrum illegaler Finanzgeschäfte wurde. Alles begann mit Casimir Paul Marcinkus – und Partnern mit Mafia-Kontakten.
ROM taz | Mafia-Millionen, die über Jahre hinweg in die Schweiz geschleust wurden, ein Bankier, der nach dem Genuss eines zyankaliversetzten Espresso verstirbt, ein zweiter Banker, der tot unter einer Brücke hängt – immer wieder lieferte die Vatikanbank IOR Geschichten, wie man sie aus den finstersten Schurkenstaaten erwarten würde.
Casimir Paul Marcinkus hieß der Bischof und spätere Kardinal, der die Vatikanbank zum Zentrum allerlei krimineller Geschäfte machte. 1971 zum Chef des Instituts für religiöse Werke berufen, fand er schnell zwei Partner aus der italienischen Finanzwelt, die genauso fest im Glauben und genauso skrupellos in der Abwicklung von Geschäften zur Not auch mit der Cosa Nostra waren: Michele Sindona und Roberto Calvi.
Milliarden schoben die drei hin und her, über das IOR flossen die Gelder in Offshore-Paradiese der Karibik, wurden sie von dort teils in hochspekulative Geschäfte investiert, teils den Contra-Rebellen in Nicaragua oder der Solidarnosc-Gewerkschaft in Polen im Namen des Kampfs gegen den Kommunismus weitergereicht.
Doch schon in den frühen Siebzigerjahren kamen Sindonas Banken in ernste Schwierigkeiten, machten schließlich Bankrott. Sindona ließ den Konkursverwalter eines seiner Bankhäuser erschießen - und erhielt dafür 1986 lebenslänglich. Absitzen musste er die Strafe jedoch nicht. Eine Tasse Kaffee brachte ihn nur wenige Tage nach Verkündigung des Urteils um.
Derweil hatte Marcinkus im Bund mit Calvi einfach weitergemacht. Auch Marcinkus fuhr mit seinem sein Geldinstitut, dem Banco Amrosiano, 1981 eine Milliardenpleite ein. Diesmal aber kamen er und der Vatikan nicht mehr so einfach heraus. Schließlich hatte das IOR Bürgschaftsschreiben für Calvi im Wert von mehr als 1 Milliarde Dollar ausgestellt. Und schließlich wollte die italienische Justiz Marcinkus als einen der Mitverantwortlichen des Bankrotts vor Gericht bringen, ließ ihn gar per Haftbefehl suchen. Doch Calvi konnte nicht mehr reden: Er wurde 1982 mit einem Selbstmord, der keiner war, aus dem Weg geschafft; unbekannte Täter hängten ihn unter eine Themse-Brücke in London. Tags zuvor war seine Sekretärin aus dem Fenster ihres Mailänder Büros auf die Straße gestürzt.
Doch Marcinkus kam davon. Italiens Kassationsgericht erklärte den Mann als Vatikanbürger für immun, und das IOR kam mit der "freiwilligen" Zahlung von 400 Millionen Dollar an die Calvi-Gläubiger davon. Neue, saubere Zeiten sollten 1989 nach der Ablösung Marcinkus von der IOR-Spitze beginnen; nie mehr sollten die Begriffe Geldwäsche oder Mafia in einem Atemzug mit dem Vatikan fallen.
Doch die Sauberkeitsoffensive blieb auf halbem Wege stecken - wohl auch, weil viele der Marcinkus-Vertrauten im IOR auf ihren Schlüsselposten verharrten. So spielte das Institut Anfang der neunziger Jahre eine Schlüsselrolle, als es fürs Recycling der vom damals staatlichen Erdöl- und Chemiekonzern ENI an die italienischen Regierungsparteien gezahlten Mega-Schmiergeldsumme von über 100 Millionen Dollar gebraucht wurde.
Abermals hieß es: Das IOR wird endlich sauber. Doch mehr als eine windelweiche Selbstverpflichtung kam in den vergangenen Jahrzehnten nicht heraus. Die Transaktionen der Vatikanbank blieben weiterhin jeder Kontrolle entzogen.
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