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IG Metall stellt hohe TarifforderungenMit Vollgas aus der Garage

2011 ging es der Metallbranche gut, auch in Zukunft soll es so sein. Die IG Metall will nun bis zu 6,5 Prozent mehr Lohn für die Beschäftigten herausschlagen.

Mit dem Hammer eröffnet: Der IG-Metall-Vorsitzende Huber zu Beginn der Vorstandssitzung. Bild: dapd

BERLIN taz | Die IG Metall will in der nächsten Tarifrunde bis zu 6,5 Prozent mehr Lohn erstreiten. Der Vorstand hat diese Zahl am Dienstag seinen regionalen Tarifkommissionen empfohlen.

Die Gewerkschaft will damit für 3,6 Millionen Beschäftigte deutlich mehr herausholen, als in der Tarifrunde 2010/2011. Geräuschlos hatten sich damals Metaller und Arbeitgeber auf einmalig 320 Euro mehr und eine verspätet einsetzende Tarifsteigerung von 2,7 Prozent geeinigt. Man sei seinerzeit mit "Vollgas in die Garage" gefahren, so der IG-Metall-Vorsitzende Berthold Huber.

Jetzt sieht er die Metall- und Elektroindustrie gut aufgestellt. "2011 war ein überaus erfolgreiches Jahr. Die Belegschaften haben eine faire Einkommenserhöhung redlich verdient. Unsere Forderung ist finanzierbar", sagt Huber. Man rechne für das erste Quartal 2012 mit nachlassendem Wachstum, dann aber mit einer spürbaren Belebung.

Die Metaller wollen auch, dass Azubis nach ihrer Ausbildung unbefristet übernommen werden. Ausnahmen sollen gelten, wenn Unternehmen in wirtschaftliche Schwierigkeiten geraten, wenn sie über Bedarf ausgebildet haben oder der Nachwuchs nicht geeignet ist. Derzeit werden 75 Prozent der Ausgebildeten befristet beschäftigt.

Keine "dauerhafte zweite Lohnlinie"

Auch die geschätzt 300.000 Leiharbeiter der Branche sollen mehr Geld bekommen. Mit den beiden großen Arbeitgeberverbänden der Leiharbeit, BAP und iGZ, verhandelt die IG Metall deswegen parallel zu den Tarifgesprächen mit den Metallarbeitgebern über Branchenzuschläge und die Möglichkeit von Einsatzzulagen. Dies sei ein "wichtiger Zwischenschritt auf dem Weg zur gleichen Bezahlung", sagte IG-Metall-Vize Detlef Wetzel. In NRW verdient ein Stammbeschäftiger laut Gewerkschaft in der untersten Entgeltgruppe mit Zulagen knapp 2.150 Euro brutto. Ein Leiharbeiter bekommt knapp 1.200 Euro.

Mit dem Arbeitgeberverband Gesamtmetall will man mehr Mitspracherechte für Betriebsräte aushandeln. Sie sollen Nein zu mehr Leiharbeitern sagen können, wenn diese für den Dauereinsatz geplant sind. Die Gewerkschaft schrecken Zahlen wie aus dem BMW-Werk Leipzig, wo Leiharbeiter bereits 40 Prozent der Gesamtbeschäftigten stellen. Man wolle keine "dauerhafte zweite Lohnlinie", sagte Huber.

Gesamtmetall-Chef Martin Kannegiesser wies die 6,5-Prozent-Forderung zurück, es könne keinen "Lohn-Nachschlag" geben: "Die Betriebe können nicht aus der Substanz verteilen, nur weil sie ein gutes Jahr hatten." Die Gewerkschaft hält dagegen, 6,5 Prozent mehr Lohn schlügen mit 10 Milliarden Euro zu Buche - dagegen stünden 40 Milliarden Euro Nettorendite 2011. Man sei gewappnet für eine harte Tarifrunde, so Wetzel. Er gehe fest davon aus, "dass wir an gewerkschaftlichen Arbeitskampfmaßnahmen nicht vorbeikommen".

Die Tarifkommissionen stimmen bis zum 23. Februar über den Vorstandsvorschlag ab. Ende März läuft der alte Tarifvertrag aus, Ende April die Friedenspflicht.

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1 Kommentar

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  • W
    wauz

    Das ist ein schlechter Witz!

     

    Natürlich fordert die IG Metall eine Lohnerhöhung. Selbstverständlich eine prozentuale Lohnerhöhung, bei der die oberen Lohngruppen mehr bekommen und die Schere weiter auseinandergeht.

     

    Dann fordert sie ein bisschen was für die Zeitarbeiter. Hier wird es vollends lächerlich.

    Man erinnere sich: es war zuvörderts die IG Metall, deren vertreter in der Hartz-Kommission diesen schicken Tarifvorbehalt beim Equal Pay einforderten. Kaum war diese Gesetz, hat der ganze DGB unter Federführung der IGM Tirifverträge mit IgZ und BZA geschlossen. Der DGB als Ganzes, sowie jede Einzelgewerkschaft (sogar die GdP), obwohl nach DGB-interner Logik allein ver.di für die Vertetung der Zeitarbeiter/Leiharbeiter zuständig ist. Die Folge davon war, dass diese Tarifverträge von Gewerkschaftsseite nicht mehr kündbar waren.

    Diese Tarifverträge fungierten ab da als Lohndeckel, weil natürlich keine Zeitarbeitsfirma mehr Stundensätze durchsetzen konnte, die eine übertarifliche Bezahlung erlaubt hätten. Das muss den DGB und IGM-Funktionären vorher klar gewesen sein.

    Weiter haben gerade bei den Automobilfirmen die Betriebsräte unter den Augen und mit Wissen der Gewerkschaften zugelassen, dass die Zeitarbeiter meist in die niedrigste Lohngruppe eingestuft wurden, obwohls sie Facharbeiterqualifikation hatten und auch durchaus Facharbeitertätigkeiten ausübten. IGM und ver.di müssen sich als Mitschuldige an diesem Lohnbetrug ansehen lassen.

    Dazu noch betreibt gerade die IGM Kampagnen, die die Zeitarbeit als Sklavenarbeit, mithin die Zeitarbeiter als Sklaven abstempelt. Psychologen nenen so etwas eine negative Affirmation. Natürlich wird so wauch verschleiert, dass die Nutznießer dieser niedrigen Tarife ja keineswegs die Leihfirmen, sondern die Entleiher sind. Inzwischen ist der Einsatz von Leiharbeiter soviel billiger, wenn man die Gesamtkosten incl. Verwaltung rechnet, dass natürlich kein Unternehmen mehr fest einstellt. Die Verhältnisse sind zementiert.

    Indirekter NUtznießer sind die Festbeschäftigten, die IG metall selbst, weil so die Zeitarbeiter die von Unternehmerseite gewünschten Lohnsenkungen fast alleine stemmen. Die IGM (und auch ver.di) hat also ein Interesse daran, dass alles so bleibt, wie es ist.

    Die hier angedeutete Interessensvertretung der Zeitarbeiter ist natürlich nicht ernst zu nehmen. Die IGM hat keine Mitglieder in diesem bereich, ist also garnicht tariffähig. Theoretisch wäre ver.di tariffähig, aber auch sie hat keine Mitglieder. Am Ende wird man sagen, die Zeitarbeiter seien an der Situation selbst schuld, weil sie ja nicht kämpften, und wird alle Forderungen zu ihren Gunsten gim Tausch gegen ein paar Zehntelprozente für ihre eigene Klientel fallen lassen.

    Jeglicher Versuch, sich als Zeitarbeiter über die IGM zu engagieren, wird mit dem Hinweis auf formale Nictzuständigkeit abgeblockt. Bei ver.di bekommt der gewerkschaftlich interessierte Zeitarbeiter eine Einladung zu einer "Fachkonferenz", bei der 10 Minuten eine Tagesordnung behandelt wird, die dann mit der Feststellung abgeschlossen wird, dass man da eh nichts machen könnte. Anschließend geht man in die nächste Wirtschaft, isst und trinkt auf Organisationskosten (und auf Staatskosten, denn man unterschreibt eine Teilnahmeliste für eine Fortbildung) und das war es dann gewesen.

    Soviel also zum Engagement der Gewerkschaften in Sachen Zeitarbeit.

    Nebenbei: die netten Geschäfte des Herrn Steinkühler, sowie die Sausen des VW-Betriebsrates habe ich auch noch im Hinterkopf.