Hurrikan „Ian“ wütet in Kuba: Ganzer Inselstaat ohne Strom
Nach dem Durchzug von Hurrikan „Ian“ ist die Stromversorgung in ganz Kuba zusammengebrochen. Jetzt zieht der Sturm weiter Richtung Florida.
„Ian“ war am Morgen als Hurrikan der Kategorie 3 im Westen Kubas auf Land getroffen und hatte nach Angaben des Wetterdienstes mit Windgeschwindigkeiten von mehr als 200 Stundenkilometern fünf Stunden lang in der Region gewütet, bevor er auf den Golf von Mexiko zog.
Wegen der Stromausfälle und Störungen des Internetzugangs sowie der Telefonverbindungen erreichten nur allmählich Informationen aus den besonders betroffenen Gebieten die Öffentlichkeit.
Fotos zeichneten ein Bild großer Zerstörung – sie zeigten Trümmer in den Straßen, Häuser unter Wasser, entwurzelte Bäume, abgedeckte Häuser und überflutete Straßen. „Die Schäden sind groß, wenn auch noch nicht statistisch erfasst“, schrieb Staatspräsident Miguel Díaz-Canel nach einem Besuch der besonders betroffenen Provinz Pinar del Río bei Twitter. Dort hatten rund 40.000 Menschen vorsorglich ihre Häuser und Wohnungen verlassen. Aufnahmen aus der Stadt Pinar del Río zeigten umgestürzte Stromleitungen, überflutete Straßen und abgerissene Dächer.
Florida rechnet mit extremen Regenfällen
Aus der südkubanischen Insel Isla de la Juventud meldete die Zeitung der Kommunistischen Partei, Granma, einen totalen Stromausfall und eingestürzte sowie abgedeckte Häuser. Offizielle Angaben über mögliche Todesfälle gab es zunächst nicht. Die staatliche Stromgesellschaft schickte Hunderte Techniker für Reparaturen an der veralteten Infrastruktur in die betroffenen Provinzen.
Auch in der Hauptstadt Havanna gab es Strom- und Wasserausfälle, Bäume fielen um. Einige Häuser stürzten ein, wie Granma berichtete. Granma warnte unter Berufung auf den Wetterdienst für die Nacht (Ortszeit) und Mittwoch vor möglichen Überschwemmungen durch bis zu drei Meter hohe Wellen an Havannas Küste.
Jetzt rüstet sich der US-Bundesstaat Florida für den Wirbelsturm, der sich am Dienstagabend (Ortszeit) als Hurrikan der Kategorie 3 von 5 auf die US-Küste zu bewegte. Meteorologen warnten, dass „Ian“ über dem warmen Golf von Mexiko an Stärke gewinnen werde und anhaltende Windgeschwindigkeiten von mehr als 200 Kilometern pro Stunde erreichen könnte. Es werde zwar erwartet, dass der Hurrikan sich abschwäche, bevor er südlich der Stadt Tampa auf Land treffen werde, sagte Floridas Gouverneur Ron DeSantis. Weil er sich dann aber im „Schneckentempo“ bewege, werde sehr viel Regen in der Küstenregion fallen.
Die voraussichtlich von dem Sturm betroffene Region habe seit rund 100 Jahren nicht mehr einen solchen Hurrikan erlebt, warnte Deanne Criswell von der US-Katastrophenschutzbehörde Fema. Es sei wichtig, dass auch Menschen, die noch nicht lange in dem südöstlichen Bundesstaat lebten und wenig Erfahrung mit Wirbelstürmen hätten, die Sache ernstnehmen würden. Expertinnen und Experten beunruhigt auch, dass in den vergangenen Jahrzehnten in der Region immer näher am Wasser gebaut wurde. Überschwemmungen könnten viele Gebäude beschädigen oder zerstören. Auch im Inneren des Landes müsse mit Überflutungen und Tornados gerechnet werden, teilte der Wetterdienst mit.
Aus dem US-Verteidigungsministerium hieß es, mehr als 3.200 Mitglieder der Nationalgarde in Florida seien aktiviert, weitere 1.800 hielten sich für den Bedarfsfall bereit. Florida habe Soldaten, Luftwaffenangehörige und Ausrüstung an Stützpunkten im ganzen Bundesstaat positioniert, um sie für einen Einsatz in den vom Sturm betroffenen Gebieten vorzubereiten, sagte ein Sprecher des Ministeriums in Washington. Die Nationalgarde könne sich beispielsweise um die Räumung von Straßen kümmern, und bei Such- und Rettungsaktionen helfen.
Disney kündigte an, seine Themen- und Wasserparks in Orlando am Mittwoch und Donnerstag vorsorglich zu schließen. Auch andere Freizeiteinrichtungen, zahlreiche Geschäfte und Schulen in Florida sollten geschlossen bleiben. Auch in der Hauptstadt Washington brachte Ian den politischen Terminplan durcheinander. Eine für Mittwoch angesetzte öffentliche Anhörung des Untersuchungsausschusses zur Kapitol-Attacke wurde verschoben.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Putins Atomdrohungen
Angst auf allen Seiten
Nahost-Konflikt
Alternative Narrative
James Bridle bekommt Preis aberkannt
Boykottieren und boykottiert werden
Umweltfolgen des Kriegs in Gaza
Eine Toilettenspülung Wasser pro Tag und Person
Krise der Linke
Drei Silberlocken für ein Halleluja
Stromversorgung im Krieg
Ukraine will Atomkraft um das Dreifache ausbauen