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Hure, Heilige, perfekte FrauDas Sabine-Christiansen-Syndrom

■ Und ewig kneift das Weib: Annemarie Struß-von Poellnitz über Frauen in Medien

Gaby Bauer, Anne Will oder Petra Gerster – die „Anchorwomen“ im deutschen Fernsehen präsentieren die Nachrichten oft besser als ihre männlichen Kollegen. Dennoch bleibt das Herzstück der Sendungen, der Kommentar, männlich dominiert. Darüber und über andere männlich-weibliche Erscheinungsbilder referierte jetzt Annemarie Struß-von Poellnitz, Wirtschaftsredakteurin beim „Weserkurier“ vor den Verbandsfrauen von „Business and Professional Women“.

Auch dass Ex-Miss-Tagesthemen Sabine Christiansen oft die einzige Frau in ihrer eigenen Talkrunde ist, analysierte Struß-von Poellnitz. „Zu Christiansen kommen alle“, so Struß-von Poellnitz. „Alle“ seien aber fast nur ältere Männer. Als Erklärung für das „Sabine-Christiansen-Syndrom“ vermutet Struß-von Poellnitz: Die Moderatorin stehe unter Quotendruck und müsse als „ewige Stewardess“ jedes Mal neu beweisen, dass sie gut sei.

Viele Frauen scheuten sich auch immer noch, sich selbst ins Rampenlicht zu rücken, so die Redakteurin. Eine Zuhörerin vermutete, dass Frauen immer noch fürchten, sich weibliche Konkurrenz ins eigene Haus zu holen.

Struß-von Poellnitz erklärte die Schwierigkeiten der Frauen im Scheinwerferlicht damit, dass aus dem katholisch-christlichen Frauenbild „Heilige oder Hure“ heute neue Abziehbilder geworden seien: „Die Realität ist zu komplex. Deshalb zeigen die Medien keine Bilder von Frauen, sondern Abziehbilder.“ Heute gebe es den Kontrast Alice Schwarzer und Verona Feldbusch: Die „staubtrockene Intellektuelle“ contra das „sexy-naive Weibchen“.

Der dritte Frauentyp in den Medien sei auch nicht unbedingt besser, fand die Fachfrau: die Powerfrau, die perfektes Aussehen und scharfen Intellekt vereint, eben die Frau, die alles schafft. Jüngstes Paradebeispiel: Carly Fiorina, Chefin des Computerriesen Hewlett-Packard. Gemischte Gefühle blieben bei den Zuhörerinnen und der Ärger, dass außer Klischees noch nicht viel läuft in den Medien. Ulrike Bendrat

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