Humanitäre Krise im Kongo: Das große Sterben nach der Flucht
Die humanitäre Krise in der Demokratischen Republik Kongo gerät außer Kontrolle, warnt die UNO. Mit einer Verbesserung rechnet kaum einer.
Bruno Kapinga ist Chefarzt von Tshikaji, ein Bezirk von Kananga, der zwei Millionen Einwohner zählenden Hauptstadt der Provinz Kasai-Central. In Kasai brach im Sommer 2016 ein Konflikt zwischen oppositionsnahen Milizen und der Regierung aus, der sich rasch zu Massakern ausweitete. Millionen von Menschen waren monatelang auf der Flucht.
Jetzt herrscht das nackte Elend. 3,2 Millionen Menschen in Kasai haben nichts zu essen, warnte das UN-Welternährungsprogramm WFP vergangene Woche. Am Dienstag schlug Unicef Alarm: Über 750.000 Kinder in Kasai seien akut unterernährt, „mindestens 400.000 Kinder im Alter von unter fünf Jahren in Kasai leiden an schwerer akuter Unterernährung und könnten 2018 sterben.“
Der Krieg in Kasai ist weitgehend abgeflaut. Aber das Ausmaß der Krise offenbare sich jetzt erst: Hunderttausende Menschen haben sich monatelang ohne jede Versorgung in den Wäldern versteckt. Sie kommen jetzt zurück in die Städte, wo es nichts für sie gibt, oder in ihre Dörfer, wo die Hütten niedergebrannt sind. Die Rückkehrer sind mittellos, krank und ausgezehrt – und schwer traumatisiert, weil sie viele Tote haben zurücklassen müssen.
4,1 Millionen Binnenvertriebene
Kasai ist kein Einzelfall. Insgesamt zählt Kongo mittlerweile 4,1 Millionen Binnenvertriebene. Jeden Tag kommen durchschnittlich 6.000 dazu. 20 der 26 Provinzen Kongos gelten als von Gewalt und Vertreibung betroffen.
Hilfswerke befinden sich im Wettlauf gegen die Zeit. Das UN-Welternährungsprogramm WFP versorgte im September in Kasai 42.000 Menschen, im November 225.000 – aber auch damit bleiben 92 Prozent der Bedürftigen unversorgt. Weite Gebiete sind für Helfer gar nicht zugänglich.
Die Zahl der Menschen, die im Kongo Nothilfe brauchen, dürfte kommendes Jahr von 7,7 Millionen auf über 13 Millionen steigen, warnen jetzt UN-Hilfswerke. Die Internationale Organisation für Migration (IOM) warnt vor der größten Notlage weltweit im kommenden Jahr. Schon jetzt verhungern nach UN-Berechnungen jeden Tag 440 kongolesische Kinder. Das riesige Land, gesegnet mit fruchtbaren Böden, zählt 1 Prozent der Weltbevölkerung, aber 12 Prozent aller Hungernden der Welt.
Eine Besserung der Ernährungslage in Kasai ist laut UNO vor Juni 2018 nicht in Sicht. Und mit einer Verbesserung der politischen Situation rechnet niemand.
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