: Hotzenplotz in Bremerhaven
■ Ein Kindertheater zieht alle Register der Bühnentechnik
Der böse Räuber Hotzenplotz klaut, wie jedes Kind weiß, der Großmutter die Kaffeemühle, und Kasperl und Sepperl stellen ihm eine Falle, in deren Folge sie in der Räuberhöhle landen. Schauspielchef Wolfgang Hofmann hat die Inszenierung des Kinderstücks zur Vorweihnachtszeit in diesem Jahr persönlich übernommen und die fabelhaften Möglichkeiten des Großen Hauses in Bremerhaven voll ausgenutzt. Die Bühne wird gehoben und gesenkt, der Räuberwald schwebt von oben herab, die Kulissen des Zauberer-Schlosses verschwinden in die Höhe, mehrere Tore hintereinander öffnen sich bis zum Verließ der armen Unke (Selma Baldursson in einem tollen Kostüm), der Zauberer zerplatzt als Feuerball – die Kinder reagieren dankbar mit „Ah!“ und „Oh!“.
An die 5 bis 10-Jährigen richtet sich „Räuber Hotzenplotz“ von Otfried Preußler. Kay Krause als Räuber – wie aus dem Bilderbuch geschnitten mit Zottelhaar und Messer im Gurt – läuft zur Hochform auf. Das Bühnenbild hat Susanne Sommer entworfen, die Kostüme Gabriele Scholze-Mazur.
Aber das phantasievolle Spiel mit schönen Bildern kann einen Mangel nicht überspielen. Die fünf Großen auf der Bühne sind zu weit entfernt von den 700 kleinen Gästen. Dazwischen liegt der Orches-tergraben, und niemand ist auf die Idee gekommen, diese Vorbühne zu bespielen, ganz nah an die Kinder heranzugehen und sie direkt anzusprechen. So gehen viele Dialoge, auch manch Preußlerscher Sprachwitz, im eifrigen Dauergemurmel der Kinder unter, und die werden nur manchmal ganz still, etwa wenn Hotzenplotz ganz langsam hinter der Bank der Großmutter auftaucht und die Kinder anstarrt. Oder wenn Kasperl und Sepperl der Großmutter – von Guido Fuchs gespielt – zum Happy-End zwei Küsschen auf die Wange geben. Von zwei Seiten gleichzeitig. Die Kinder sind begeistert. Hans Happel
Vorstellungen Tel. 0471/482060
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