Homophobie beim Länderspiel: „Schwuler, schwuler DFB“
Mitten in der Fairplay-Woche der Fifa glänzen österreichische Fans mit Schmähgesängen. Der DFB übte sich in Zurückhaltung und machte: Nichts.
MÜNCHEN taz | Fußball geht nicht ohne Fairplay. Diese Weisheit wird in der laufenden Woche vom Weltfußballverband besonders promotet. Die Fifa feiert Fairplay-Tage. In allen Stadien, in denen Spiele zur WM-Qualifikation laufen, richten die Mannschaftskapitäne der Gastgeberteams einen Fairplay-Appell an die Fußballfamilie. In München hat dies am Freitag Philipp Lahm getan und es ist ihm vom Publikum brav applaudiert worden.
Minuten später war zu sehen, wie schwer es sein kann, den Fairplay-Gedanken auf den Platz zu bringen. Regelmäßig landeten ausgefahrene Ellenbogen in Spielergesichtern. Immerhin gibt es auf dem Platz einen Schiedsrichter, der die Einhaltung des Fairplay mit seinen Pfiffen anmahnen kann. Für das Publikum gibt es allerdings keinen derartigen Unparteiischen.
Ein paar Dutzend österreichische Fans sangen vor und während des Spiels am Freitag in der Münchner Arena am Müllberg einen hässlichen Schmähgesang. „Schwuler, schwuler DFB“, schallte es ein ums andere Mal durch das Stadion.
Unten am Spielfeldrand scheinen die Gesänge aus dem obersten Rang in der Arena, die schon während des Spiels auf Twitter und Facebook diskutiert worden sind, keine Wirkung hinterlassen zu haben. Immer wieder war das homophobe Gesinge zu hören. Aber der veranstaltende DFB unterließ es, die Stadionsprecher anzuweisen, auf die Gesänge hinzuweisen, so wie es zwei Wochen zuvor an gleicher Stelle geschehen war, als Fans des TSV 1860 München einen Spieler des FC Ingolstadt rassistisch beleidigt haben.
Kapitulation vor schwierigen Fans
Der DFB hat zudem auf die Frage, ob man die Vorfälle bei der Fifa, in deren Regelwerk Sanktionen gegen diskriminierende Fangesänge festgeschrieben sind, ansprechen wolle, gar keine Antwort gegeben. Der deutsche Verband scheint vielmehr mitten in der Fifa-Fairplay-Woche, an deren Ende am Donnerstag die Task Force des Verbandes gegen Rassismus und Diskriminierung tagt, vor schwierigen Fans kapituliert zu haben.
DFB-Pressechef Ralf Köttker schickte der taz auf Anfrage eine Stellungnahme, in der es heißt: „Sie können informieren, an den fairen, respektvollen Umgang miteinander appellieren und in letzter Konsequenz sanktionieren, aber sie werden leider nie ganz ausschließen können, dass in einer anonymen Masse ein paar Krakeeler mit ebenso dummen wie ahnungslosen Äußerungen aus der Reihe fallen.“
Der Österreichische Fußball-Bund schaffte es immerhin, sich eindeutig von den Schmähgesängen zu distanzieren. Pressesprecherin Iris Stöckelmayr verwies zudem auf die traditionell guten Beziehungen des ÖFB zum DFB. Von Fifa-Ermittlungen wegen der Schmähgesänge sei ihr nichts bekannt.
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