piwik no script img

Homophobie beim FußballKein Wunder, dass sich niemand outet

Die Präsidentin der französischen Fußballliga nennt homophobe Äußerungen in der Fanszene „Folklore“. Damit verteidigt sie implizit den Hass.

Beim Spiel zwischen Paris Saint Germain und Olypique Marseille in Paris brannten nicht nur Bengalos Foto: ap

Beim Spitzenspiel in der höchsten französischen Männerfußballliga zwischen Paris Saint-Germain und Olympique Marseille wird die parteilose Sportministerin Roxana Maracineanu Zeugin homophober und rassistischer Rufe in der Fankurve. Sie zeigt sich entsetzt und will gegen das Problem vorgehen. Gut so, denn solche Äußerungen sind Alltag im Fußballstadion. Auf die homophoben Gesänge angesprochen, erklärte die Präsidentin der französischen Fußball-Profiliga, Nathalie Boy de la Tour, diese jetzt im Interview mit Le Parisien jedoch zur „Folklore“. Sie seien „ein Ausdruck der Inbrunst der Fans“ und müssten „als solche betrachtet werden“.

Diese Äußerung ist fatal, auch wenn sie sagte, dass die Gesänge nicht zu akzeptieren seien. Denn Boy de la Tour verteidigt den Hass in den Fankurven damit implizit.

Beispielsweise Patrice Evra, früherer Kapitän der französischen Nationalmannschaft, dürfte sich dadurch bestärkt fühlen. Er hatte in der letzten Woche die Spieler von Paris Saint-Germain als „Schwuchteln“ beleidigt. Wenn für die Ligapräsidentin solche Aussagen zum „kulturellen Erbe“ des Fußballs gehören, hat sie damit zwar einerseits leider recht – denn das Fußballstadion ist tatsächlich ein Ort hegemonialer Männlichkeit, wo Nichtheterosexualität und Weiblichkeit abgewertet und ausgeschlossen werden.

Dass sich noch immer kein aktiver Profispieler als schwul oder bisexuell geoutet hat, ist kein Zufall. Es ist der Ausdruck einer Fußballkultur, die nur extrem limitierte Vorstellungen von Geschlecht und Sexualität akzeptiert.

Die Aussage Boy de la Tours kann aber dennoch als Relativierung dieses Problems gesehen werden. Auch, weil die Funktionärin es zu einem Unterschied erklärt, was man in einem Stadion hört und was man „außerhalb hört, wenn man einkaufen geht“. Für die Betroffenen gibt es keinen Unterschied.

Die Schwulenfeindlichkeit vieler Fans ist der Grund, warum nichtheterosexuelle Spieler heute noch immer versteckt leben müssen. In Angst vor der Entdeckung, in Angst vor dem nächsten Auswärtsspiel. Sie ist der Grund, warum LGBT-Personen in vielen Fanszenen weiterhin marginalisiert sind. Boy de la Tour stellte zwar klar, dass sie Homophobie verurteile. Ihre Botschaft kam jedoch anders an.

Links lesen, Rechts bekämpfen

Gerade jetzt, wo der Rechtsextremismus weiter erstarkt, braucht es Zusammenhalt und Solidarität. Auch und vor allem mit den Menschen, die sich vor Ort für eine starke Zivilgesellschaft einsetzen. Die taz kooperiert deshalb mit Polylux. Das Netzwerk engagiert sich seit 2018 gegen den Rechtsruck in Ostdeutschland und unterstützt Projekte, die sich für Demokratie und Toleranz einsetzen. Eine offene Gesellschaft braucht guten, frei zugänglichen Journalismus – und zivilgesellschaftliches Engagement. Finden Sie auch? Dann machen Sie mit und unterstützen Sie unsere Aktion. Noch bis zum 31. Oktober gehen 50 Prozent aller Einnahmen aus den Anmeldungen bei taz zahl ich an das Netzwerk gegen Rechts. In Zeiten wie diesen brauchen alle, die für eine offene Gesellschaft eintreten, unsere Unterstützung. Sind Sie dabei? Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

3 Kommentare

 / 
  • 9G
    94797 (Profil gelöscht)

    Jaja. Die "Daumen runter" Mentalität ist noch genauso da wie damals im alten Rom.

  • Solange PSG auf Platz 1 der Tabelle steht hört sich Schwuchtel eigentlich nach einem Ehrentitel an. Also alles gut? Das leider doch nicht. Die Anti-Homophobie-Campagne "b.yourself" des PSG musste leider 2015 mangels Rückhalt bei den Sponsoren wieder geschlossen werden. Und da spielte Evra auch eine Rolle.

  • Ich bin manchmal froh, kein fussballfan zu sein.



    Gleichzeitig bin ich froh, dass es hier einen LGBT-Fanclub gibt, der im Stadion auch als solcher akzeptiert wird...