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„Holt uns hier lebend raus“

Die Geiseln auf den Philippinen appellieren in Briefen um dringende Hilfe. Der Deutsche Marc Wallert will seine kranke Mutter notfalls selbst hinaustragen – auf die Gefahr hin, erschossen zu werden. EU-Gesandter trifft heute in Manila ein

JOLO/MANILA ap/rtr/taz ■ In dramatischen Briefen haben die seit zwei Wochen auf den Philippinen verschleppten 21 Geiseln ihre verzweifelte Lage geschildert. Der Deutsche Marc Wallert schrieb, seiner Mutter Renate gehe es so schlecht, dass er und sein Vater sie auf einer Bahre selbst heraustragen wollten – „auch auf die Gefahr hin, erschossen zu werden“. Zwei Franzosen erklärten: „Wir leben wie Tiere im Dreck unter den Bäumen.“ Mehrere Geiseln appellierten an die philippinische Armee, ihr Leben nicht mit weiteren Angriffen zu gefährden.

In dem Reportern der Nachrichtenagentur AP übergebenen Brief schrieb Marc Wallert, seine Mutter sei in einem extrem schlechten Zustand. „Sie hat in den letzten Tagen zwei Schlaganfälle/Nervenzusammenbrüche erlitten.“ Sie könne nicht mehr laufen, es gehe ihr von Tag zu Tag schlechter. Er und sein Vater seien entschlossen, sie selbst herauszutragen. Wallert appellierte an die Botschaft: „Bitte nehmen Sie dies sehr ernst und versuchen Sie das Möglichste, die Rebellen zu überzeugen, sich an unserer Evakuierung und medizinischen Versorgung zu beteiligen.“

Auch die in Frankreich lebende Marie Moarbes bat verzweifelt darum, von jeder Militäroperation abzusehen: „Bitte holt uns hier raus.“ Die philippinischen Geiseln Lucrecia Dablo und Abe Roland Ulla schrieben: „Bitte helft uns, dass wir hier LEBEND rauskommen und nicht TOT.“

Aus dem philippinischen Krisenstab hieß es gestern, ein Vermittler habe einen Rebellenführer um die Freilassung von Renate Wallert aus gesundheitlichen Gründen gebeten. Wann die Entführer der Abu-Sayyaf-Guerilla darüber entscheiden würden, sei nicht bekannt.

Die Ärztin Huda Lim, die die Geiseln am Wochenende besucht hatte, sagte, die Entführer hätten ihren Vorschlag abgelehnt, Frau Wallert freizulassen. Der Berliner Asien-Beauftragte Cornelius Sommer betonte gestern: „Wir haben weiterhin das feste Versprechen der philippinischen Regierung, dass es nicht zu einem militärischen Angriff auf die Entführer kommen wird.“

In einem Schreiben an Präsident Estrada verlangten vier Abu-Sayyaf-Führer, sie wollten mit allen betroffenen Staaten, dem philippinischen Exekutivsekretär, Repräsentanten der UNO, Libyens und anderer muslimischer Staaten verhandeln. Manilas Präsidentensprecher sagte dazu: „Wir müssen noch darüber beraten, weil es um die prinzipielle Frage geht, ob die Rebellen die Bedingungen bestimmen dürfen.“

Manila hat die Entführung bislang stets als interne Angelegenheit bezeichnet. Gestern wurde der philippinische Chefunterhändler und frührere Rebellenführer Nur Misuari nach eigenen Angaben durch einen islamischen Geistlichen ersetzt. In einem anderen Entführungsfall ließen Abu-Sayyaf-Rebellen einen vor drei Monaten entführten philippinischen Bankangestellten gegen ein Lösegeld in unbekannter Höhe frei.

Heute wird der außenpolitische Repräsentant der Europäischen Union, Javier Solana, in Manila erwartet. Er will nicht mit den Entführern verhandeln, sondern die Regierung von einer friedlichen Lösung überzeugen. Unter den 21 Entführten sind sieben EU-Bürger. han

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