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Holi-Zeremonie in DeutschlandImportierte Farbschlacht

Vergangenes Jahr gab es hierzulande erstmals Holi-Feste. Diesen Frühling soll die Hindu-Feier weiter expandieren. Religiöse Motive sind damit nicht verbunden, so die Macher.

Indische Tradition meets Techno-Festival: Holi ist voll im Trend. Bild: ap

In Indien feiern die Hindis ihr Frühlingsfest Holi am ersten Vollmondtag des Monats Phalguna. Dieses Jahr fiel es auf den 27. März. Holi ist die Feier der Farben, des Sieges des Guten über das Böse, des Frühlings über den Winter. Es ist eins der traditionsreichsten und ältesten Hindu-Zeremonien.

Am Holi ist es Brauch, sich mit bunten Maisfarben, dem Gulal, zu bemalen und zu bewerfen. Während des Rituals verschwinden die Grenzen zwischen den Kasten, Geschlechtern, und Generationen. Für den Augenblick herrscht Einigkeit und Gleichheit.

2012 fanden die ersten Holi-Happenings in Deutschland statt. Das „Holi - Festival of Colours“ gastierte in Berlin, München und Dresden - mit großer Resonanz. Mehrere tausend Besucher kamen. TeilnehmerInnen kommentierten: „Das war einer der erhabensten Momente meines Lebens." Und: „Das macht richtig Gänsehaut." 2013 soll es eine Neuauflage geben. Maxim Derenko, Pressesprecher des „Festivals of Colours", zeigt sich optimistisch und sagt auf Anfrage von taz.de, dass er mit 5.000 bis 15.000 Gäste pro Festivaltag rechnet.

Nachahmer in Köln

Die Nachfrage nach dem Holi-Fest war vergangenes Jahr so groß, dass weitere Veranstalter auf den Zug mit aufspringen wollten. Auch in Köln wurde kurzerhand ein Holi-Fest angekündigt. Das sprach sich schnell rum und viele Holi-Fans waren voller Erwartungsfreude. Doch zwei Tage bevor das Happening stattfinden sollte, wurde es abgesagt. Ein Standort war nie bekannt gegeben worden. Dann habe die Landschaftsschutzbehörde die Genehmigungen für das Fest entzogen, da sie Lärmbelästigungen befürchtete, berichtete die Tageszeitung Express.

Die Pressesprecherin der Stadt Köln, Inge Schürrmann, teilt auf dem Onlineportal Köln.de mit, habe die Verwaltung überhaupt gar keine Genehmigungen zurückgenommen. Allerdings lagen auch zu keinem Zeitpunkt alle notwenigen Anträge vor. Für die Organisation des Holi-Festes in Köln war die Agentur „Spreezial" zuständig. Die ist seit dem Fauxpas auf Tauchstation gegangen. Derenko distanziert sich von diesem Vorfall. Er sagt: „Wir waren im vergangen Jahr nicht der Veranstalter des Holi Festivals in Köln. Hinter dem Festival steckten Nachahmer, die auf den Zug aufgesprungen waren."

Auch dieses Jahr wird es an jedem Festivaltag mehrere Countdowns zum Farben werfen geben. Bei „Null" schmeissen alle Besucher das Gulal in die Luft. Dabei entsteht eine ziemlich beeindruckende, bunte Farbwolke. Damit die Farben besser zur Geltung kommen, sollten die Besucher vornehmlich weiße Kleidung tragen. Die Holis kommen, das ist sicher und, sie sind voll im Trend. Wer braucht da noch den Tanz in den Mai?

Keine spirituellen Motive

Die Idee Holi auch hierzulande zu feiern, hatte Jasper Hellmann, einer der drei Veranstalter vom „Festival of Colours“. Er hatte das hinduistische Original in Indien live miterlebt und „war begeistert von den Farben und der ganzen Zeremonie. Damit war die Idee geboren, das Holi für Deutschland zu adaptieren.", bestätigt Derenko.

Derenko betont jedoch, dass sie mit ihrem Festival keinen religiösen oder spirituellen Ansatz verfolgten, und auch die Gäste seien nicht auf der Suche nach Erleuchtung. „Es geht uns einzig um den Spaß an der Sache und dabei werden dann nebenbei auch positive Werte wie kulturelle Vielfalt, Respekt und Toleranz vermittelt.", meint er.

„Gleichheit und Gemeinschaft stehen einen Tag lang im Mittelpunkt - egal, wie alt die Teilnehmer sind und wo sie herkommen.", steht auf der Homepage des „Holi - Festival of Colours". Allerdings ist es Minderjährigen nicht erlaubt, die Veranstaltung zu besuchen. Das Fest sei für die Zielgruppe von 18 bis 35 jährigen konzipiert, erklärt Derenko. Die Macher begründen das so: „Als Veranstalter sehen wir uns selbstverständlich verpflichtet, für das Wohlergehen unserer Besucher Sorge zu tragen. Die Farben, die während der Countdowns in die Luft geworfen werden, sind in jeder Hinsicht unbedenklich. Dennoch möchten wir mittels der Altersbegrenzung zu einem verantwortungsvollen Umgang mit den Farben und auch mit dem vor Ort erhältlichen Alkohol beitragen.“

„Neues und einzigartiges Happening“

Doch was macht diese Veranstaltungen so unglaublich beliebt? Für Maxim Derenko ist das ganz offensichtlich: „Es geht um das Wir-Gefühl, und sich mit den Farben zu bewerfen ist einfach ein völlig neues und einzigartiges Happening."

Im Karneval wird aber schon seit Jahrzehnten Kamellen geschmissen. Und in den vergangenen Jahren scheinen Prozeduren, bei denen die Besucher von Festivals beworfen oder bespritzt werden, immer exzessivere Ausmaße anzunehmen: Konfettiregen, Bierdusche - seines religiösen Kontextes beraubt, fällt die Einfärbung mit Gulal da nicht besonders aus dem Rahmen. Es schleicht sich das Gefühl ein, dass die Farbschlachten eher das visuelles Upgrading einer Techno-Tanzparty darstellen, die das „Festival of Colours“ im Kern eigentlich ist - und damit sind sie ungefähr so exotisch wie die Ananas auf einer Pizza Hawaii.

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17 Kommentare

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  • VT
    Vincent Tietzq

    Der Artikel enthält wahres, aber den Hauptfakt lässt er ausser Acht.

    Das Holi-Festival (ich habe es in Indien erlebt) war und ist immer UMSONST. kein cent zahlst du, wenn du dich auf der Straße mit wildfremden Menschen mit Farbe beschmeißt.

    Anders das deutsche Holi-Festival. Ein eingezäunter Beriech mit Eintrittsgeldern von 15euro und mehr + die Farbe, welche auch nicht gerade günstig ist.

    Alles in allem sind die Holi-Events PURE ABZOCKE und haben keinen positiven Wert und ich kenn den Jasper Hellmann ziemlich gut. Ein arrogantes Arschloc, der nur an das Geld machen glaubt, denkt und dafür auch handelt. Nix mit positve Werte transportieren, nix mit Spaß haben. Es geht ums Geld. Und das ist einfach traurig. Geht nach Indien leute, scheißt auf diese Konsumveranstaltung und spart lieber für das REAL holi fest in Indien...Ahoi.Grüße.

  • A
    alf

    @ zensiert: bleiben sie doch bei ihrer kultur und tragen sie lederhose..aber auch nur, wenn sie wirklich bayer sind! alle anderen bewerfen sich mit farbe. ist immerhin bunt. leider fehlen die in indien üblichen drogen, stechapfel und bhang. dann wäre das ganze auch ne ecke psychedelischer & spiritueller. dann noch techno durch goa austauschen, voila !

  • T
    T.V.

    Halloween ist dagegen so richtig arisch rein, nech.

  • K
    Kahn_ey_man

    Dann erklären Sie mir mal Herr Kahnert wie denn nun so 'richtig exotisch' geht.

    Und als ob solcherlei Rituale in 'fremden Kulturen' etwas anderes wären als Ideologie

  • PL
    Pia Loge

    @bestanyol

    Wer sagt das? Der Veranstalter?

  • V
    VollhohldasGanze

    Soso, das Nachäffen von Traditionen anderer Kulturen soll also Toleranz fördern?

    Ok, dann veranstalten wir doch verschiedene, interkulturelle Events:

    Circumzising:

    Manfrau klemmt sich ein Wiener Würstchen zwischen die Beine, welches dann unter dem Ab singen von aktuellen Hits aus DSDS oder SUPERSTAR an der Spitze abgepellt wird.

    Baptizing:

    In weißen Gewändern taucht manfrau sich gegenseitig in den Brunnen und brüllt etwas von "Party forever". Danach gibts Weinschorle und Brötchen.

    Sukkoting:

    Wir pilgern mit Essen und Getränken, Mallorca-Fetenhits singend, zum nächsten Baggersee, bauen dort einen Unterstand aus Ästen und saufen und fressen uns voll bis wir dort einschlafen.

    Uposathing:

    Wir setzen uns allein vor einen ausgeschaltenen Fernseher, leeren eine Flasche Reisschnaps und führen lautstark Selbstgespräche.

     

    Rassistisch, xenophob, beleidigend sollen diese Events sein? Ey, Alter, Du verstehst aber auch gar nichts von interkulturellen Veranstaltungen.

  • A
    Amateurarzt

    Gaaz toll, "bestanyol", dass Du schon in der Wikipedia suchen kannst. Nur leider setzen die Fachartikel ein Dir fehlendes Grundwissen voraus.

    Das Einatmen von Stäuben an sich ist schon problematisch, Mehl mit einer ziemlich hohen Keimzahl an psychrophilen und mesophilen KBE plus irgendwelchen Farbstoffen wie Patentblau ist gesundheitsgefährdend.

    Warum, glaubst Du, gibt es Umweltplaketten an KFZ, Staubschutzmasken im Baumarkt und einschlägige Verordnungen wie BGR, ASI, UVV?

    Wenn Du anderen mangelnde Fachkenntnisse vor wirfst solltest Du selbst der Materie kundig sein.

    Frag doch zur Abwechslung mal bei den Profis wie BGN an.

  • N
    Nihil

    "Derenko betont jedoch, dass sie mit ihrem Festival keinen religiösen oder spirituellen Ansatz verfolgten, und auch die Gäste seien nicht auf der Suche nach Erleuchtung. „Es geht uns einzig um den Spaß an der Sache und dabei werden dann nebenbei auch positive Werte wie kulturelle Vielfalt, Respekt und Toleranz vermittelt.", meint er."

    Oh wow die kulturelle Vielfalt besteht also darin, dass es darum geht ein fremdes Ritual aus seinem Kontext zu reißen, sich mit Bier voll laufen zu lassen und die obligatorischen Hedonismuspunkte zu sammeln. Klingt wirklich wahnsinnig pluralistisch und weltoffen.

  • M
    M.A.B.

    Am besten is eh, man mischt das Zeug mit Wasser, und dann in die Wasserkanone damit, oder in eine Plasteflasche und den Deckel anbohren, geht auch. Mit Mehl kann man sich beim gemeinsamen Backen mit der Liebsten beschmeißen ;).

  • TL
    tim leary

    LSD oder Psylocibin ist da viel bunter und ungleich spassiger als dieser gehypte Pop-Schwachsinn. Und macht lange nicht soviel Dreck!

     

    :-8

  • B
    bestanyol

    @Jonas:

    Diese Sachen gibt es mit Sicherheit, aber über die rede ich dann auch nicht. Bemühen wir mal eine populäre Online-Enzyklopädie und lesen

    "Staublunge entsteht durch Inhalation von Staub unter Ablagerung fester anorganischer oder – seltener – organischer Teilchen in Bronchien, Lymphknoten und/oder Parenchym, die Veränderungen der Lunge bewirken. Dies kann sowohl mit als auch ohne Funktionsstörung einhergehen.".

    Aha, anorganische Stäube und Ablagerung in den Bronchien. Wenn man jetzt noch überlegt das die Bronchien, die für den Atemgasaustausch zuständig sind irgendwo jenseits der 17. Teilungsgeneration der Atemwege liege erscheint es schon stark abwegig, das sich Maismehl bis dorthin verirrt.

    Bevor man an einem Nachmittag soviel Maismehl einatmet das es sich sofort in den Brochien ablagert, verlässt man die Veranstaltung ob des heftigen Hustenanfalls. Zumal den Gästen nicht vorsätzlich kiloweise Mehl in die Atemwege geblasen wird.

    Wenn du Unkenntnis mit Fachworten überspielen willst, lies wenigstens den dazugehörigen Artikel.

  • S
    sofamystiker

    "In Indien feiern die Hindis"

     

    Hindus

     

    "Konfettiregen, Bierdusche - seines religiösen Kontextes beraubt, fällt die Einfärbung mit Gamal da nicht besonders aus dem Rahmen."

     

    Gulal

     

    "Derenko betont jedoch, dass sie mit ihrem Festival keinen religiösen oder spirituellen Ansatz verfolgten, und auch die Gäste seien nicht auf der Suche nach Erleuchtung."

     

    "Es schleicht sich das Gefühl ein, dass die Farbschlachten eher das visuelles Upgrading einer Techno-Tanzparty darstellen, die das „Festival of Colours“ im Kern eigentlich ist"

     

    tja, es scheint wirklich so, als ob das nur eine zeitgemäße variante eines king kurt konzertes in den 80ern ist. schade.

  • J
    Jonas

    @ bestanyol: Maismehl. Alles klar. Dann ist ja alles klar. Vielleicht gibt es in der Welt tatsächlich Sachen, die du bestanyo, in wirklichkeit nicht kennst, wo du kein Wissen drüber hast und wo du vielleicht schweigen solltest und Aussagen, die was mit Staub, der sich auf dem Weg in die Lunge befindet zu tun haben lieber Leuten überlassen, die davon Ahnung haben. Da gibt es nämlich tatsächlich noch einige Sachen, von denen du eventuell nichts weißt. Wunder passieren immer wieder. Viel Spaß mit deiner Pneumokoniose.

  • B
    bestanyol

    Nein, vor lauter intellektueller Verkopfung muss man permanent rumnörgeln und kritisieren.

    Natürlich richtet der Veranstalter dieses Fest nicht aus purer Nächstenliebe aus. Er macht ein Angebot einen Nachmittag lang Spaß zu haben und wenn man mal auf den Preis schaut, ist dieser Spaß mehr als erschwinglich. Offensichtlich besteht ja ein großes Interesse daran.

    Aber das ist vom Standpunkt der ganzen Bionaden-Bidermeyer ja völlig nebensächlich. Dann geht halt nicht hin!

    Wenn es nichts anderes gäbe würde sich sicherlich auch jemand echauffieren weil man keinen Bio-Mais verwendet.

     

    und @Pia Lange:

    Vielleicht hast du schonmal überlegt, weswegen man MAIS-Mehl nimmt. Weil, wenn man nicht gerade ein Kilo auf einmal inhaliert, garnichts passiert. Das Mehl bleibt an den Schleimhäuten kleben und wird im schlimmsten Fall abgehustet.

  • Z
    zensiert

    Kulturlose Gesellschaft halt...

    Genauso wie Dreadlocks, Baggies, Hip-Hop und jetzt dieses Festival werden aus fremden Kulturen stammende Rituale oder Merkmale von der westlichen Gesellschaft vereinnahmt und für sich beansprucht und letztendlich vermarktet.

  • PL
    Pia Loge

    Wie hirnverbrannt verblödet sind die Menschen mittlerweile eigentlich? In der Regel lungengängige Farbpulver in die Luft schmeissen und sich somit im schlimmsten Fall die Gesundheit für immer ruinieren.

     

    Selbst wenn das Farbpulver aus lebensmittelechten Farben bestehen würde, der Mensch wurde nicht geboren um Farbpulver zu atmen.

  • N
    noergler

    It's all about the money.