Holger Apfel beim NPD-Verbotsverfahren: Vom Ballermann nach Karlsruhe
Wenn nächste Woche über die NPD verhandelt wird, ist ein illustrer Zeuge geladen: Holger Apfel. Der frühere Parteichef lebt heute auf Mallorca.
Apfel wird damit der sicherlich schillernste Zeuge. Und für die NPD zum großen Unsicherheitsfaktor. Denn der 45-Jährige war einer der bekanntesten Rechtsextremen des Landes, wurde 2013 aber nach einem angeblichen sexuellen Übergriff in der Partei abgesägt – und ist heute Kneipenwirt auf Mallorca.
Erbaut ist Apfel über die Einladung nach Karlsruhe nicht. „Ich habe mit dem Thema abgeschlossen und sehe nicht, inwieweit ich sachdienliche Informationen liefern kann“, sagt er der taz am Telefon. Er stehe noch in Kontakt mit dem Gericht, ob er tatsächlich erscheinen müsse. Werde er aber befragt, werde er „keinem nach dem Munde reden“, so Apfel. „Das wird weder Presse und Politik gefallen, noch der Partei.“
Das Bundesverfassungsgericht äußert sich grundsätzlich nicht, warum sie welche Auskunftspersonen hören will. Neben Apfel sind von der NPD auch der Ex-Vorsitzende und heutige Europaabgeordnete Udo Voigt, NRW-Landeschef Claus Cremer, der Fraktionschef in Mecklenburg-Vorpommern Udo Pastörs und der sächsische Parteistratege Jürgen Gansel geladen. Und so eingeschworen sich die NPD vor dem Verfahren gibt, so kritisch blickt sie auf den Auftritt von Apfel. Man sei schon überrascht über die Ladung von Apfel gewesen, sagt der NPD-Rechtsbeauftragte Frank Schwerdt.
Apfel spricht von „Hasskampagne“
Ende 2013 war Apfel nach zwei Jahren als NPD-Bundeschef geschasst worden, weil er ein junges Parteimitglied sexuell belästigt haben soll. Apfel, der jahrelang auch die NPD-Fraktion in Sachsen anführte, sprach dagegen von „Hasskampagnen“ gegen ihn, weil er zuvor einen seriöseren Kurs vorgegeben habe. Er trat darauf aus der Partei aus, schmähte die Partei als „unreformierbar“ - und tauchte wenig später in Mallorca auf: als Betreiber der „Maravillas Stube“ am Ballermann. Seitdem verkauft Apfel dort Schnitzel, Cocktails und Schnäpse „aus Holgers Kräutergarten“.
Apfel kann seine früheren Kameraden aber beruhigen: Für verbotswürdig hält er die NPD nicht. Viele der Vorwürfe seien „Kampfbegriffe“ und „in den Raum gestellte Pauschalisierungen“, sagte er. Auch Gewalt sei in der NPD nicht verherrlicht worden, behauptet Apfel. Es klingt nach alten Szenezeiten. „Grundsätzlich muss eine Demokratie auch abwegige Meinungen aushalten.“
Abwegig – so kann man es sehen. Im Verbotsantrag wird Apfel selbst mit einer Rede zitiert, in der er Israel einen „Schurkenstaat“ nannte und von einer „blühenden Holocaustindustrie“ sprach. Bei anderen Auftritten redete er von einem „Bombenholocaust“ der Alliierten am Ende des Zweiten Weltkriegs oder forderte, „die Einfallstore für muslimische Bombenleger, kriminelle Zigeunerbanden und Sozialschmarotzer aus aller Welt“ zu schließen. Möglich also, dass es auch Apfels frühere Aussagen sind, die am Ende ein NPD-Verbot in Karlsruhe mitbegründen.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Stockender Absatz von E-Autos
Woran liegt es?
Erfolg gegen Eigenbedarfskündigungen
Gericht ebnet neue Wege für Mieter, sich zu wehren
Tod des Fahrradaktivisten Natenom
Öffentliche Verhandlung vor Gericht entfällt
Grünes Wahlprogramm 2025
Wirtschaft vor Klima
Energiewende in Deutschland
Erneuerbare erreichen Rekord-Anteil
Lateinamerika und Syrien
Assads Freunde