: Holbrooke auf Balkan-Visite
■ Der US-Sondergesandte kann Milosevic zunächst nicht zum Einlenken im Kosovo-Konflikt bewegen. Rußland will ein UN-Mandat für Nato-Angriffe mit seinem Veto zu Fall bringen
Belgrad/Moskau (AFP) – Nach Drohungen der Nato-Staaten mit einem Militärangriff hat auch der US-Gesandte Richard Holbrooke den jugoslawischen Präsidenten Slobodan Milošević nicht zum Einlenken im Kosovo-Konflikt bewegen können. Nachdem ein Treffen mit Milošević am Montag abend fruchtlos blieb, warnte Holbrooke gestern eindringlich, Belgrad dürfe die Nato-Drohungen nicht als „Bluff“ abtun.
Holbrooke sagte in der Kosovo- Hauptstadt Prishtina, er könne Milošević nur raten, den Ernst der Lage zu begreifen. Zugleich widersprach er Erklärungen aus Belgrad, die Lage im Kosovo habe sich in den vergangenen Tagen wesentlich verbessert. Die Berichte der internationalen Beobachtergruppe im Kosovo seien „nicht gut“, unterstrich der US-Diplomat. „Was wir bisher gesehen haben, macht uns keine große Hoffnung.“ Es gebe noch eine „riesige Anzahl“ Flüchtlinge in den Bergen, und wer zurückommen wolle, finde oft „kein Dach, keine Wand und kein Bett mehr“ vor.
Eine zunächst für heute geplante Sondersitzung der Nato- Außenminister soll nach Angaben aus Nato-Kreisen am Donnerstag stattfinden. Daran soll auch US- Außenministerin Madeleine Albright teilnehmen. Ein Nato-Sprecher in Brüssel sagte, die Luftstreitkräfte seien bereit loszuschlagen und könnten innerhalb weniger Stunden zum Kampf aufsteigen. Falls die Angriffe aus der Luft kein Einlenken bewirkten, könnten auch mehrere tausend Mann am Boden eingesetzt werden, sagte der Sprecher in der BBC.
Rußland bekräftigte unterdessen seine Ablehnung eines Nato- Eingreifens und kündigte vorsorglich sein Veto im UN-Sicherheitsrat an, falls dort über ein Mandat für die Nato abgestimmt wird. Ein Militärschlag würde einen neuen Kalten Krieg heraufbeschwören, sagte Verteidigungsminister Igor Sergejew. Bei einem Nato-Angriff in Jugoslawien werde außerdem die Ratifizierung des Start-II-Vertrags über die atomare Abrüstung weiter verzögert. Der russische Außenminister Igor Iwanow sagte, Moskau würde von seinem Veto- Recht im Sicherheitsrat „zweifellos Gebrauch machen“, wenn dort über einen Angriff abgestimmt werden sollte.
Präsident Boris Jelzin drohte, ein Rückgriff zur Gewalt würde „nicht nur das Problem nicht lösen, sondern schwere internationale Folgen nach sich ziehen“. Auch China bekräftigte erneut seine Ablehnung eines Nato-Einsatzes. Der Sicherheitsrat wollte gestern abend über einen Bericht von Generalsekretär Kofi Annan zur Lage im Kosovo beraten. Mit einer Entscheidung wird aber nicht vor Donnerstag gerechnet.
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