Hohe Preise für Einkauf in Haft: Inflation erreicht Gefängnisse
In Sachsens Haftanstalten wurden die Lebensmittelpreise bis zu 120 Prozent erhöht. Die Linken-Abgeordnete Nagel fordert höhere Sätze für Verpflegung.
„Besonders betroffen von einer Preiserhöhung sind Produkte des täglichen Bedarfs sowie Lebensmittel“, heißt es in der Antwort des sächsischen Justizministeriums unter Ministerin Katja Meier (Grüne). „Die Preiserhöhungen bewegen sich inflationsbedingt zwischen fünf Prozent (Kaffee Rondo) und 120 Prozent (Sonnenblumenöl).“ Nach der Preiserhöhung seien in den meisten Justizvollzugsanstalten bereits Preisvergleiche mit dem örtlichen Einzelhandel durchgeführt worden, berichtet das Ministerium. Wie diese ausfielen, wird nicht mitgeteilt.
Im Juli wurden noch einmal Preise erhöht, wie aus Angebotslisten der Firma Massak hervorgeht, die der taz vorliegen. Das betraf unter anderem Toastbrot und H-Milch, deren Preis um rund 15 Prozent stieg.
Nagel fragte auch die aktuellen Verpflegungssätze in den sächsischen JVAen ab. Die betragen der Antwort zufolge zwischen 2,79 Euro in Bautzen und 5,17 Euro in Zeithein. Daraus ergibt sich ein Durchschnitt von 3,24 Euro – weit weniger als das, was für Empfänger*innen von Transferleistungen („Hartz IV“) vorgesehen ist. Nagel fordert eine Angleichung an die Verpflegungssätze in Krankenhäusern. Die liegen der Antwort des Justizministeriums zufolge bei durchschnittlich 7,67 Euro.
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„Gefangene müssen ordentlich versorgt werden. Das ist angesichts der steigenden Preise für Lebensmittel mit den sowieso viel zu niedrigen Verpflegungssätzen objektiv nicht möglich – in Krankenhäusern ist dieser Satz doppelt so hoch“, sagte Nagel. Laut Justizministerium wird der Verpflegungssatz vorab festgelegt und könne nicht „unterjährig“ angepasst werden. Allerdings sei aufgrund der gestiegenen Rohstoffpreise eine Erhöhung für den Doppelhaushalt 2023/2024 bereits eingeplant.
Die Abgeordnete forderte darüber hinaus, die „viel zu niedrige Vergütung für arbeitende Gefangene“ zu erhöhen. „Zirka 2.000 der 3.500 Gefangenen in den sächsischen JVAen gehen einer Erwerbstätigkeit nach, bekommen dafür einen Hungerlohn von maximal 2,15 Euro pro Stunde und sind nicht einmal in die gesetzliche Rentenversicherung inkludiert.“
Sachsen plane keine Erhöhung der Vergütung oder des Taschengeldes von Gefangenen, heißt es in der Antwort zur Kleinen Anfrage. Allerdings sei „zu erwarten, dass sich aufgrund der gesamtgesellschaftlichen Entwicklung und der zwischenzeitlichen Lohnerhöhungen die Bezugsgröße für das Jahr 2023, spätestens aber 2024, erhöhen und somit auch die Höhe der Vergütung und des Taschengeldes steigen wird.“
Darüber hinaus befasst sich derzeit das Bundesverfassungsgericht mit zwei Klagen von Gefangenen gegen die Höhe der Vergütung, weil sie nicht dem Resozialisierungsgebot entspreche. Die Entscheidung wird im Herbst erwartet.
Die taz hatte Anfang August eine Recherche zu Einkaufspreisen und Verpflegungssätzen in Gefängnissen deutschlandweit veröffentlicht. Darauf Bezug nehmend, sagte Nagel: „Auf den Prüfstand muss auch die Zusammenarbeit mit dem Unternehmen Massak.“ Der Anstaltskaufmann versorgt neun von zehn JVAen in Sachsen und die meisten Gefängnisse in Deutschland. „Massak ist auch bundesweit Monopolist und muss sich den Vorwurf gefallen lassen, mit überteuerten Produkten an den Gefangenen zu verdienen.“ Das widerspreche der Prämisse, dass Produkte zu marktgerechten Preisen angeboten werden müssen.
Nagel schlägt vor, stattdessen mit dem lokalen Einzelhandel zu kooperieren. Zudem solle das Justizministerium die Kosten für Lieferung und Verteilung der Einkäufe übernehmen.
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