Hohe Ausbildungskosten: Immer weniger Therapeuten
Auch in Bremen werden bald die Physio- und ErgotherapeutInnen knapp. Denn sie müssen für ihre Ausbildung bezahlen. Dabei steigt der Bedarf.
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Wenn Klemens Kissel von seiner Ausbildung zum Logopäden erzählt, dann klingt das ganz schön stressig. Zusätzlich zum Unterricht und den Zeiten des Lernens geht er mindestens einmal in der Woche zusätzlich in den Hafen. Am Fließband packt er Kisten, acht bis 16 Stunden pro Woche. Den Nebenjob muss er machen, um sich seine Ausbildung und das Schulgeld zu finanzieren. Fast 600 Euro zahlt er dafür, Essen, Miete und alles andere kommt noch oben drauf.
Wie Kissel geht es in Bremen auch allen anderen jungen Menschen, die Physio- oder ErgotherapeutIn oder LogopädIn werden wollen: Die Ausbildung ist nur gegen Schulgeld möglich und wird damit zunehmend unattraktiv – bei steigendem Bedarf. Denn mit dem Älterwerden der Gesellschaft nehmen die Gebrechen zu: Nötig werden dann Sprachübungen nach Schlaganfällen, Muskel- und Nerventrainigs oder Mobilisierungen der Gelenke nach Knie- oder Hüftoperationen.
Um die 20.000 Euro koste die dreijährige Ausbildung an einer Schule, erklärt Angela Sattelmann, Leiterin des Bildungszentrums der Bremer Heimstiftung. Um in der Zeit noch leben zu können, müsse man insgesamt bis zu 40.000 Euro bereithalten. 100 Ausbildungsplätze gebe es insgesamt für die Berufe in Bremen, an ihrer Schule seien die BewerberInnenzahlen schon in den letzten zwei Jahren um 20 Prozent zurückgegangen.
Um sich diesem Problem endlich zu widmen, hatte die Bremer Heimstiftung mit der AOK und der Gesundheit Nord am Mittwoch zu einer Tagung ins Bamberger Haus geladen. Bei der Diskussion mit Peter Härtl, Staatsrat für Gesundheit, VertreterInnen von SPD, CDU und Grünen sowie ArbeitgeberInnen und Krankenkasse war man sich einig: Es muss etwas getan werden.
Was genau, weiß Carola Bury, Referentin für Gesundheitspolitik der Arbeitnehmerkammer. Sie sieht Bremen in der Pflicht: „Auch das Land Bremen ist in der Verantwortung für die öffentliche Versorgung. Es muss die Ausbildung sicherstellen“, sagt sie. Die Berufe müssten in den Krankenhausrahmen-Plan aufgenommen werden, man brauche eine „Mischfinanzierung“.
Dass überhaupt nur LogopädInnen, Physio- und ErgotherapeutInnen für ihre Ausbildung an Privatschulen bezahlen, hat letztendlich historische Gründe. In allen anderen handwerklichen oder kaufmännischen Gesundheitsberufen, wie etwa OrthopädieschuhtechnikerIn oder Gesundheits-Kaufmann oder -Kauffrau, hat man normalerweise einen Ausbildungsvertrag samt Vergütung.
Ebenso ist es bei Kranken- und AltenpflegerInnen, die auch an der Schule ausgebildet werden. Wegen des Fachkräftemangels sei für sie schon vor vielen Jahrzehnten eine Ausbildungsvergütung eingeführt worden, so Bury. Ebenso müsse man nun in den therapeutischen Berufen reagieren.
Uwe Schmid, Gewerkschaftssekretär für Gesundheit bei Ver.di, sieht eines der Probleme in der geringen Organisierung der TherapeutInnen: Vier von fünf Physio- oder ErgotherapeutInnen arbeiten nicht im Krankenhaus, sondern ambulant in einer Praxis oder als Selbstständige.
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