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Hoffenheim-Fans über Dietmar Hopp„Das erinnert an die Vogelgrippe“

Hoffenheim-Fans kritisieren Dietmar Hopp in einem offenen Brief für seine Dünnhäutigkeit. Fanclub-Präsident Johann Just findet die Aufregung übertrieben.

„Tradition schlägt jeden Trend“: kreative Hoffenheim-Fans im Duell der Bösen gegen RB Leipzig Foto: imago
Interview von Johannes Kopp

taz: Herr Just, der 1. Kreuzberger Fanclub von 1899 Hoffenheim hat einen offenen Brief an Herrn Hopp geschrieben, er solle nicht so dünnhäutig sein. Beleidigungen seien gang und gäbe. Das müsse er aushalten. Haben Sie schon eine Reaktion aus Hoffenheim erhalten?

Johann Just: Nein, ich hoffe aber auf eine positive Reaktion. Sie müssen sich ja erklären und können sich nicht in einen Schmollwinkel zurückziehen.

Mit Ihrer Haltung scheinen Sie in der Hoffenheimer Fanszene nicht mehrheitsfähig zu sein. Die Aufregung im Stadion vergangene Woche war riesengroß.

Das würde ich differenziert sehen. Das war im Augenblick des Geschehens so. In dem Moment dachte ich auch: unfassbar. Schon eine Stunde später habe ich das anders gesehen.

Weshalb?

Die Aufregung ist viel zu groß. Das erinnert mich an die Vogelgrippe oder jetzt das Corona­virus. Die ganze Sache wird viel zu hoch gehängt.

Sie schreiben, Hopp sei die Personifizierung der Kapitalismuskritik für die an den Pranger gestellten Fanszenen. Teilen Sie die Kapitalismuskritik?

Auf jeden Fall.

Bei so großem Verständnis dafür stellt sich die Frage: Wie wird man Fan eines Mäzenvereins?

(Lacht) Herr Hopp ist ein Gutmensch unter den Kapitalisten. Er unterstützt Hospize, Krankenhäuser, Fußballvereine. Die anderen Klubs werden auch gesponsert. Aber die grundsätzliche Kapitalismuskritik teile ich. Die Spielergehälter, die ganzen Strukturen, das ist ein Wahnsinn. Es tut mir leid, dass ich noch Fußballfan bin. Aber da kann man nichts machen, es ist eine Droge.

Hat der Hass der anderen auf die TSG für Ihren Fanklub etwas Identitätsstiftendes?

Ja. Ich bin zum einen Hoffenheim-Fan, weil ich nur drei Kilometer von Hoffenheim entfernt groß geworden bin. Die Gründung des Fanklubs hat aber auch etwas Spontihaftes. Wir dachten, das erregt bestimmt Aufsehen, wenn ausgerechnet in Kreuzberg sich ein Fanklub etabliert.

Bild: Grit Hofmann
Im Interview: Johann Just

Präsident des 1. Kreuzberger Fanclub von 1899 Hoffenheim, dem derzeit 23 Mitglieder angehören. Die meisten kommen aus Berlin.

Wenn Sie sagen, der Hass der anderen spielt eine Rolle, wäre das nicht ein Grund gewesen, sich in der momentanen Situation auf die Seite von Herrn Hopp zu schlagen.

Nein, ich bin in erster Linie Fußballfan. Ich habe in dem Brief ja auch nichts Böses geschrieben, sondern das Ganze nur einmal etwas aufgelockert.

Lange war Hoffenheim Nummer 1 unter den meistgehassten Klubs. Dann hat RB Leipzig Ihnen den Rang abgelaufen.

Jetzt sind wir wieder die Nummer 1. Das ist doch schön so. Beim ersten Spiel gegen RB Leipzig gab es in Hoffenheim ein schönes Transparent mit der Aufschrift: „Den Fußball zerstört nur einer: Hoffe und sonst keiner.“

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9 Kommentare

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  • "Die Aufregung im Stadion vergangene Woche war riesengroß."

    War sie, aber nicht nur wegen dem Anhang der Roten aus München.

    Mike Diehl, Stadionsprecher des Sinsheimer Dorfvereins, forderte nämlich auch die eigenen Leute, nennen wir Sie mal nach der eigenen drolligen Selbstbezeichznung Ultras auf, ihr eigenes Plakat, "Hopp im Fadenkreuz fixiert, den eigenen Kommerz ignoriert" sofort runterzunehmen.

    Das Plakat bezeichnete er übrigens auch als "menschenverachtende Sprüche."

    Die stellten daraufhin den Support ein und haben dann im Kollektiv das Stadion verlassen.

    Die Story, die im ÖR erzählt wurde, die Zuschauer verlassen das Stadion wegen Hopp, war wohl eher nicht die ganze Wahrheit.

    Stellungnahme der "Ultras":



    youngboyz07.com

    Da ist auch ein pic dabei.



    www.heidelberg24.d...iehl-13572644.html

  • Gibt es bei keiner anderen Sportart oder bei sonstigen "Events", dass sich die Besucher für wichtiger halten als die Akteure. Kindisch.

  • "Beleidigungen seien gang und gäbe."

    Dann ist ja alles in Ordnung.....

    Auf der einen Seite jammern alle, dass die Gesellschaft verroht, Politiker, Frauen und viele andere online ständigen Beleidigungen und Bedrohungen ausgesetzt sind. Dass die Sprache immer aggressiver wird - und Sprache und Handeln miteinander verknüpft sind.

    Aber wenn bei sowas Trivialen wie Fußball Personen massiv beleidigt werden, dann ist das nicht so schlimm. Und man soll halt nicht so dünnhäutig sein.

    • @gyakusou:

      Im Stadion ist es erheblich friedlicher als früher...

      • 7G
        76530 (Profil gelöscht)
        @Sven Günther:

        Gerne stimme ich hier zu.

        Wenn die Herren Rummenigge und Hopp Händchen halten - trotz Corona oder Caramaba, bekomme ich ein Sausen an einer bestimmten Körperstelle.

        Früher war es in den Stadien weniger friedlich, in der öffentlichen Debatte hingegen ruhig. Heute ist es genau umgekehrt.

        Andere Zeiten - andere Bewertungsmaßstäbe. Wer wohl von der aktuellen Aufregung profitiert?

        Die Fans wohl am allerwenigsten.

        • @76530 (Profil gelöscht):

          Die Debatte hatte meiner Meinung eher einen anderen Tonfall und eine andere Lautstärke, sie war aber nicht "friedlicher."

  • 7G
    76530 (Profil gelöscht)

    Was heute alles Thema ist.

    Und vor allem: was nicht.

    • @76530 (Profil gelöscht):

      Soll ja hier ein freies Land sein, in dem unterschiedlichen Menschen unterschiedliche Dinge wichtig sind...

      • 7G
        76530 (Profil gelöscht)
        @Sven Günther:

        Wohl wahr. Ich hörte auch schon davon.