Hoeneß' geheimes Tagebuch 2: Gesprengte Ketten
Der „Steuer-Strolch“ („Bild“) über seine Liebe zu Landshut, den Erpresser-Deppen und Blähungen. Die taz hat Uli Hoeneß' geheimes Tagebuch entdeckt.
Mein liebes Tagebuch
2. Mai 2014
Die ständigen Anstrengungen der letzten Wochen verursachen mir Blähungen, und Susi sagt, ich habe Mundgeruch.
4. Mai 2014
Hab mich über den Franz geärgert. Soll die Seife in der Dusche nicht fallen lassen. Und glücklich soll ich mich schätzen, dass ich nicht auf Alcatraz eingebuchtet werde, weil „Hoeness“ auf Englisch irgendwas Schlüpfriges bedeutet. So blödelte der im VIP-Raum herum. Alle drumherum haben’s gehört, und sie haben heimlich gefeixt. So weit ist es schon gekommen. Jeder glaubt jetzt, seine Späße auf meine Kosten machen zu können. Von diesem Erpresser-Deppen will ich gar nicht erst reden. Dieser dämliche Autohändler in Landsberg mit seinem saublöden Slogan „Uli, wir haben auch Fluchtwagen“ hat auch den Bogen überspannt. Kann man leider juristisch nichts machen dagegen. Recht auf freie Meinungsäußerung. Sagt auch der Hanns Feigen. Feige S…!
Und dann der Franz mit seinen Frotzeleien. Langsam kann ich nicht mehr, aber wenn man Kaiser ist, redet man ja in einer Sphäre, die wir hier unten gar nicht verstehen. In Latein habe ich mal gelernt: Si tacuisses, philosophus mansisses; wenn du geschwiegen hättest, wärst du ein Philosoph geblieben. Aber jeder quatscht nur noch dummes Zeug. Früher war ich der „feinste Kerl der Liga“, ja sogar der „größte Held aller Zeiten“ – so haben sie hier in München über mich geschrieben. Und heute? Soll ich ein Krimineller sein. So ein Schmarrn. Messerstecher sind Kriminelle, Vergewaltiger und Schläger.
6. Mai 2014
Mein Riecher sagt mir, dass der Dow bald durch die Decke geht. Richtig nach oben knallen wird das Ding. Werde heute noch schnell einen Vontobel-Call im 20er-Hebelbereich kaufen und meinem Sohn sagen, dass er das Teil verkaufen soll, wenn die 17.500 im Dow erreicht sind. 100.000 sollten drin sein. Zocken ist ja nicht verboten. Verdammt, er wird mir fehlen da drin, dieser Kitzel. Dieser Thrill. Die Wetten gegen das Ungewisse. Meine Bayern schlagen die Bundesligakonkurrenz – und ich den Markt, so lief’s ja über Jahre, und so hätt es weiterlaufen können, wenn nicht diese depperte SPD gewesen wär. Ich hab das dem Ude mehrmals gesagt, dass er was in Sachen Steuerabkommen machen muss, aber der sagte immer nur, ihm seien die Hände gebunden. Ja mei, dann hätte er den Knoten lösen müssen, der alte Depp. Ich sag immer: Du kannst einen Gaul zum Wasser führen, aber saufen muss er schon selber. Was waren das noch für Zeiten, als die Zürcher Banker stramm standen, wenn sie meinen Namen nur hörten. Vorbei.
7. Mai 2014
Möchte nicht nach Landsberg. Will nach Landshut in den Knast. Ist nicht so eine alte Kiste. In Landsberg, dieser Ein-Sterne-Klitsche, war der Führer, und Dutzende Journalisten waren auch da, um zu glotzen, wie der Hoeneß, also ich, hausen wird. Das geht nicht. Das verletzt meine Privatsphäre. Feigen kümmert sich.
9. Mai 2014
Susi hat mir Eier mit knusprigem Speck gebraten. Ausnahmsweise. Ist ja nicht gut fürs Cholesterin. Eine tolle Frau, passt immer auf mich auf, auch auf mein Gewicht. Sie hat früh eingesehen, dass man als Ehefrau von Hoeneß, also von mir, nicht noch einen Job haben kann. Bei dem Duft von dem Speck ist der Kuno fast durchgedreht. Hab ihm dann ein paar Happen zugeworfen, dem alten Schlawiner. Die Susi ist da richtig fuchsig geworden. Ob ich wieder die Mutter Teresa vom Tegernsee spielen wolle, in aller Herrgottsfrüh schon. Hui. So kenn ich die Susi gar nicht. Aber der ganze Prozess hat sie halt sehr mitgenommen. Bin dann rausgegangen mit dem Kuno. Ja, mach du nur deinen Hofgang, hat mir die Susi nachgerufen. Ganz schön giftig, aber man muss das verstehen. Ich habe ihr in den letzten Monaten einfach zu viel zugemutet. Viel zu viel. Susi, verzeih mir! Kennt sie ja eh schon aus’m 96er Jahr. Da will ich jetzt lieber nicht näher drauf eingehen. Ich sag mal: Nur fliegen is schöner.
10. Mai 2014
Der Horst hat mir heute noch mal gedankt. Im Namen des Freistaats. Bitte, danke, Horst!
12. Mai 2014
Der Franz schon wieder. Kann’s nicht lassen. „Die Verurteilten“ mit dem Morgan Freeman hat er mir geschickt und dann noch „Gesprengte Ketten“ mit dem Steve McQueen. Sind ja gute Streifen, aber muss das sein, Franz? Du setzt unsere Freundschaft aufs Spiel, hab ich ihm gesagt. Aber der hat das gar nicht verstanden, man dürfe sich ja wohl noch einen Spaß erlauben. Und ich soll mir keine Sorgen machen, im Knast sei ich ein Star, auch bei den harten Jungs – das habe der Erpresser völlig verkannt. Die Chefknackis würden bestimmt voll auf den Hoeneß-Rap abfahren. Und dann hat er mir das Machwerk von einem Typ namens Kollegah vorgespielt. Wobei: Eine Zeile hat mir schon gut gefallen: „Er ist der Fußballgigant, der Wurstfabrikant / Ohne Uli Hoeneß wär’s hier ganz schön duster im Land.“ Aber diesen Mist mit Yeah und Yo und Bitch mag ich nicht. Ich mag ja lieber den Eros Ramazotti oder den Tom Jones. So wie der Silvio, also der Berlusconi. Das is eher meins.
13. Mai 2014
Hab der Susi gesagt, dass sie auch ein paar Autogrammkarten mit in meinen Koffer packen soll. Ein Hoeneß kommt nicht mit leeren Händen.
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