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Höcke empört über Verfassungsschutz„Flügel“ im Visier

Der Verfassungsschutz könnte den AfD-„Flügel“ in Kürze als klar rechtsextrem einstufen. Dessen Anführer Björn Höcke reagiert empört.

Seine Aussagen spicken das Verfassungsschutzgutachten: Björn Höcke Foto: Martin Schutt/dpa

BERLIN | taz | Während Björn Höcke am Mittwoch im Thüringer Landtag die große Bühne suchte, herrschte andernorts in der AfD Nervosität. Denn zuvor machte die Meldung die Runde, dass Höckes „Flügel“, das rechtsextreme Sammelbecken der AfD, in Kürze vom Verfassungsschutz als volles Beobachtungsobjekt eingestuft wird. Ein Schritt, den die Partei lange zu verhindern suchte.

Höcke reagierte am Mittwoch prompt. In einer Mitteilung warf er dem Verfassungsschutz „Unterstellung und Diffamierung“ vor. Die Behörde agiere nicht neutral, sondern „schlicht unwürdig“. Zitate von ihm oder anderen Parteivertretern würden aus dem Zusammenhang gerissen und „schlechtestmöglich interpretiert“. Er werde seine Überzeugungen „nicht dieser fragwürdigen, demokratiefeindlichen VS-Methodik anpassen“.

Bereits seit Januar 2019 führt der Verfassungsschutz den „Flügel“ als Verdachtsfall, ebenso wie die AfD-Parteijugend: Bei beiden Gruppen gebe es „stark verdichtete Anhaltspunkte für eine extremistische Bestrebung“. Die AfD im Gesamten ist, eine Stufe darunter, ein „Prüffall“. Verfassungsschutzchef Thomas Haldenwang kündigte jüngst an, dass er in Kürze über die finale Einstufung des „Flügels“ entscheiden wird.

Auf einer Stufe mit der NPD

Laut ARD und SüddeutscherZeitung lautet nun das Resultat: die Einstufung als volles Beobachtungsobjekt und damit als klar rechtsextrem. Der „Flügel“ wäre damit auf einer Stufe mit der NPD – und der Verfassungsschutz könnte sein ganzes Überwachungsarsenal gegen die Gruppe einsetzen.

Der Geheimdienst wollte sich dazu am Mittwoch nicht äußern. Haldenwang hatte eine solche Entscheidung zuletzt aber bereits angedeutet. Seit Herbst attestierte er dem „Flügel“, „immer extremistischer“ zu werden. Die AfD wollte ihm diese Aussage gerichtlich untersagen, unterlag aber vor dem Verwaltungsgericht Köln. Im Januar legte die Partei eine Klage gegen die Beobachtung an sich nach: Dafür gebe es „keine tatsächlichen Anhaltspunkte“, so die Begründung. Eine Entscheidung steht aus.

Der AfD bereiten vor allem die Beamten in der Partei Sorgen, die zur besonderen Verfas­sungstreue verpflichtet sind

Intern aber zählt der Verfassungsschutz „Flügel“-Anhänger bereits als Rechtsextremisten – 7.000 sollen es bundesweit sein. Schon in dem 436-seitigen Verfassungsschutzgutachten vom Januar 2019 wird die AfD schwer belastet – allen voran der „Flügel“. Dieser setze politisch auf Ausgrenzung, mache Migranten, Muslime und politisch Andersdenkende verächtlich und relativiere den historischen Nationalsozialismus. Ziel des „Flügels“ sei ein ethnisch homogenes Volk, die Staatsbürgerschaft muslimischer Deutschen werde infrage gestellt. Immer wieder wird dies mit Zitaten von Höcke unterlegt.

Partei in Sorge um Beamte in ihren Reihen

Die AfD hatte in den vergangenen Monaten versucht, das Gutachten zu entkräften. Sie forderte die in dem Schriftsatz zitierten ParteikollegInnen zu Stellungnahmen auf, erstellte Gegengutachten. Der AfD bereiten neben dem Schmuddel-Image vor allem die Beamten in der Partei Sorgen, die zur besonderen Verfassungstreue verpflichtet sind und bei einer Verfassungsschutzbeobachtung Probleme bekommen könnten.

Höcke erklärte am Mittwoch immerhin, er würde „einige Formulierungen heute so nicht mehr gebrauchen“. Aber: „Ein Abrücken von politischen Positionen, die ich für vernünftig und sinnvoll halte, wird es von meiner Seite nicht geben.“

Erst am Dienstagabend war Höcke bei einer rechten Kundgebung in Erfurt zusammen mit Pegida-Anführer Lutz Bachmann aufgetreten. Mitte Februar sprach der AfD-Mann auch bei Pegida in Dresden als Redner und hatte dort zu einer Art Umsturz aufgerufen. „Die Herrschaft der verbrauchten Parteien und Eliten muss abgelöst werden.“ Und: „Wir werden diesen Kampf gemeinsam führen und gemeinsam gewinnen.“

Die Staatsanwaltschaft Dresden prüft hier Ermittlungen wegen Volksverhetzung. Und auch der Verfassungsschutz dürfte die Rede aufmerksam notiert haben.

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9 Kommentare

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  • Die Frage ist nur: Warum hat das so lange gedauert?



    Ist, und wenn ja warum, erst ein Anschlag wie im Hanau "notwendig" damit der VS oder unsere Politik endlich, endlich umdenkt?



    ....ich finde es beschämend, dass gerade Deutschland so einen laschen Umgang mit Rechts pflegt.

  • Na endlich, die Schlinge der wehrhaften Demokratie beginnt sich zuzuziehen.

  • Was passiert, wenn der Flügel die Verfassungsprüfung nicht besteht? Müssen dann alle MdL und MdBs, die zugerechnet werden ihre Tätigkeit beenden? Und dann? (Wird vermutlich geklagt) Aber: Gibt es dafür einen Fahrplan? Weiß das hier jemand?

    • @nelly_m:

      Die Feststellung der Verfassungsfeindlichkeit ermöglicht die Beobachtung. Die Beobachtung ermöglicht - falls genügend belastbares Matrerial gefunden wird - ein Verbotsverfahren. Der Ablauf ist derselbe wie beim Verfahren gegen die NPD.

    • 9G
      91655 (Profil gelöscht)
      @nelly_m:

      Antwort:

      Die Gruppierung "Der Flügel" dürfte, wie Teile z. B. der Partei "Die Linke" mit allen sog. geheimdienstlichen Mitteln durch den Verfassungsschutz untersucht werden. Z. B. könnte der Verfassungsschutz die Telefonate von Höcke usw. usf. abhören, E-Mails mitlesen und Informationen an die Auftraggeber weitergeben, z. B. auch für ein Verbotsverfahren vor dem BVerfG und dieses an die möglichen Antragsteller (Bundesrat, Bundestag, Bundesregierung) weiterleiten.

      Mensch erinnere sich richtig:

      Eine Partei zu verbieten ist in D schwer, in der EU wegen der laufenden Rechtsprechung des EUGH nach Meinung vieler Jurist*innen fast unmöglich.

      ABER (ich mag dieses schreckliche deutsche Wort gar nicht) es zwingt die (zu) vielen Beamten aus den Sicherheitsapparaten, den Schulen und Hochschulen zu einem klaren Schritt bezüglich der Afder-Partei ...

      Wenn die Afder-Typen den Flügel weiter in die Partei-Mitte bringen, riskieren Sie die Gesamtbeobachtung und das gefährdet dann die Karrieren von Afer-Kadern, die gleichzeitig noch im Öffentlichen Dienst, gar in der BW oder Polizei Karriere machen wollen bzw. gemacht haben bzw. nach ihrem Mandat wieder an der (Hoch)schule lehren wollen ...

      Das ist mehr Wert, als ein Verbot in 10-15 Jahren und eine Neugründung als "Alfa" oder so ;-)

      Und natürlich kostet es Geld, es könnte ja auch ohne Verbotsverfahren eine Mehrheit im Bundestag geben und gerichtsfest bleiben, dass dann die Afder-Partei kein oder viel weniger Geld vom System bekommt!

      Siehe 2. Beschluss des BVerfGs zur NPD!

    • @nelly_m:

      Wenn der Verfassungsschutz die Verfassungsfeindlichkeit des Flügels feststellt wird die AfD ihn auflösen müssen. Das ist natürlich unwahrscheinlich, da er längst das Zentrum der Macht in der Partei ist. Also muß ein Verbotsverfahren eingeleitet werden. Da das BVG bei der NPD das Verbot nur aufgrund der politischen Irrelvanz der Partei verhindert hat (der Tatbestand der Verfassungsfeindlichkeit war eindeutig) und da der Flügel ideologsich mit der NPD quasi identitär, äh, identisch ist, müssdte es dann zu einem Verbot kommen. Dann würde die AfD aus allen Parlamenten verbannt, Beamte und andere Staatsdiener müssten aus dem diesnt entfernt werden oder sofort austreten.

    • @nelly_m:

      Wohl kaum. Auch die NPD hatte ja - zuletzt ab 2011 in Mecklenburg-Vorpommern - Abgeordnete im Parlament, trotz Beobachtung. Es wäre auch ein höchst fragwürdiges Konstrukt wenn es einer Behörder wie dem VS möglich wäre per Beschluss zur Beobachtung Wahlergebnisse revidieren könnte (selbst dann wenn die Gewählten mit tiefbrauner Gesinnung daherkommen).



      Ferner steht wohl zu befürchten, dass sich so eine Beobachtung wie auch in der Vergangenheit schon zu einem Subventionsprogramm über V-Manngehälter auswächst.

      • @Ingo Bernable:

        Danke euch!



        Dann lassen wir uns mal überraschen, ob irgendwas von Bedeutung passiert.

  • RS
    Ria Sauter

    Es ist auch höchste Zeit dies zu tun.