Höchste Corona-Sterberate weltweit: Ungleicher Kampf
Doreen McPaul ist Justizministerin des Navajo-Reservats. Die Menschen dort sind besonders stark von der Corona-Pandemie betroffen.
Für die Nation der Navajos ist das Coronavirus eine Katastrophe. Laut der Zahlen vom Montag gibt es 3.204 Fälle von Infizierten in dem Reservat, das sich über drei US-Bundesstaaten erstreckt. 102 Menschen sind gestorben. Umgerechnet auf die Bevölkerungszahl ist das die höchste Sterberate weltweit.
„Das Reservat ist abgelegen, die Infrastruktur ist schwach, Wasser ist knapp, und mehrere Generationen leben unter einem Dach“, sagt Doreen McPaul, die Justizministerin des Navajo-Reservats. „Deshalb gibt es viele Erkrankungen. Diabetes und Krebs sind weit verbreitet, und so hat das Virus leichtes Spiel.“
Viele Haushalte haben kein Wasser und keinen Strom. „Wegen der Pandemie müssen die Menschen zu Hause bleiben und von dort arbeiten“, sagt McPaul, „aber ohne Strom gibt es kein Breitband, und ohne Wasser kann man sich nicht die Hände waschen.“ Ein weiteres Problem ist der Sicherheitsabstand. „Das ist nicht Teil unserer Kultur. Wir kümmern uns ja nicht nur um unsere eigenen Familien, sondern auch um die erweiterte Familie und um die Nation als Ganzes.“
Doreen Naniba McPaul ist im Navajo-Reservat in Chinle im US-Bundesstaat Arizona geboren. 1995 schloss sie ihr Jurastudium an der Princeton University ab, 2001 erhielt sie den Doktortitel sowie eine Urkunde im indianischen Recht von der juristischen Fakultät der Arizona State University. Seit 2008 ist sie Anwältin für mehrere indigene Nationen in Arizona sowie Justizministerin für ihren eigene Nation der Navajos. Darüber hinaus gehört sie dem Direktorium des höchsten Gerichts von Arizona an. Sie ist verheiratet mit Mark McPaul, einem Sergeant der US-Armee. Das Paar hat drei Söhne.
Spenden aus Irland
McPaul dankte den Iren und den US-Amerikanern irischer Abstammung für die großzügigen Spenden im Zuge der Krise. Bis Dienstagabend waren 320.000 US-Dollar eingegangen. „Ich bin wegen meiner eigenen irischen Abstammung besonders stolz darauf“, sagte sie. Ihre beiden Großväter waren Iren. Sie hat die Grüne Insel zweimal besucht, als ihre Schwester Denise dort studierte. Denise ist mit einem Iren verheiratet: John Ryan stammt aus Newmarket-on-Fergus in der westirischen Grafschaft Clare, er ist vor 15 Jahren nach Arizona gezogen und organisiert derzeit Lebensmittel- und Wassertransporte ins Reservat.
Das Navajo-Reservat ist ungefähr so groß wie Irland. „Unsere Kulturen weisen viele Gemeinsamkeiten auf“, sagt McPaul. „Wir lieben unser Land, unsere Sprache, unsere Lieder, unsere Tänze, unseren Sport und unsere Geschichte. Viele irische Regionen sehen aus wie das Navajo-Reservat mit Ackerland und Herden von Schafen und Rindern.“
Und man habe eine ähnliche Geschichte der Unterdrückung, sagt McPaul: „Während der großen Hungersnot in Irland Mitte des 19. Jahrhunderts hat die Nation der Choctaw Geld nach Irland geschickt, obwohl es ihnen selbst kaum besser ging.“ Seitdem haben die Choctaw einen Ehrenplatz im kollektiven Gedächtnis Irlands. „Nun revanchieren sich die Iren“, sagt McPaul.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Internationaler Strafgerichtshof
Ein Haftbefehl und seine Folgen
Krieg in der Ukraine
Geschenk mit Eskalation
Umgang mit der AfD
Sollen wir AfD-Stimmen im Blatt wiedergeben?
Krieg in der Ukraine
Kein Frieden mit Putin
Warnung vor „bestimmten Quartieren“
Eine alarmistische Debatte in Berlin
Nan Goldin in Neuer Nationalgalerie
Claudia Roth entsetzt über Proteste