Hochschulpakt in Deutschland: Der Osten will im Rennen bleiben
Wissenschaftsminister der neuen Länder fordern eine dauerhafte finanzielle Beteiligung des Bundes. Zudem brauche es mehr Fördermittel.
Darin sind auch die Ausgaben für die Deutsche Forschungsgesellschaft enthalten, so dass bei den Universitäten nur knapp vier Milliarden Euro ankommen. Die Wissenschaftsminister verlangen nun, die Ausgaben für die Hochschulen auf sechs Milliarden Euro pro Jahr zu erhöhen. Davon soll mindestens eine Milliarde in ostdeutsche Hochschulen fließen. Zum Vergleich: 2016 bezahlten die Länder 24,4 Milliarden Euro Grundmittel für Hochschulen, im Osten kamen davon 3,1 Milliarden Euro an.
„Wir bewegen uns wie ein Rennpferd im schnellen Lauf und wollen nicht ausgebremst werden,“ so Sachsens Wissenschaftsministerin Eva-Maria Stange. Seit der Wende hat Ostdeutschland enorm aufgeholt. Obwohl es dort seitdem 40 Prozent weniger Menschen mit Hochschulreife gibt, hat man das Niveau von 300.000 Studierenden halten können. Die Prognosen gehen davon aus, dass die Studiennachfrage bis 2025 ähnlich hoch bleibt. Die Anzahl der Studierenden in Deutschland ist seit 2007 von 1,9 Millionen auf 2,7 Millionen angestiegen. Ostdeutschland profitiere enorm von EU- und Bundesmitteln, die in den nächsten Jahren aber zurückgehen werden. Besonders die neuen Länder benötigen Unterstützung.
Wie viel Geld an welchen Stellen?
Die Finanzierung für den Hochschulausbau, die Digitalisierung und die Universitätsmedizin enden 2019. Die Wissenschaftsminister pochen darauf, dass der Bund auch darüber hinaus Mittel bereitstellt. Ein weiterer Nachteil: Ostdeutsche Hochschulen haben bei der Finanzierung der Forschung schlechtere Rahmenbedingungen als der Westen. Die Ostminister wollen eine Gleichstellung, auch für außeruniversitäre Forschungseinrichtungen. Das Problem sei, dass 90 Prozent aller Unternehmen im Osten zehn Mitarbeiter oder weniger beschäftigen. Dadurch seien große Forschungsprojekte kaum möglich, weswegen eine besondere Förderung erforderlich sei.
Auch für die Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) fordert der Osten deutlich mehr Zuschüsse: Der Bund übernimmt 20 Prozent der Projektkosten der DFG. Die Ostminister wollen, dass der Bund die Pauschale auf 40 Prozent erhöht und mindestens drei Viertel der Kosten bezahlt. Im vergangenen Jahr waren das 395 Millionen Euro, mit 40 Prozent ab 2021 müsste der Bund 700 Millionen Euro übernehmen.
Wolfgang Tiefensee, Wissenschaftsminister aus Thüringen hält es für sinnvoll, einer Universität je nach Fachrichtung einen Betrag zwischen 1.000 und 2.000 Euro pro Studierenden zu bezahlen. Damit sollen auch Master-Studierende gefördert und Hochschulwechsler berücksichtigt werden. Er zieht sogar eine mögliche Prämie für bestandene Abschlussprüfungen für alle Studierenden in Erwägung. Die Kosten für den Bund würden dann mit circa drei Milliarden Euro jährlich rund 500 Millionen Euro teurer als aktuell, schätzt Tiefensee.
Mehr Geld für alle Bundesländer
Der Bund bezahlt bis 2019 pro Jahr 1,6 Milliarden Euro, sogenannte „Entflechtungsmittel“, für den Hochschulbau und die Digitalisierung. Da auch EU-Fördermittel ab 2020 auslaufen, fordern die Ostminister einen Anteil für die fünf Bundesländer von mindestens 280 Millionen Euro jährlich aus dem Infrastrukturprogramm.
Zusätzlich soll ein neues Konzept „Innovation und Strukturwandel“ soll Innovationen in strukturschwachen Regionen in Deutschland fördern. Die Ostminister wollen hier mindestens 200 Millionen Euro jährlich für die neuen Länder. Aktuelle Förderprogramme kommen nicht bei den Hochschulen an, da oft nur Spitzenforschung gefördert würde. Nach neuen Berechnungen sollen 100 Millionen Euro pro Jahr für die angewandte Wissenschaft auf ostdeutsche Ländern entfallen.
Armin Willingmann, Wissenschaftsminister aus Sachsen-Anhalt ist optimistisch, dass die Pläne umgesetzt werden: „In den allermeisten Punkten herrscht Konsens mit den anderen Bundesländern.“ Zudem würden die Gelder nicht umverteilt, sondern für alle erhöht. Die fünf Ostminister wollen mit den Verhandlungen nach der Bundestagswahl anfangen, bis Mitte 2018 soll das Paket beschlossen werden.
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