Hochschulförderung vom Bund: Leere Kasernen, volle Hörsäle

Die Regierung sagt den Ländern Aufschläge auf den Hochschulpakt zu. Mit dem Geld sollen Studienplätze für junge Männer entstehen, die nicht zum Bund müssen.

Eindeutig zu wenig Plätze: Vorlesung in der Freien Universität Berlin. Bild: dapd

BERLIN taz | Seitdem die Bundesregierung die Wehrpflicht ausgesetzt hat, sorgen sich die Länder, wie sie den Schwung zusätzlicher Studierender unterbringen sollen. Am Montag hatten sie Grund zum Aufatmen: für die Studienplätze von 59.000 jungen Männern, die im Wintersemester statt des Wehrdienstes ein Studium antreten könnten, wird der Bund bis zu 1,5 Milliarden Euro zuschießen. Darauf einigten sich Bund und Länder in der gemeinsamen Wissenschaftskonferenz (GWK).

Deren Vorsitzender, der Berliner Wissenschaftssenator Jürgen Zöllner (SPD), wirkte erleichtert: "Wir können nun mehr Studienplätze schaffen, weil wir sicher sind, dass das Geld kommt."

Bund und Länder rechnen seit Jahren damit, dass die Zahl der Studierenden sprunghaft ansteigen wird, und schlossen 2007 einen Hochschulpakt, um zusätzliche Studienplätze zu finanzieren. Allerdings führten sie dies bisher auf den Effekt zurück, dass alle Länder die Abiturzeit um ein Jahr verkürzt hatten und nach und nach doppelte Jahrgänge in die Hochschulen drängten. Die Aussetzung der Wehrpflicht war bisher nicht einkalkuliert.

Länder fordern mehr Hilfe vom Bund

Die Länder, die eigentlich allein für Hochschulpolitik verantwortlich sind, forderten, dass der Bund die benötigten Studienplätze nach dem Verursacherprinzip mitfinanziert. Bisher zierte sich der Bund, nun hat Bundesbildungsministerin Annette Schavan (CDU) den finanziellen Deckel auf dem Topf doch ein Stückchen angehoben: "Wir setzen damit ein Zeichen der Verlässlichkeit", sagte sie.

Gleichzeitig kündigte sie an, dass die Länder noch einmal eine Milliarde Euro rückwirkend überwiesen bekommen, weil sie in der ersten Phase des Paktes von 2007 bis 2010 doppelt so viel Plätze geschaffen hatten wie erwartet.

Bis 2015 werden noch einmal 275.000 zusätzliche Studienanfänger an den Unis erwartet. Dafür hat der Bund bisher 3,2 Milliarden Euro eingeplant, mit der jetzt beschlossenen Aufstockung liegt die Obergrenze also bei 4,7 Milliarden Euro. Die Länder tragen die andere Hälfte der Kosten.

Der Pakt funktioniert so, dass Länder Studienplätze schaffen, diese beim Bundesbildungsministerium abrechnen, welches quasi gegen Quittung die Hälfte der durchschnittlichen Kosten, und zwar 13.000 Euro pro Studienanfänger, erstattet. Zugrunde liegt die Annahme, dass jeder Studienplatz vier Jahre besetzt bleibt und jährlich 6.500 Euro kostet. Die Hochschulrektorenkonferenz geht allerdings von durchschnittlich 7.200 Euro pro Jahr aus.

Der Hochschulexperte der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft, Andreas Keller, kritisiert zudem, dass die Vereinbarung nicht die gewachsene Studierfreude berücksichtigt. "Wenn man die gestiegene Bildungsbeteiligung in Betracht zieht, bleiben die Hochschulen unterfinanziert." Im Hochschulpakt gehen Bund und Länder davon aus, dass der Anteil der Studienanfänger stabil bleibt. Tatsächlich ist der Anteil der jungen Leute eines Jahrgangs, die ein Studium aufnehmen, in den vergangenen Jahren stetig gestiegen und erreichte 2010 einen Rekord von 46 Prozent.

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