: Hoch die Tassen
Stammtische sind keine Möbelstücke, sondern gesellschaftliche Rituale. Eine Bildwelt auf der Suche nach den Abwesenden
Fotos Volker SchrankText Jan-Paul Koopmann
Den besten Ruf hat er nun nicht, der Stammtisch. Zumindest meint es selten freundlich, wer von „Stammtischgerede“ spricht. Man meint damit: laut, unterkomplex und tendenziell rechts. Auch wenn man natürlich irgendwie weiß, dass alle möglichen Gruppen und Menschen solche Rituale pflegen.
In der Stammtisch-Serie von Fotograf Volker Schrank kommen die Menschen gar nicht erst vor. Auch Ort und Zeit lässt er bewusst außen vor. Seine Aufnahmen zeigen blitzblank polierte Tische und gerade gerückte Stühle. Einzig die unvermeidbaren Wimpel der jeweiligen Gruppen geben einen Hinweis auf ihren Sinn und Zweck.
Was die Bilder aber verblüffenderweise eben doch einfangen, ist ein Stimmungsbild der Abwesenden – als wären hier gut gelaunte Geister versammelt zum emsigen Diskurs, zum Lachen und einander „Prost!“ sagen.
Volker Schrank fängt ein, wie Ort und Geschehen, soziales Miteinander und Inhaltliches zusammenfallen: gekittet selbstredend auch durch Vorurteil der Betrachtenden, aber doch auch mit einer Erkenntnis, die man allzu oft unter den … Tisch fallen lässt: Dass Gedanken, Gesellschaft und Politik einen Ort haben – haben müssen, damit sie überhaupt stattfinden können. Und die sind weder beliebig nach austauschbar. Selbst wenn die Gasthäuser, Kneipen und Schankstuben in Volker Schranks Reise einander doch verblüffend ähnlich sehen.
Der Bildband „Stammtische“ von Volker Schrank ist im Deutschen Kunstverlag (DKV) erschienen.
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