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Hitzlspergers Coming-outMan of the Match

Der ehemalige Fußball-Nationalspieler Thomas Hitzlsperger sagt öffentlich, dass er schwul ist. Er ist der erste deutsche Profi, der das tut.

Thomas Hitzlsperger (l.) und ein anderer Spieler, dessen Name uns gerade entfallen ist, bei der Euromeisterschaft 2008. Bild: reuters

BERLIN taz | Journalisten, englische zumal, lieben Alliterationen. Sie sahen also den sehr strammen Schuss des jungen Deutschen und nannten ihn fortan „Hitz the Hammer“. Thomas Hitzlsperger, der Fußballer mit dem hammerharten linken Fuß, spielte seinerzeit in England bei dem Club Aston Villa.

Er war mit gerade mal 18 Jahren aus Deutschland geflohen vor den hohen Anforderungen, denen er in München beim FC Bayern hätte genügen müssen. Vielleicht ist er auch aus einem anderen Grund auf die Insel in die Liga der Blutgrätscher und harten Hunde gegangen. Vielleicht war es auch eine Flucht vor sich selbst, eine Art Exorzismus, den Bulldozer wie Paul Gascoigne oder Roy Keane flankieren sollten.

Die Premier League ist bis heute ein Hort des Machismo. Das sollte sich auch nicht ändern, als die Sun vor 24 Jahren titelte: „I am gay“. Geoutet hatte sich der schwarze Fußballer Justin Fashanu, der bis dahin für renommierte Klubs wie Nottingham Forrest, West Ham United oder Manchester City gespielt hatte. Mit seiner Karriere in der Premier League war es allerdings nach dem großen Aufmacher in der Sun vorbei; Fashanu nahm sich 1998 das Leben.

Auch heute hätte es wohl ein offen schwuler Fußballer in den Topligen von England, Spanien, Italien oder Deutschland schwer. Das bestätigt nun auch Thomas Hitzlsperger in einem Interview mit der Zeit. Das Onlineportal der Wochenzeitung machte seine Homosexualität am Mittwoch publik. „Ich habe mich nie dafür geschämt, dass ich nun mal so bin“, sagt er.

Tabuzone Bundesliga

Trotzdem seien die Sprüche der Kollegen schwer zu ertragen gewesen. „Überlegen Sie doch mal: Da sitzen zwanzig junge Männer an den Tischen und trinken. Da lässt man die Mehrheit gewähren, solange die Witze halbwegs witzig sind und das Gequatsche über Homosexuelle nicht massiv beleidigend wird.“

Als er sehr jung nach England ging, wurde der Sohn eines Landwirts aus dem bayerischen Forstinning von seiner Freundin Inga Totzauer begleitet. Doch einen Monat vor der geplanten Hochzeit trennten sich die beiden im Juni 2007. „Das war eine schwere Zeit. Ich will und werde das nicht ausbreiten und bin froh, dass die Presse das auch weitgehend akzeptiert hat“, sagte er damals und lieferte keine weiteren Details.

Trotzdem kursierten danach Gerüchte, Vermutungen, mit denen auch etliche andere Bundesligaprofis und Nationalspieler leben müssen. Es ist mittlerweile zu einem Spiel geworden, diesen oder jenen Kicker in die schwule Ecke zu stellen.

Dieses Spiel wird umso verbissener gespielt, je länger die Verkniffenheit des Fußballbusiness anhält und je länger Empfehlungen von Bundesligabossen ausgesprochen werden, Profis mögen sich doch lieber nicht outen, weil die Konsequenzen in der Tabuzone Bundesliga nicht abzusehen seien. Hitzlsperger hält dieses Horrorszenario für „spekulativ“, vielmehr eröffneten sich auch Chancen und Spielräume, man könne „die Diskussion über Homosexualität unter Profisportlern voranbringen“.

Autovervollständigung von Google

Wenn man in der Suchfunktion von Google „Thomas Hitzlsperger“ eingab, dann erschien zuerst das Stichwort „schwul“. Das war bis vor einigen Monaten so. Hitzlsperger hat sich offensichtlich gegen die sogenannte Autovervollständigung von Google gewehrt, denn heute erscheinen die Stichworte „privat“, „Freundin“ und „neue Freundin“. Aber das dürfte sich nach seinem Outing schnell ändern.

Denn heute ist Hitzlsperger in der Medienwelt und Blogosphäre so etwas wie der „Man of the Match“. Der 31-Jährige hat es zwar nicht vermocht, in seiner Laufbahn als aktiver Fußballer mit der Sache herauszukommen, aber vier Monate nach seinem Karriereende ist er immerhin der erste deutsche Fußballpromi, der zu seinem Schwulsein in der Öffentlichkeit steht.

Ein Vorreiter ist er der ehemalige Nationalspieler freilich nicht. Vor ihm gab es den Fußballer Marcus Urban, der sich als schwul outete. Vor sechs Jahren erschien dessen Biografie mit dem Titel „Versteckspieler“. Urban hatte als Jugendlicher für den FC Rot-Weiß Erfurt und die DDR-Nationalmannschaft gespielt, scheute aber eine Karriere als Profi, weil ihm der Druck, sich als Homosexueller in der Fußballwelt verstecken zu müssen, zu groß erschien. Während Urban sehr früh klar war, dass er schwul ist, scheint Hitzlsperger mit sich gerungen zu haben: „Erst in den letzten Jahren dämmerte mir, dass ich lieber mit einem Mann zusammenleben möchte“, sagt er im Zeit-Interview. Das Bewusstsein, homosexuell zu sein, sei „ein langwieriger und schwieriger Prozess“ gewesen.

Gedanken des DFB

Hitzlsperger sagt, Homosexualität werde im Fußball „schlicht ignoriert“, er kenne bis heute keinen Fußballer persönlich, der das zu seinem Thema gemacht habe. Hitzlsperger hat also keinen Mitstreiter in England getroffen und keinen beim VfB Stuttgart, wo er vier Jahre spielte und sogar Kapitän war, nicht bei Lazio Rom und auch nicht auf seiner letzten Station, die ihn wieder auf die Insel führte, zu West Ham United.

Seine besten Jahre hatte er zu diesem Zeitpunkt bereits hinter sich. Der Mittelfeldspieler, den alle seine Trainer für einen netten Kerl und untadeligen Sportsmann hielten, hatte da schon eine kritische Distanz zur Fußballszene entwickelt. Dem Fußballmagazin Rund sagte er: „Ich habe die Zeit abonniert, weil die nicht über Sport schreiben.“

Vor einem Jahr deutete sich bereits an, dass die Zeit reif ist für Thomas Hitzlsperger. Im fluter, einem Blatt der Bundeszentrale für politische Bildung, wurde ein Interview mit einem schwulen Bundesligaprofi abgedruckt, dessen Name nicht genannt wurde. „Ich muss täglich den Schauspieler geben und mich selbst verleugnen“, sagt jener Anonymus.

Auch der Deutsche Fußball-Bund (DFB) macht sich seitdem, etwas unbeholfen, Gedanken, wie man mit so einem Fall zu verfahren habe. „Im Profi-Bereich empfiehlt sich aus medialer Sicht ein offensives, geplantes Coming-out, welches im Idealfall im unmittelbaren Nachgang einer Saison platziert wird“, heißt es in einer Infobroschüre des Verbands. Bis zur neuen Saison hätte sich aufgrund der „medialen Halbwertszeit einer solchen Neuigkeit“ die Lage wieder beruhigt.

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8 Kommentare

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  • Für mich ist die Unterwürfigkeit deutscher Medien nicht zu überbieten. Arbeiten dort nur noch Leute aus der Homolobby? Ich finde diesen Mann überhaupt nicht mutig, und dieses ständig Loben für Mut erinnert mich an Staatspropaganda aus China oder ähnliche Staaten mit vorgegebenem Einheitsdenken, damit die dummen Bürger auch wissen, was mutig ist und was nicht.

     

    Wenn jemand im Iran sich als schwul outet, dann ist das vielleicht mutig, aber doch nicht in Deutschland im Jahr 2014, viele Jahre nachdem Wowi schon gezeigt hat, dass man durch solch ein Outing viel Honig um den Mund geschmiert bekommt.

  • Da homosexuelle Politiker und Sportler noch immer im Ressort "Freak Show" erscheinen wenn sie sich outen oder heiraten, wird das bei den Fussballern noch Jahrzehnte dauern, bis da auch nur annähernd so etwas wie Anerkennung eintritt. Als gäbs nichts wichtigeres!

  • A
    alouette

    und welche Relevanz hat, dass Justin Fashanu Schwarz war?

  • Der Typ ist schwul, ja und?

  • HS
    Hach sind wie lustig

    Was soll denn bloß diese zweideutige Bildauswahl? TAZ watet eimal mehr im Morast der Yellow Press.

  • E
    ecco

    Danke für das homophobe Foto, mit dem die TAZ suggeriert, dass sich Hitzberger auf Ballack stand. Für Gays sind nicht knackige Heterosexuell Veranlagte das Problem (die lassen sich nach ein paar Bier sowieso gern mal ficken) sondern Journalisten, die glauben, dass Klischees aus der Nazi-Zeit die beste Aufklärung wären. Gay, Hetero, Schwarz, Blond, Groß, Dick, Brille, abstehende Ohren usw. sind alles Querschnitts-Varianten. Sie lassen keinen Schluss auf Lebensweise, Gefühle, Testosterogehalt, Intelligenz, Fairness, Geschmack oder Wahlverhalten zu. Nur der dumme Hitler hatte es anders geglaubt. Hitzelspergers Problem war nicht die Attraktivität seiner Kollegen, sondern ihr ignoranter Hass. Hat er auch so gesagt. Aber die TAZ weiss es besser und wie immer ganz ohne Recherche. Es stimmt eben doch: Heterosexualität vermindert Intelligenz! Die brauchen sogar Titten, wenn sie Seife oder Autos kaufen! Damit sie nicht vergessen, wie das aussieht.

  • Er war kein überragender Spieler, kann aber national und international solche Erfolge nachweisen, dass man ihn einfach kennen muss! Mit Hilfe seiner Freunde von „Zeit-online“ hat dieser

    „Scharfschütze“ ca. ein Jahr nach seinem Ende der sehr erfolgreichen Laufbahn zum genau richtigen Zeitpunkt nochmals einen fetten Schuss abgefeuert und sorgte damit in der Öffentlichkeit für mehr Aufsehen als für die nachhaltigsten Aktionen in seiner sportlichen Vergangenheit!

    Mit dem nachträglichen Outen seiner Homosexualität war Hitzelspergers Anliegen, bestimmt sich nicht unbedingt als erster (Ex-) Fußballer dazu bekennen zu wollen und zu äußern, sondern wollte einfach das schon jahrelang selbst miterlebte „Brodeln“ endlich zum Ausbruch bringen. Diese Art ist bekanntlich nur eine von verschiedenen sexuellen Orientierungen, die entsprechend ausgelebt werden können und irgendwann auch von allen Bevölkerungsschichten als Normalität Akzeptanz finden, obwohl es Niemanden etwas angeht! Dieser für bis in die Regierungsspitze für Aufsehen sorgende Meldung werden sich garantiert bald noch andere „Gleichgesinnte“ (auch noch Aktive(!) anschließen und zukünftig für völlig andere Szenen in den Stadien sorgen, an die sich die Zuschauer allerdings noch gewöhnen müssen……, dank "Hitz"!

  • A
    ama.dablam

    Tja, der unbeholfene DFB:„Im Profi-Bereich empfiehlt sich aus medialer Sicht ein offensives, geplantes Coming-out, welches im Idealfall im unmittelbaren Nachgang einer Saison platziert wird“, heißt es in einer Infobroschüre des Verbands. Bis zur neuen Saison hätte sich aufgrund der „medialen Halbwertszeit einer solchen Neuigkeit“ die Lage wieder beruhigt."

     

    Offensichtlich hat man wenigstens aus dem Schicksal der Nadja Drygalla gelernt, die erst geoutet und dann von medialen Hyänen gevierteilt wurde.