Hitze-Marathon in Tokio: Laufen wie in der Sauna
Die Kenianerin Peres Jepchirchir gewinnt bei der Leichtathletik-WM den umstrittenen Hitze-Marathon. Athletinnen klagten über die Bedingungen.
P eres Jepchirchir hatte noch Körner, wie man das im Sportreporter:innen-Sprech so sagt. In einem brutalen Kopf-an-Kopf-Rennen mit der äthiopischen Weltrekordhalterin Tigst Assefa war die kenianische Marathon-Olympiasiegerin bei der Leichtathletik-WM in Tokio arg in Bedrängnis geraten. Doch auf den letzten Metern hatte Peres Jepchirchir noch Luft für einen unglaublichen Sprint – und sicherte sich mit zwei Sekunden Vorsprung vor Assefa Marathon-WM-Gold.
Brutal waren allerdings auch die Bedingungen. In Japan herrscht der heißeste Sommer seit Beginn der Aufzeichnungen; wegen Tageshöchstwerten um die 30 Grad und extremer Luftfeuchtigkeit war der Marathon auf 7.30 Uhr morgens vorverlegt worden. Nach den Regeln von World Athletics gibt es bei Wettbewerben ab 25 Grad eine Hitzewarnung, ab 28 Grad eine dringende Warnung, und Wettbewerbe ab 30 Grad gelten als gesundheitsgefährdend.
Trotz der Vorverlegung herrschten beim Marathon Temperaturen über 30 Grad. Von Athletinnen gab es deutliche Kritik. „Völlig irre und absurd“ nannte etwa die österreichische Teilnehmerin Julia Mayer die Umstände. Sie habe seit April Lauftraining und Radfahrtraining in der Sauna betrieben, um die feuchte Hitze in Tokio durchhalten zu können. Mayer hatte einen Start deutlich vor 07.30 Uhr morgens gefordert, doch das war offenbar aus Planungsgründen nicht mehr möglich. „Ich laufe gerne, wenn es warm ist. Aber bei einer solchen Hitze werde ich nie mehr im Leben einen Marathon bestreiten.“
Häufige Kontroversen
Schlechter erging es der Australierin Vanessa Wilson. Diese war nach eigener Aussage „so benommen von der Hitze“, dass sie die Ziellinie nicht bemerkte. Trotz Stopp-Rufen des Stadionsprechers lief die entkräftete Athletin zunächst hinter der Ziellinie immer weiter, bis ein Helfer sie anhielt.
Kontroversen um Rekordhitze bei Marathons sind in Zeiten der eskalierenden Klimakrise fast täglich Brot. Immer wieder gibt es Aufregung um kollabierende Athlet:innen, Proteste gegen zu späte Startzeiten und bei Breitensportläufen hitzebedingte Todesfälle. Bei den Olympischen Spielen in Tokio wurde der Marathon gegen den Willen der Ausrichterstadt schließlich auf Druck des IOC nach Sapporo verlegt. Dort sind die Sommertemperaturen im Schnitt fünf bis sechs Grad kühler.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Soziologin über AfD
„Rechte Themen zu übernehmen, funktioniert nicht“
Attentat auf Charlie Kirk
Ein Spektakel der Gewalt
Die IG Metall und das Verbrenner-Aus
Gewerkschaft gegen Klimaziele
Aktivistin über Autos in der Stadt
„Wir müssen Verbote aussprechen“
Kommunalwahlen in Nordrhein-Westfalen
Alles guckt nach Gelsenkirchen
Gaza-Demo in Berlin
Und alle sind für Frieden