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KOLUMBIEN: „POLITISCHE ENTFÜHRUNGEN“ SIND NICHT HARMLOSHilfsprojekte als Kombattanten

Dem in Kolumbien entführten Deutschen Thomas Künzel und seinen beiden Mitopfern ist zu wünschen, dass sie nur als Überbringer einer Botschaft eingesetzt werden und bald wieder freikommen. Vermutlich will die Guerilla erreichen, dass die Kokaplantagen nicht mehr großflächig mit toxischen Chemikalien besprüht werden. Weil so auch die Bauern vergiftet werden, regte sich ohnehin bereits Opposition gegen dieses rabiate Vorgehen. Deswegen hat die Guerilla ihre Forderung geschickt ausgesucht und wirkt wie ein Öko-Trittbrettfahrer. Philanthropisch ist die Organisation aber deswegen nicht: Sie finanziert sich aus Drogenproduktion und -handel, stellt ein kriminelles Milieu dar und hat längst den Anspruch verloren, als Befreiungsbewegung betrachtet zu werden.

Nun sind Entführungen in Kolumbien an der Tagesordnung. Als „politischer Fall“ sind die drei Deutschen in einer glücklicheren Lage als die tausenden, die aus Repressionsgründen verschwinden oder nur gegen Zahlung eines Lösegeldes freigelassen werden. Dennoch müssen bei den vielen Hilfsorganisationen, die sich in Bürgerkriegsländern um die Verbesserung der Lage bemühen, jetzt die Alarmglocken schrillen. Denn Künzel, Mitarbeiter der Gesellschaft für Technische Zusammenarbeit (GTZ), ist damit befasst, Kokabauern zur Umstellung auf die Produktion organischen Kaffees zu bewegen. Das läuft den Drogeninteressen der Guerilla zuwider. Und weil die GTZ in Kolumbien gleich mit mehreren Projekten das Drogenproblem von der Angebotsseite her angeht, droht ihr, dass die Guerilla sie als Kombattanten betrachtet.

Rund um die Welt stehen Hilfsprojekte vor einem ähnlichen Problem: Entweder arbeiten sie in der politischen Nähe der Regierung oder ihrer Gegner. Vielfach bedeutet dies für die ausländischen Helfer: Teufel oder Beelzebub. Aber oft verstehen die Projektmanager es geschickt, hinter den Kulissen einen Separatfrieden mit den Kontrahenten für das eigene Vorhaben auszuhandeln – Einzelheiten werden wohlweislich verschwiegen. Meist sind Hilfsprojekte so angelegt, dass sie keiner Partei in die Quere kommen. Passiert dies wie in Kolumbien doch, wird es gefährlich. Die Entführung Künzels zeigt nicht nur, dass die Guerilla die GTZ als regierungsnah betrachtet, die Aktion weist auch auf einen ökonomischen Druck hin: Je erfolgreicher sowohl die Besprühung der Drogenplantagen als auch die Projekte der GTZ sind, umso eher droht die Guerilla die Rückwidmung der Kaffeefelder zu verlangen. DIETMAR BARTZ

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