Hilfe für Bootsflüchtlinge in Südostasien: Menschlichkeit ist stärker als Polizei
Fischer haben vor Indonesien Hunderte Menschen gerettet und versorgt. Damit widersetzten sie sich den Warnungen der Behörden.
BERLIN taz | In Indonesien und Malaysia mobilisieren Fischer und zivilgesellschaftliche Gruppen Hilfe für die Flüchtlinge aus Birma und Bangladesch, die in den letzten Tagen nach wochenlanger Odyssee per Schiff gekommen sind. Vor der Küste der indonesischen Provinz Aceh (Nordsumatra) haben in den letzten Tagen Fischer mit ihren Booten in selbst koordinierten Aktionen 1.350 auf dem Meer treibende Flüchtlinge gerettet und gegen den Willen der Behörden an Land gebracht. Fischerfamilien haben für ausgehungerte und erschöpfte Flüchtlinge gekocht und sie notversorgt, bevor Behörden und Hilfsorganisationen eingesprungen sind.
„Wir haben aus Solidarität geholfen. Wenn wir jemanden im Meer finden, müssen wir helfen, egal, um wen es sich handelt. Die Polizei wollte das nicht, aber unser Sinn für Humanität war einfach stärker“, sagte ein Fischer aus Langsa dem britischen Guardian.
Im benachbarten Malaysia sammeln Bürger Geld und Sachspenden für die Flüchtlinge, die letzte Woche auf der Insel Langkawi gelandet sind. Für Freitag rufen auf der Insel Penang Aktivisten zu einer Mahnwache für Flüchtlinge auf. In sozialen Netzwerken und Mailinglisten kursieren Petitionen an die Regierungen, Flüchtlinge nicht abzuweisen. Auch die Sozialaktivistin Marina Mahathir, Tochter des früheren Ministerpräsidenten Mahathir Mohamad und gelegentliche Regierungskritikerin, schaltete sich zugunsten der Flüchtlinge ein.
„Es ist sehr ermutigend, dass die Menschen in der Region großzügig auf die Boat People reagieren“, kommentierte die Sprecherin des Flüchtlingshilfswerks UNHCR in Bangkok, Vivian Tan. Thailand, Malaysia und Indonesien verweigern Flüchtlingsbooten das Anlaufen der jeweiligen Küsten und lassen die nur notversorgten Boote von der Marine oder Küstenwache wieder aufs offene Meer schleppen. Dort sollen noch mehrere tausend Flüchtlinge, die Schätzungen reichen von 5.000 bis 8.000, auf alten und überladenen Kuttern umhertreiben. Sie wurden meist von der Mannschaft verlassen, seit Thailand seit Anfang Mai stärker gegen Menschenschmuggler vorgeht.
Angst vor „treibenden Särgen“
Von einem Boot mit 300 Insassen, dass von den drei Staaten abgewiesen worden war, fehlt jede Spur. Die Vereinten Nationen warnen, Flüchtlingsboote könnten sich in „treibende Särge“ verwandeln. Nach Berichten von Überlebenden gab es auf Booten schon tödliche Kämpfe um zur Neige gehende Essenvorräte.
Das humanitäre Engagement der Fischer von Aceh ist umso erstaunlicher, weil dort die Behörden Berichten zufolge sogar per Lautsprecher die Menschen aufforderten, sich von den Flüchtlingen fernzuhalten. Sie könnten ansteckende Krankheiten haben.
Doch die Menschen setzten sich über die Ressentiments schürende Panikmache hinweg. „Die Fischer haben ein besseres Verständnis für die humanitäre Notlage als die Regierung“, sagt Andreas Harsono von Human Rights Watch in Jakarta. Er führt dies auf die Erfahrungen der Aceh-Bewohner mit der Not während des langen Bürgerkriegs und nach dem Tsunami Ende 2004 zurück.
Am Mittwoch hat der Leiter von Indonesiens zweitgrößter muslimischer Organisation die Regierung zur Aufnahme der in ihrer Heimat rechtlosen Rohingya-Flüchtlinge aus Birma aufgefordert. „Denn sie sind staatenlos und Muslime“, sagte Muhammadiyah-Chef Din Syamsuddin laut Jakarta Post. Als einzige Regierung der Region haben bisher die Philippinen angedeutet, bis zu 3.000 Flüchtlinge aufzunehmen. Neben Kambodscha haben die Philippinen als einziges Land Südostasiens die UN-Flüchtlingskonvention unterzeichnet.
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