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■ Heute nimmt der parlamentarische Untersuchungsausschuss zu Parteispenden und Waffenhandel seine Arbeit auf. Die FDP fordert nach den jüngsten CDU-Enthüllungen, auch unkorrekte Parteienfinanzierung zu prüfenJuliane muss auch kommen

Eigentlich hatte der parlamentarische Untersuchungsausschuss zur Spendenaffäre schon genug zu tun, als sich das Gremium Ende Dezember konstituierte. Nun aber, nach allem, was an illegalen Spendengeschäften der CDU in den vergangenen Tagen publik wurde, soll nach dem Willen der FDP der Auftrag erweitert werden: Statt nur der Frage nachzugehen, ob Entscheidungen der Regierung Kohl käuflich waren, wollen die Liberalen nun geprüft wissen, inwieweit gegen die Bestimmungen der Parteienfinanzierung verstoßen wurde. Das sei notwendig geworden, weil es nach allem, was zwischenzeitlich bekannt geworden sei, bei der CDU zahlreiche Verstöße gegen die Bestimmungen des Parteiengesetzes gegeben habe, sagte Ausschussmitglied Max Stadler (FDP). Er rechnet fest damit, dass die Koalition sein Anliegen unterstützt.

Denn der Ausschussvorsitzende Volker Neumann (SPD) hatte schon nach Bekanntwerden der Hessen-Affäre eine Ausweitung des Untersuchungsauftrages nicht mehr ausgeschlossen. Denn die Regierungskoalition will die ausländischen Schwarzkonten der hessischen CDU auf jeden Fall untersuchen und damit auch den Komplex rechtswidrige Parteienfinanzierung mit in die Untersuchungsarbeit aufnehmen. Eine Erweiterung des Auftrages muss das Parlament beschließen.

Der Untersuchungsausschuss endet auf jeden Fall mit dem Ende der Legislaturperiode. Doch aufgrund der Fülle des zu bearbeitenden Materials ist davon auszugehen, dass in der nächsten Legislaturperiode ein neuer Ausschuss eingerichtet wird, der die noch offenen Fragen des jetzt beginnenden Gremiums klären soll. Es sei „längst noch nicht alles geklärt“, sagte der parlamentarische Geschäftsführer der SPD-Fraktion, Wilhelm Schmidt, gestern. Die Aufklärung könne mehrere Jahre dauern. Es wurden zum Beispiel auch die Arbeit des Schalck-Untersuchungsausschusses und des Treuhandausschusses aus der 12. Legislaturperiode fortgesetzt. Das war der Ausschuss DDR-Vermögen, in dem die ersten Ungereimtheiten im Zusammenhang mit dem Verkauf der ostdeutschen Raffinerie Leuna an den französischen Mineralölkonzern Elf Aquitaine auftauchten.

Dieser Komplex spielt nun auch in dem neuen Untersuchungsausschuss neben der Millionenspende an den ehemaligen CDU-Schatzmeister Walther Leisler Kiep und zwei Flugzeug- und Hubschraubergeschäften mit Kanada und Thailand eine entscheidende Rolle. Die 15 Mitglieder und ihre 15 Stellvertreter sollen klären, ob im Zusammenhang mit diesem Verkauf Schmiergeldzahlungen geflossen sind. Die neuesten Ermittlungen der Genfer Staatsanwaltschaft ist für die Parlamentarier deswegen von größtem Interesse. Denn zur Zeit gibt es keine deutsche Staatsanwaltschaft, die in dem Bereich ermittelt.

Die Genfer Justiz hat nach Informationen der Berliner Zeitung im Zusammenhang mit dem Leuna-Verkauf ein Ermittlungsverfahren gegen den der Union nahe stehenden Geschäftsmann in Monaco, Dieter Holzer, wegen des Verdachts des Betrugs, der Urkundenfälschung und der Geldwäsche eröffnet. Der auch als Lobbyist tätige Holzer hatte bei dem Leunaverkauf zwischen der Kohl-Regierung und Elf Aquitaine vermittelt. Auch gegen frühere Elf-Manager laufen Verfahren. Der französische Mineralölkonzern tritt in dem Schweizer Verfahren als Nebenklägerin auf, weil das Unternehmen nach eigenen Angaben durch Betrügereien zu Zahlungen von rund 100 Millionen Mark bewogen wurde. Gut die Hälfe des Geldes sei bei Holzers Liechtensteiner Firma Delta International Establishment Vaduz gelandet.

Und mit ebendieser Firma, so ergaben es die Ermittlungen, hat die ehemalige Staatssekretärin im Verteidigungsministerium, Agnes Hürland-Büning, bereits im April 1991 einen Beratervertrag abgeschlossen. Die Ermittler bescheinigen der 1990 ausgeschiedenen Staatssekretärin, „regelmäßige berufliche Beziehungen“ mit Holzer gehabt zu haben. Im Januar 1992 fiel die Vergabeentscheidung für Leuna. Im Juli 1992 unterschrieb das Konsortium von Elf Aquitaine und Thyssen die Verträge. Die Genfer Ermittler haben auch herausgefunden, dass Hürland-Büning „zum Zeitpunkt des vorgeworfenen Tatbestandes mit bedeutenden Guthaben“ der Genfer Elf-Niederlassung – etwa einer bisher unbekannten Zahlung von 188.000 Mark am 10. März 1993 – ausgestattet worden sei. Im Frühjahr 1992 war sie schon für 8 Millionen Mark als Beraterin bei Thyssen verpflichtet worden, und auch im Dezember 1992 soll sie hohe Summen von der Genfer Elf-Niederlassung erhalten haben. Amiga-Agnes soll als Zeugin vor dem Untersuchungsausschuss gehört werden. Da gegen sie bisher kein Ermittlungsverfahren läuft, kann sie sich nicht wie andere Zeugen – etwa Helmut Kohl – auf ein Aussageverweigerungsrecht berufen. Karin Nink, Berlin

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