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Hessens Ministerpräsident und die PresseBouffiers Presseboykott

Einst berichtete die „Frankfurter Rundschau“ über einen Prozess gegen Volker Bouffiers Neffen. Seitdem gibt er dem Blatt kein Interview mehr.

Hessen findet Volker Bouffier stark, die „Frankfurter Rundschau“ eher nicht so Foto: reuters

Frankfurt am Main und Wiesbaden taz | Der hessische Ministerpräsident Volker Bouffier (CDU), der sich bei der Landtagswahl am kommenden Sonntag um seine Wiederwahl bewirbt, gibt eigentlich gerne Interviews. Sein Chef genieße es, Journalisten „einmal so richtig zu sagen, wo es lang geht“, sagte einst einer seiner engsten Mitarbeiter. Im Wahlkampf hat Bouffier auch Dutzende Interviews gegeben, Fernsehstationen, Radiojournalisten, überregionalen und regionalen Zeitungen. Allein der linksliberalen Frankfurter Rundschau (FR), eine der wichtigsten Zeitungen in Hessen, gibt der Ministerpräsident regelmäßig einen Korb.

Diesen Boykott machten SPD und Linke zum Thema im Hessischen Landtag. Ein Ministerpräsident, dem die Pressefreiheit ein Anliegen sei, müsse auch einer kritischen Zeitung Rede und Antwort stehen, so argumentierten die Oppositionsparteien. Bouffier verteidigte seine Weigerung. Wenn sich eine Zeitung kritisch mit seiner Politik auseinandersetze, sei das in Ordnung, sagte der Ministerpräsident in der Parlamentsdebatte im August: „Ich werde es aber niemals akzeptieren, dass die FR Kinder und Jugendliche meiner Familie an den Pranger gestellt hat, auf ewig, denn das Netz vergisst nie!“

Mit dieser Begründung erinnerte Bouffier unfreiwillig an eine Geschichte, die er eigentlich vergessen machen will. Vor mehr als sieben Jahren hatten sich drei seiner Neffen vor dem Gießener Amtsgericht verantworten müssen. Der Vorwurf: schwere Körperverletzung. Zusammen mit drei anderen jungen Männern waren sie in Gießen vor dem Tanzlokal „Alpenmax“ in eine Schlägerei verwickelt gewesen.

Barhocker, Flaschen und eine Tisch seien zum Einsatz gekommen, hieß es in der Anklageschrift. Es gab Verletzte, der Hauptangeklagte war einer von Bouffiers Neffen. Doch die Staatsanwaltschaft machte überraschend kurzen Prozess. Noch vor Verlesung der Anklageschrift wurde das Verfahren, ursprünglich auf drei Verhandlungstage terminiert, ohne Sanktionen eingestellt.

Frage nach dem Bouffier Clan

Die FR berichtete darüber mit der Überschrift „Bouffiers böse Neffen“. Der Hauptangeklagte sei ja zuvor wegen einer anderen Schlägerei zu einer Bewährungsstrafe verurteilt worden, erklärte später eine Gerichtssprecherin; es sei ein normaler Vorgang, dass dieses zweite Verfahren eingestellt worden sei, zitierte die FR die Sprecherin; mit der prominenten Verwandtschaft habe das nichts zu tun. Die FR erlaubte sich damals die Frage, ob Bouffiers „Clan“ in Gießen möglicherweise unter einem besonderen Schutz stehe. Das nimmt der hessische Regierungschef ihnen seither übel. Im Landtag sagte er: „Ich verweise niemanden des Saales, wenn er seiner journalistischen Arbeit nachgeht. Von mir kann aber niemand verlangen, dass ich ein solches Verhalten auch noch dadurch würdige, dass ich persönliche Interviews gebe.“

Auf Anfrage der taz, ob der Interviewboykott auf ewig gelte, verwies Regierungssprecher Michael Bußer auf Bouffiers Erklärung vor dem Landtag. Die Staatskanzlei richte sich nach den Informationspflichten und dem Grundsatz der Transparenz; Anfragen der FR würden selbstverständlich beantwortet. Es werde allerdings von Fall zu Fall entschieden, „welche Exklusivinterviews der Ministerpräsident gibt und welche TV-Formate er wahrnimmt“-

Der Autor des FR-Artikels ist Matthias Thieme, mittlerweile Chefredakteur der Frankfurter Neuen Presse (FNP). FNP und FR gehören seit einem Jahr der Verlegerfamilie Rempel und dem Großverleger Ippen. Die Verlagsgruppe, in der auch zahlreiche andere Lokalzeitungen kooperieren, gibt in weiten Teilen Hessens den Ton an. Auf die Frage, ob Bouffier seinen streitbaren Boykott ausweiten möchte, gab es keine Antwort.

Jürgen Bothner, Landesbezirksleiter der Gewerkschaft Verdi, hat Verständnis dafür, dass sich Bouffier gelegentlich über die Berichterstattung ärgere, erklärte der Gewerkschafter, der eine große Anzahl von JournalistInnen in Tarifverhandlungen vertritt. Gegenüber der taz sagt er: „Was ich nicht verstehe, ist ein seit sechs Jahren währender offener Interviewboykott der FR. Sie ist nicht irgendeine Zeitung. Das geht zu weit. Wie groß der Ärger auch immer war.“

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5 Kommentare

 / 
  • 9G
    91672 (Profil gelöscht)

    Und Bouffier soll auch gesagt haben, erstens gebe er erst wieder Interviews, wenn er seine Zähne frisch machen habe lassen und außerdem sei es unklug, wenn er jetzt vor der Wahl was sage, was er dann nach der Wahl sowieso nicht tun wolle. Man würde das ja wieder ihm anlasten.



    Und er wolle nach der Wahl nur das machen, was ihm und seinen Kumpels gerade Spaß mache. Ein echter CDU-ler eben.

  • Ich mag Bouffier.

    Er ist für mich der Inbegriff des gemütlichen selbstbewussten Dikta,häm Raubt,häm Politikers mit dem man trinken könnte. Egal was: Bier Äpelwoi, Korn…

    Der hat das Format eines Trumps für Harzt IV.

    Dass er seinen Neffen vor Justiz und Presse schützt, und zwar jahrelang nach der Rauferei, zeigt wie er treu Familie und Sippe ist. Groll und Ressentiments werden mit Schweigen quittiert. Das ist ehrenhaft, besonders wenn man weiß, wie gern er sonst von sich oder über andere spricht.

    Seine Gegner frohlocken, dass er schweigt und weniger Unsinn von sich gibt, in die Großschüssel der Politik. Dieselben juchzten damals mit Roland Kochs Abgang.

    Wie auch immer, Bouffier ist ein notwendiger Parasit, wie Efeu für die Eiche.



    Auch der Efeu gibt der FR kein Interview.

  • Vermutlich sehe ich das falsch, aber wenn die Staatskanzlei die Anfragen der FR genauso behandelt wie die anderer Zeitungen, kann man schlecht von drohender Entmachtung unliebsamer Zeitungen sprechen. Wenn Volker Bouvier aus persönlichen Gründen der FR keine Interviews geben will, finde ich das OK.



    Obwohl ich den Anlaß peinlich finde und sicher kein Freund seiner politischen Positionen bin. Ich stelle mir vor, ich wäre Ministerpräsident und Julian Reichelt würde anfragen...

    • @pitpit pat:

      Klar - Alles geht.



      &



      Keiner kriegt‘s hin - Gelle.

      unterm—-nochens



      Nachsichtbrille&Fiktion



      = Eine selten glückliche Mischung.



      Normal.

  • Ja wie*¿* - Bouffie‘ - Mach Bosse.

    Is doch eh eher eins deiner läßlichen Eigentore - Gelle.



    & Filzig - aber Hallo - hm! oder



    Gibt’s in GI - Familienmitglieder - die nicht irgendwo den Sessel puupen*¿*



    &



    Zu allem mal die Langlattenversion - abreiten.



    de.wikipedia.org/wiki/Volker_Bouffier



    Jaa - Da brauchste Sitzfleisch. Da kommt echt was zusammen.



    KerleKerle.

    unterm—— FR*!* - Ja - das waren noch Zeiten.



    Für die - bin ich mal aufgestanden. Gelle.



    HS 113 - Altes Audimax inner Landgrafen.



    BGB AT - Prof. Ernst Wolf - (“Vorl. nicht anerkannt.“;)



    Mitten im Satz - “Sie stehen jetzt auf. Sie gehen jetzt raus!“



    ???? “Nein - Nicht Sie! - Sie! Mit der Brille!“



    Was sollteste mit -3,75 anders machen - wa!



    “Nein - Nicht Sie! Sie!“ Nu. Ahls wigger - hingesetzt.



    Der mal auf die FR geschielte - Deliquent ging!



    &Däh!



    (Vorlesungssprengung - mit FAZ - auch klar! Ein kluger Kopf…



    Politclown Nolle - “Wolf schreibt immer noch Scheiße“*



    In der ersten Reihe gefläzt. Coleriker Ernst Wolf - Stuhl ging hoch.



    Ja. Er schlug eine gefährliche Klinge. (gern auch mehrfach&genderneutral!;(



    & Boufie & Greenwash - kl. wahltaktischer Auszug



    “Am 29. März 2007 forderte der Bündnis 90/Die Grünen-Abgeordnete Tarek Al-Wazir den Rücktritt Bouffiers als Innenminister,[31] weil dieser sich weigerte, Stellung zu den rechtsradikalen Umtrieben der Personenschützer von Michel Friedman zu beziehen.[32] Weil Bouffier im Juli 2009 seinen Parteifreund und damaligen Vizepräsidenten des Polizeipräsidiums Mittelhessen Hans Langecker ohne vorheriges Auswahlverfahren zum Präsidenten der hessischen Bereitschaftspolizei ernannte, forderte die SPD im März 2010 Bouffiers Rücktritt. Ein Mitbewerber für das Amt hatte zuvor beim Hessischen Verwaltungsgerichtshof das Auswahlverfahren angefochten und Recht bekommen.“ wiki - the very very whole - look up - please!;)(

    Tja - Mach was. Gelle - & Mal op gau plattdütsch



    “Wat wiss maaken - Shitts ins Bett - Shitts ins Laaken!“



    Liggers. Normal.

    Na Mahlzeit