Hessens FDP-Chef über SPD-Mann: "Mit Schäfer-Gümbel kann man reden"
Die hessische FDP will trotz Sympathie für den SPD-Spitzenkandidaten mit der CDU koalieren, sagt der Liberalen-Chef Hahn.
taz: Herr Hahn, vor kurzem sagten Sie, der SPD-Spitzenkandidat Thorsten Schäfer-Gümbel sei "einer, mit dem man reden kann". Auch über eine Ampelkoalition, falls die CDU schwächelt?
Jörg-Uwe Hahn: Im Unterschied zu seiner Vorgängerin ist Herr Schäfer-Gümbel ein Mensch, mit dem man immer reden kann. Er sucht und verträgt das offene Wort unter vier Augen. Das ist aber noch lange keine Grundlage für eine Koalition.
Schäfer-Gümbel redet viel weniger über regenerative Energien als Andrea Ypsilanti, umso mehr von Bildung und Wirtschaft. Kommen Sie einander da nicht näher als vor einem Jahr, als AmpelVerhandlungen scheiterten?
Damals träumte Frau Ypsilanti wahrscheinlich nicht einmal nachts von einer Ampelkoalition. Bei Herrn Schäfer-Gümbel ist das schon anders. Trotzdem: Bei der Wahl geht es um die Entscheidung zwischen einer CDU-FDP-Koalition und einem Bündnis aus Rot-Rot-Grün. Beispielsweise beim Ausbau des Rhein-Main-Flughafens und der Bildungspolitik ist die SPD meilenweit von unseren Vorstellungen entfernt. Sie will das gemeinsame Lernen bis zur 10. Klasse, wir nicht.
Ihre Partei hat sich gegen Ihren Willen für ein gebührenfreies Erststudium ausgesprochen. Können Sie das in einer Koalition mit der CDU durchhalten?
Es wird in der nächsten Legislaturperiode im Hessischen Landtag keine Studiengebühren für das Erststudium geben. Fertig, aus. Die CDU hat ja vor kurzem einen ganz ähnlichen Beschluss gefasst.
Die FDP ist für ein verbindliches Vorschuljahr für Fünfjährige, die CDU dagegen. Wie könnte eine Einigung aussehen?
Das wäre ein zentraler Punkt bei Koalitionsverhandlungen. Das Zuckerbrot der Freiwilligkeit reicht bei Deutschkursen offenbar nicht, die Peitsche der Verbindlichkeit muss her. Einen Kompromiss sehe ich da nicht. Wir sind wild entschlossen, das durchzusetzen.
Die FDP will - wie bereits bis 2003 - den Wirtschafts- und Verkehrsminister stellen. Was kann das kleine Hessen gegen die globale Wirtschaftskrise tun?
Das ist ein weites Feld. Beim Ausbau von Straßen und öffentlichem Nahverkehr ist bei der bisherigen Regierung viel liegen geblieben. Wir wollen zunächst eine Bestandsaufnahme der Planungen aller Straßenbauprojekte in Hessen. Dann soll der Etat von derzeit 100 auf 300 Millionen Euro erhöht werden. Außerdem brauchen wir endlich eine zentrale Anlaufstelle zur Wirtschaftsförderung. Und nach knapp zehn Jahren CDU-Alleinregierung stockt immer noch der Technologietransfer zwischen Universitäten und mittelständischen Unternehmen.
Das wird dauern.
Muss es nicht. Dieses Kompetenz-Durcheinander wollen wir noch in diesem Jahr abschaffen. Hinzu kommt ein Landeskonjunkturprogramm in Höhe von 1,7 Milliarden Euro zum Ausbau von Schulen und für den Straßenbau. Das ist mit der CDU bereits abgesprochen.
Dieses Jahr mussten Roland Koch und Sie Ihren traditionellen gemeinsamen Winterurlaub absagen. Holen Sie den nach dem Wahlkampf nach?
Es war weder vor der Wahl noch für die Zeit danach ein gemeinsamer Urlaub geplant.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!