: Herztöne von der Industriebrache
■ Neues Unternehmen will künstliche Ersatzherzen weltweit vermarkten. Focus Mediport als Zentrum für Medizintechnik
Die Entwicklung des „neuen Antriebssystems“ wird rund zwölf Millionen Mark kosten. „Wir arbeiten an längerer Lebensdauer, höherem Wirkungsgrad und geringeren Kosten“, sagt Professor Roland Hetzer. Der Mann ist nicht Maschinenbauer, sondern einer der weltweit bekanntesten Herzchirurgen. Er preist nicht den Autoantrieb der Zukunft, sondern ein Ersatzteil für den menschlichen Körper: das „vollimplantierbare Kunstherz“.
Gestern wurde die Gründung der Firma Kardiotechnik GmbH bekanntgegeben, die eine neue Generation künstlicher Pumpen für Herzkranke zur Serienreife bringen will. Sein Domizil hat der Betrieb mit zunächst 15 ForscherInnen im „Focus Mediport“ des Immobilienunternehmers Hans Karl Herr am Steglitzer Hafen. Das jetzt eröffnete Gründerzentrum soll neuen und kleinen Unternehmen der Medizintechnik helfen, ihre Produkte zu entwickeln und zu verkaufen.
Die heutigen Kunstherzen können meist nur dazu dienen, die PatientInnen einige Monate am Leben zu erhalten, bis ein menschliches Ersatzherz zur Transplantation gefunden ist. Der Apparat im Körper ist durch Kabel mit einem Maschinenschrank verbunden, die Bewegungsfreiheit der Herzkranken deshalb sehr eingeschränkt. Das soll sich in ein paar Jahren ändern: Man versucht Antrieb und Energieversorgung im Körper unterzubringen. Als wichtigstes Element gilt die verkleinerte und zuverlässigere Blutpumpe, die aber noch einiger Entwicklungsarbeit bedarf.
30 Prozent der Gesellschafteranteile der Kardiotechnik GmbH hält das Deutsche Herzzentrum Berlin, dem Transplanteur Hetzer als Ärtzlicher Direktor vorsteht. Die Klinik kümmert sich mit der Betriebsgründung darum, aus der Verwertung ihrer wissenschaftlichen Ergebnisse Geld zu machen. Das neue Kunstherz, so Roland Hetzer, werde auf dem Markt für Medizintechnik gut im Rennen liegen und weltweit Käufer finden.
Die übrigen 70 Prozent des Kapitals stammen von dem Immobilienunternehmer Hans Karl Herr, der nach eigenen Angaben rund zehn Millionen Mark in die Entwicklung neuer Medizinprodukte investiert. Das Geld kommt nicht nur aus Herrs Kassen: Er sammelt zusätzlich privates Risikokapital, um seinen Focus Mediport auf dem ehemaligen Gelände der brankrotten Berthold Druckmaschinen-Fabrik in die Gewinnzone zu bringen. Damit setzt sich der Unternehmer von den gängigen Strategien der Immobilienentwicklung ab. Er kauft nicht nur alte Industrieflächen, um sie mit Büros zu füllen, sondern schafft Arbeitsplätze in Forschung und Produktion. Hannes Koch
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen