Hertha BSC mit neuem Trainer: Eine Lösung mit klein wenig Pep
Die Zeit von Pál Dárdai ist vorbei. Ante Čović wird neuer Trainer bei Hertha BSC. Ein Wochenkommentar.
Gibt es eigentlich irgendein Wort dafür, wenn jemand dumm stürzt und dann optimal landet? Nein? Aber schön wäre es, und auf Hertha BSC würde es nämlich zutreffen. In der Zeit nach der Verkündigung, dass Pál Dárdai in der nächsten Saison nicht mehr Trainer des Bundesligisten sein soll, hatte Hertha zunächst recht naive Fehler gemacht bei der Suche nach einem neuen Trainer.
Vor allem wollten Manager Michael Preetz und seine Berliner einen großen, strahlenden Namen an die Spree zerren: Wenig Konzept war dahinter erkennbar, jeden Tag hörte man einen anderen Namen, David Wagner, André Villas-Boas, Jürgen Klinsmann. Der Klub fing sich Absagen ein und lavierte herum. Die umworbenen Trainer sahen offenbar, was das Management qua seines Amts nicht erkennen will: Wie begrenzt Herthas Potenzial trotz der starken Jugendarbeit ist.
Vermutlich ist Hertha nicht mal ein Verein, bei dem das Konzept Startrainer heute funktionieren würde. Etwas lustig wurde es dann, als Preetz nun am Wochenende den eigenen U23-Coach Ante Čović als Dárdai-Nachfolger nannte, „nach intensiver Prüfung verschiedenster Kandidaten“. Čović dürfte in Wahrheit eher dritte oder vierte Wahl gewesen sein. Der treue Pál Dárdai war nicht mehr groß genug für Herthas Ambitionen, und statt eines internationalen Supertrainers musste Hertha nun den eigenen Nachwuchscoach als neuen Mann präsentieren.
Aber gerade diese Lösung steht Hertha gar nicht schlecht. Das Konzept wirkt konsistenter, als es vermutlich anfangs geplant war.
Ante Čović teilt einige Eigenschaften mit Pál Dárdai. Ebenfalls ehemaliger Hertha-Profi, auch seit zig Jahren im Verein, auch Jugendtrainer ohne Erfahrung im Profifußball: regional, bodenständig, ein Nachwuchsförderer, ein Kumpeltyp. Hertha ist mit diesem Prinzip gut gefahren, der Verein entwickelt eine eigene Linie. Dabei muss man die Parallelen nicht überbewerten.
Ein Dárdai 2.0 ist Čović wohl nicht, eher der Typ Tetrapak: die Verpackung ähnlich, der Inhalt anders. Von der Spielauffassung soll der gebürtige Berliner von Dárdai weit entfernt sein, wenn man die Aussagen der Spieler, die mal von ihm trainiert wurden, deutet. „Erfrischender Offensivfußball“ wird ihm nachgesagt, viel Wert auf Passspiel und auf schöne Kombinationen soll er legen. Ein Ballbesitz-Coach, mehrere Kicker wollten gar einen Einfluss von Pep Guardiola wahrgenommen haben.
Das ist wahrscheinlich dann doch etwas zu euphorisch, aber wenn auch nur ein Teil davon stimmt, hat Hertha sinnvoll gewählt. Eine Weiterentwicklung des Dárdai’schen Beton-Konterfußballs war überfällig. Im Idealfall kommt also mit Ante Čović einer, der Stallgeruch kann und Nachwuchsarbeit, aber deutlich mehr spielerische Ambitionen hat als sein Vorgänger.
Und wenn es nichts wird, war es ein Fehler, der immerhin nicht viel kostet.
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