Havarie der "Costa Concordia": Der gefällige Kreuzfahrt-Kapitän
Francesco Schettino wird in die Geschichte der Seefahrt eingehen: Als Kommandant, der vor, während und nach dem Unglück so ziemlich alles falsch gemacht hat.
ROM taz | Bis zuletzt habe er korrekt gehandelt, sagte Kapitän Francesco Schettino unmittelbar nach dem Kentern der Costa Concordia. "Wir waren die letzten, die das Schiff verließen," behauptete er kühn. Doch der 52-Jährige wird wohl in die Geschichte der Seefahrt eingehen als ein Kommandant, der vor, während und nach dem Unglück so ziemlich alles falsch gemacht hat, was falsch zu machen war.
Dabei fehlte Schettino vor allem eins nicht: Erfahrung. Er stammt aus Sorrent an der Amalfiküste, seine Mutter gehört zur Familie der Cafiero – einer in Neapel seit Generationen bekannten Reedersfamilie. Seit mittlerweile elf Jahren war Schettino Chef auf den Kommandobrücken der Costa-Kreuzfahrtriesen.
Vorher hatte er für die große italienische Fährgesellschaft Tirrenia gearbeitet, dann war er Kapitän auf den Erdöltankern der AGIP, ehe er schließlich mit dem Job bei Costa Crociere die höchste Sprosse auf der Kapitäns-Karriereleiter erklomm.
Feiges Verhalten
In der Unglücksnacht am Freitag aber zeigte sich Schettino völlig überfordert. Erst waghalsig und draufgängerisch, dann kopflos und zaudernd, am Ende schließlich war sein Verhalten feige. Nur 150 Meter von der Küste entfernt sei die Costa Concordia der Isola del Giglio vorbeigefahren, stellte der ermittelnde Staatsanwalt fest.
Das soll der Kapitan mit voller Absicht getan haben, berichtet die Zeitung Corriere della Sera, um dem Oberkellner Antonello Tievoli einen Gefallen zu tun. Der hatte eigentlich frei, musste aber wegen Personalproblemen an Bord bleiben.
Um ihm eine Freude zu machen, habe der Kapitän den Kellner auf die Kommandobrücke gerufen. "Antonello, schau mal, wir sind ganz nahe an deinem Giglio", habe er zu dem Kellner gesagt, zitierte das Blatt Zeugen. Daraufhin habe Tievoli gewarnt: "Vorsicht, wir sind extrem nahe am Ufer." Unmittelbar darauf lief das Schiff auf Felsen auf.
Danach ließ Schettino der Katastrophe ihren Lauf. Dann mussten erst Passagiere vom Schiff aus die Polizei anrufen, musste die Küstenwache den Kapitän förmlich beknien, ehe der einen Alarmruf absetzte. Aus seiner Sicht hatte das Schiff bloß ein "kleines Problem".
Auch die Evakuierung musste ihm schließlich von der Küstenwache befohlen werden – gut eine Stunde, nachdem die Katastrophe ihren Lauf genommen hatte. Dann aber konnte es Schettino nicht schnell genug gehen. Schon um Mitternacht saß er selbst in einer Schaluppe. Auf Nachfrage der Hafenkapitanerie, wieviele Menschen noch an Bord seien, sprach er von 200-300 – in Wirklichkeit wares es noch rund 4000 Personen.
Die Aufforderung, umgehend an Bord zurückzukehren, ignorierte er; er koordiniere die Rettungsmaßnahmen "von der Schaluppe aus", war seine Antwort. Deshalb sitzt Schettino jetzt in Haft.
40.000 mal Danke!
40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Tabubruch der CDU
Einst eine Partei mit Werten
Jugendliche in Deutschland
Rechtssein zum Dazugehören
Jens Bisky über historische Vergleiche
Wie Weimar ist die Gegenwart?
Denkwürdige Sicherheitskonferenz
Europa braucht jetzt Alternativen zu den USA
Mitarbeiter des Monats
Wenn’s gut werden muss
Krieg und Rüstung
Klingelnde Kassen