Haushaltsloch: Haushalten kommt später
7,7 Milliarden Euro fehlen in den kommenden vier Jahren im Hamburger Haushalt. Finanzsenator Freytag (CDU) plant Schuldenaufnahme in Rekordhöhe.
Jetzt ist es amtlich: Hamburg steht vor der höchsten Neuverschuldung seiner Geschichte. Die Hansestadt wird zwischen 2009 und 2013 sechs Milliarden Euro Neu-Schulden aufnehmen. Das teilte Finanzsenator Michael Freytag (CDU) am Dienstag mit.
Ausgelöst wird das tiefste Haushaltsloch der Hamburger Geschichte durch krisenbedingte Steuereinbrüche. Die fehlenden Milliarden will der Senat allein durch neue Kredite ausgleichen. "Ein radikales Sparprogramm würde die Konjunktur noch mehr abwürgen und weitere Privatisierungen die Steuerungsmöglichkeiten der Stadt zu stark einengen", verwirft Freytag die Alternativen.
Stattdessen beschloss die schwarz-grüne Landesregierung eine "Anpassung" des laufenden Doppelhaushaltes, wonach noch 2009 1,67 Milliarden und 2010 gar 1,85 Milliarden frische Kredite aufgenommen werden sollen. Für diesen Zeitraum habe der Senat auch eine "Störung des gesamtwirtschaftlichen Gleichgewichts" erklärt - nur in diesem Fall darf die Neuverschuldung die Investitionen übersteigen.
Rund 8,6 Milliarden Euro betrug der Haushalt im Jahr 2008.
Verantwortlich für das Finanzloch sind vor allem Ausfälle bei der Lohn- und Einkommens- und Körperschaftssteuer.
Eine Störung des gesamtwirtschaftlichen Gleichgewichts in Hamburg erklärte zuletzt Bürgermeister Klaus von Dohnanyi.
Über Neuschulden finanziert der Haushalt von 2010 (10,7 Milliarden Euro) sich zu 17 Prozent.
In den auf 2010 folgenden drei Jahren ist eine jährliche Neuverschuldung von jeweils knapp 900 Millionen Euro geplant, zudem sollen städtische Rücklagen in der Gesamthöhe von 1,7 Milliarden Euro aufgelöst werden. Dass damit das Ende der Fahnenstange erreicht sei, mag Freytag nicht versprechen - es gebe in den kommenden Jahren viele Unwägbarkeiten.
Nach den Senats-Plänen sollen die durch die Kreditaufnahme neu anfallenden Zinsen schon in den nächsten Haushalten eingespart werden: 2010 müssen 82 Millionen Euro, danach 150 Millionen und 2012 sogar 260 Millionen aus den Haushalten herausgeschnitten werden. "Das bedeutet: Alle müssen sparen", sagt Freytag. Die Kürzungsvorschläge sollen Ende Oktober auf seinem Schreibtisch liegen. Zudem plant der Senat eine "Tilgungsautomatik", nach der bei einem Anspringen der Konjunktur jährlich mindestens 100 Millionen Euro der Neuschulden zurückgezahlt werden müssten.
Für die SPD ist die angekündigte Rekordverschuldung ein neuerlicher Beweis dafür, dass "Finanzsenator Freytag nicht sparen kann". Dass Freytag "mehr Schulden aufnehme als notwendig", sei "eine große Belastung folgender Generationen", monierte Finanzexperte Peter Tschentscher. Statt immer neue Schulden zu machen, müssten "die laufenden Ausgaben der Behörden effektiv begrenzt" und die "Einnahmeseite stabilisiert" werden, etwa durch die konsequentere Steuerprüfung bei Großunternehmen.
Die Linkspartei begrüßte, dass keine radikalen Sparmaßnahmen und keine Privatisierungsoffensive geplant seien, kritisierte aber, dass Hamburg kaum Impulse setze, um die Wirtschaftskrise abzumildern und die regionale Ökonomie zu stärken.
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