Haushaltsberatungen in Hamburg: Zeche-Zahler gesucht

Die Bürgerschaft debattiert über einen Doppelhaushalt mit Rekordverschuldung. SPD, Grüne und Linke wollen die Reichen zur Kasse bitten.

Das Hamburger Rathaus spiegelt sich in einer Pfütze

Hamburger Rathaus: Draußen eklig schneeartiger Regen, drinnen Debatte über so viel Schulden wie nie Foto: Ulrich Perrey/dpa

HAMBURG taz | Der Blick geht nach vorn. Zum Auftakt der Beratungen des Hamburger Doppelhaushalts 2021/2022 nahmen der rot-grüne Senat und die Abgeordneten der Fraktionen in der Bürgerschaft nicht nur die kommenden zwei Jahre, sondern auch die Zeit danach in den Blick: die Zeit, in der die Coronaschulden getilgt werden müssen. Dabei sprachen sich Sozialdemokraten, Grüne und Linke einheitlich – wenn auch unterschiedlich kämpferisch – für eine stärkere Besteuerung großer Vermögen aus, um die Schuldenlast zu schultern.

Im kommenden Jahr sind nach dem vom Senat vorgelegten Haushaltsentwurf Rekordausgaben in Höhe von 18,1 Milliarden Euro vorgesehen, im Jahr danach dann 17,6 Milliarden. Der Rekordhaushalt soll mit Rekordschulden in Höhe von insgesamt 4,1 Milliarden Euro finanziert werden. Im kommenden Jahr ist eine Kreditaufnahme über 2,43 Milliarden Euro geplant, im Jahr 2022 sollen es noch einmal 1,67 Milliarden sein. Prognostizierte 4,5 Milliarden Euro coronabedingte Mindereinnahmen machen diese Kreditaufnahme notwendig.

Im Prinzip tragen alle Fraktionen die von Finanzsenator An­dreas Dressel (SPD) am Mittwoch noch einmal ausgegebene Devise mit: „Nicht in die Krise hineinzusparen, sondern Impulse zu setzen, die Krise zu überwinden.“ Allerdings mit deutlichen Unterschieden.

Die Linke würde gerne mehr Geld ausgeben und die zeitweilig ausgesetzte Schuldenbremse ganz in die Tonne treten. „Mehr Hilfen für Solo-Selbstständige, Flüchtlinge und Obdachlose in der Krise“, forderte etwa der Linken-Abgeordnete David Stoop. Sein Fraktionskollege Norbert Hackbusch machte darauf aufmerksam, dass die sogenannte „Armutsgefährdungsquote“ in Hamburg in Coronazeiten noch einmal „kräftig gestiegen“ sei.

Die FDP will sparen, die Linke noch mehr ausgeben

Die Gegenposition vertrat die FDP-Solo-Abgeordnete Anna von Treuenfels, die vom Senat forderte, „alle Ausgaben auf ihre Notwendigkeit hin zu überprüfen, um die Neuverschuldung zu begrenzen“. Wie die CDU mokierte sich auch von Treuenfels darüber, dass neue Fahrradwege angeblich aus zweckgebundenen Coronakrediten finanziert werden.

Zudem forderte die Liberale, mit der Tilgung der Coronaschulden schon 2023 statt erst 2025 zu beginnen und sich dafür nicht wie geplant 20, sondern nur 15 Jahre Zeit zu nehmen.

Das würde die Konjunktur abwürgen, warnte der Grünen-Abgeordnete Dennis Paustian-Dö­scher und sprach daher von „unverantwortlichen Vorschlägen“. Dass aufgrund der pandemiebedingten Neuverschuldung „die nächste Kürzungsdebatte bereits in Sicht sei“, mochte auch der Finanzsenator nicht zurückweisen. Dressel räumte ein, dass der finanzielle „Handlungsrahmen ab 2025 begrenzt“ sei.

Anders als die Linke stehen die übrigen Bürgerschaftsparteien zur Schuldenbremse. Die Linken ziehen aber zumindest teilweise mit, wenn sie eine „Vermögensabgabe auf Bundesebene“ für die Reichen und Superreichen und den „Mut zur Umverteilung“ fordern.

Zur Kasse gebeten werden müssten diejenigen, die durch die Pandemie „reicher geworden sind“, fordert auch der Grüne Paustian-Döscher, der sich für „eine Vermögensabgabe und eine Digitalsteuer“ einsetzt. Und selbst der SPD-Finanzexperte Milan Pein will „große Vermögen zur Bewältigung der Krise heranziehen“. Droht da gar eine neue Volksfront?

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