Hauseigentümer gegen Florian Schmidt: Was er alles nicht sagen darf
Der Eigentümer eines Hauses mit Brandschaden in der Graefestraße in Kreuzberg will keine Kritik vom Stadtrat hören. Dabei gibt es für diese guten Grund.
Einige Mieter:innen haben inzwischen aufgegeben, anderen wurde der Mietvertrag aufgelöst. Hier berief sich der Vermieter auf die sogenannte Opfergrenze und behauptete, die Sanierungskosten überstiegen die zu erwartenden Mieteinnahmen. Einige Betroffene klagen dagegen, doch die Zahl der Mieter:innen, die noch hoffen, einmal in ihre sanierten Wohnungen zurückkehren zu können, wird kleiner.
Man könnte daher darauf kommen, dass die als GbR organisierte Münchener Privateigentümerfamilie Menne die Sanierung des Hauses nur „sehr langsam“ ausführe. Vermutlich könnte von einer „Verzögerungstaktik“ ausgegangen werden, mit der „Mieter:innen mürbe gemacht und zur Kündigung getrieben werden sollen“. Möglicherweise liegt sogar der Verdacht nahe, es handele sich um ein „extremes Beispiel für Spekulationen“.
Die betroffenen Mieter:innen äußern diesen Verdacht seit jeher; eine der Parteien bekräftigte dies auch am Donnerstag in einem Gespräch mit der taz. In dieser Bewertung stehen sie nicht alleine da: Die Zitate stammen von Friedrichshain-Kreuzbergs Baustadtrat Florian Schmidt (Grüne).
Gericht für die Eigentümer
Wiederholen darf er sie vorerst nicht. Denn die Eigentümer zeigten sich im Versuch, ihm diese Aussagen zu untersagen, von ihrer schnellen Seite, ebenso wie bei einer kürzlich durchgeführten Sanierung einer freien Wohnung im Seitenflügel, die in wenigen Wochen abgeschlossen war.
Nach dem letzten taz-Text zu dieser Causa Mitte Juli, in dem Schmidt mit einigen der beanstandeten Aussagen zitiert wurde, dauerte es nun also nur anderthalb Monate, bis die Eigentümer in einem Eilverfahren vor dem Verwaltungsgericht Schmidt – und damit dem Bezirksamt – per Beschluss untersagen ließen, seine Kritik zu wiederholen. Das Gericht sprach von Werturteilen, „die mit dem Sachlichkeitsgebot nicht vereinbar seien“.
Die Eigentümer stützen sich auf eine Begehung der Wohnungsaufsicht, die Mitte Juli den Baufortschritt im Haus prüfte. Demnach sei die Feststellung weiterer Schäden wie asbesthaltige Baustoffe und morsche Balkenköpfe nachvollziehbar und in allen Wohnungen Sanierungsarbeiten zu erkennen gewesen. Fazit: Der vorgelegte Bauablaufplan sei schlüssig; ein Vorgehen des Bezirks wegen zweckentfremdetem Leerstand nicht möglich.Schmidt hatte eingestanden, dass sich die Eigentümer „geschickt minimal an die Regeln halten“, und die mangelnden gesetzlichen Kompetenzen kritisiert.
Zum Verhängnis wurde ihm, dass er kurz zuvor noch die ihm zugetragene Information verbreitet hatte, die Eigentümer hätten vom Wohnungsamt angeforderte Unterlagen nicht eingereicht. Das Gericht wertete dies als unwahre Tatsachenbehauptung. Ob gegen den Gerichtsbeschluss Beschwerde beim Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg eingelegt wird, wird vom Bezirksamt aktuell noch geprüft.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Haftbefehl gegen Netanjahu
Sollte die deutsche Polizei Netanjahu verhaften?
#womeninmalefields Social-Media-Trend
„Ne sorry babe mit Pille spür ich nix“
Buchpremiere von Angela Merkel
Nur nicht rumjammern
Stellenabbau bei Thyssenkrupp
Auf dem Rücken der Beschäftigten
Deutscher Arbeitsmarkt
Zuwanderung ist unausweichlich
Stellungnahme im Bundestag vorgelegt
Rechtsexperten stützen AfD-Verbotsantrag