„Haus der Offiziere“: Kulturkampf aufgeschoben
Die AfD verschiebt ihren Antrag, einem Kultur- und Jugendzentrum in Brandenburg an der Havel die Förderung zu entziehen – vorerst zumindest.
Über den Antrag mit dem überraschenden Namen „Jugendarbeit langfristig stärken“ sollte die Stadtverordnetenversammlung am Mittwoch entscheiden. Dazu kam es jedoch nicht, die AfD zog ihren Antrag zurück, jedoch nur vorübergehend. Andreas Walz, Geschäftsführer des Hauses der Offiziere, konstatiert zwar, dass sich die AfD damit in einem Rückzugsgefecht befinde. Aber er warnt auch vor allzu schneller Zuversicht: „Man soll sich keine Hoffnung machen, die werden das weiter bearbeiten.“
Der Antrag sei nicht komplett zurückgezogen, gibt Walz zu bedenken, sondern nur in den Jugendausschuss verlagert. Das liege auch an der großen Mobilisierung, die der Jugendclub aufbieten konnte. Über 100 Zuschauer:innen waren zur Stadtverordnetenversammlung gekommen. „Unsere Erfahrung aus den letzten Monaten ist, dass die AfD die Niederlage vor großem Publikum lieber vermeidet“, sagt Walz.
Die Mehrheit hätte den Antrag am Mittwoch wohl abgelehnt. Offiziell hat die Partei den Antrag aufgrund von verspäteter Akteneinsicht zurückgezogen. Nun soll der Jugendausschuss darüber entscheiden. Auch da sei eine Niederlage der AfD zu erwarten, hofft Walz.
Angriff auf die Kultur
Allerdings sei damit kein Ende der Angriffe auf Jugendclubs und Kulturzentren zu erwarten. Die AfD hatte zuvor einen Antrag gestellt, allen Jugendhäusern der Stadt kollektiv die Förderung einzufrieren, die aufgrund der hohen Inflation angehoben werden sollte. Sie war damit aber gescheitert.
Auch andernorts versucht die AfD sich über Kulturthemen zu profilieren. Auf Landesebene bringt die Brandenburger AfD immer wieder Anfragen zu Kulturprojekten ein oder versucht Worte wie Vielfalt aus Satzungen streichen zu lassen. „Sogar Klassik-Quartette auf dem Land werden von der AfD angegriffen“, erzählt Walz. Auch wenn die Attacken meist scheitern, erlaubt es der AfD doch, mediale Aufmerksamkeit zu generieren und ihr Gedankengut zu verbreiten.
Das Haus der Offiziere sei ein Hort des Linksextremismus, monierte die AfD. Dort würden etwa Sticker gedruckt, die zu Gewalt gegen Rechte aufriefen, ein Vorwurf, den Walz zurückweist. Auch die Beschwerde der AfD, man wisse ja gar nicht genau, was mit dem Geld aus der Förderung wirklich passiere, sei absurd. Öffentliche Mittel müssen korrekt abgerechnet werden, was auch von der Stadtverwaltung regelmäßig geprüft werde. „Wir sind es leid, dass uns ständig Falschbehauptungen an den Kopf geworfen werden“ sagt Geschäftsführer Walz. Das Haus lasse gerade anwaltlich prüfen, wie man dagegen vorgehen könne.
Die AfD wolle auf Projektförderung umstellen, um Inhalte zu kontrollieren, vermutet Walz. Mit der Fördersumme von 240.000 Euro stemmt das Kulturzentrum über 140 Veranstaltungen pro Jahr. Im Haus können sich politische Gruppen wie die Letzte Generation treffen, aber auch der Kneipenchor mit über 50 Mitgliedern aus allen Schichten und Gesellschaftsgruppen. Es gibt auch einen queeren Stammtisch.
Offiziell stört sich die AfD unter anderem daran, dass der Dokumentarfilm „Antifa- Schulter an Schulter, wo der Staat versagte“ des Kollektivs Leftvision im Haus gezeigt wurde. Im Film sprechen altgediente Antifa-Aktivist:innen über ihre Erfahrungen in den „Baseballschlägerjahren“ der Neunziger, über antifaschistische Praxis und reflektieren darüber, wie man heute gegen einen Faschismus kämpfen kann, der nicht mehr Bomberjacke trägt, sondern Anzug.
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