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„Hart aber fair“ in der KritikSuggestiver Teaser, suggestive Fragen

Um Migranten und ihren vermeintlichen Hang zu Kriminalität ging es in Frank Plasbergs Talkshow. Zu Gast: natürlich keine Flüchtlinge.

Markus Blume, Ruud Koopmans, Holger Münch, Isabel Schayani, und Annalena Baerbock zu Gast bei Frank Plasberg Foto: WDR/Oliver Ziebe

Den Shitstorm hatte Frank Plasberg schon am Hals, bevor er auf Sendung ging. In seiner Talkshow „Hart aber fair“ sollte es am Montagabend mal wieder um das Thema Flüchtlinge gehen – genauer um Flüchtlingskriminalität. Seit Monaten schon steht der Vorwurf im Raum, die zu Plattitüden einladenden Gesprächsformate im Öffentlich-Rechtlichen würden ein arg populistisches Bild von Migrations- und Integrationsfragen zeichnen und der AfD in die Hände spielen.

Bei „Hart aber fair“ störte das aber offenbar niemanden – und so kündigte man die Sendung schon im Vorfeld mit folgenden Worten an: „Flüchtlinge und Kriminalität – Die Diskussion: Junge Männer, geflohen aus Krieg und archaischen Gesellschaften – für viele hierzulande Grund zu Sorge und Angst. Können solche Flüchtlinge überhaupt integriert werden? Wie unsicher wird Deutschland dadurch?“ In den sozialen Medien wurde die Talkredaktion für diese Zuspitzung kritisiert.

Nicht ohne Grund, denn die Ankündigung nimmt das Ergebnis der Diskussion schon vorweg. Als würde man annoncieren: „Talkshows und Populismus: Medienmacher mit zweifelhafter Berufsethik – für Befürworter sachlicher Auseinandersetzungen hierzulande Grund zu Sorge und Angst. Kann man solche Fernsehformate überhaupt noch überarbeiten? Wie vergiftet wird der Diskurs dadurch?“

Dementsprechend erwartbar wurde die Sendung. Nach einer Dokumentation über zwei von Flüchtlingen verübte Gewaltverbrechen an Mädchen diskutierte man über Migranten und ihren vermeintlichen Hang zu Kriminalität. Flüchtlinge selbst kamen nicht zu Wort. Das fiel aber lediglich Weltspiegel-Moderatorin Isabel Schayani auf, die als einzige Teilnehmerin des Panels einen Migrationshintergrund hat und die geistreichsten Wortbeiträge lieferte.

Sie kritisierte die Architektur der Sendung und die häufig negative Berichterstattung zu Flüchtlingen. Man könne doch nicht so tun, als ob genug Talkshows dafür sorgen, dass Flüchtlinge schon wieder gehen würden, sagte die TV-Journalistin. Ähnlich äußerte sich Asmen Ilhan, der beim Berliner Integrationsprojekt „Heroes“ versucht, Jugendlichen mit Migrationshintergrund mithilfe von Rollenspielen Akzeptanz für die Gleichberechtigung von Frauen zu vermitteln. Ilhan forderte, man solle nicht immer so „defizitorientiert“ über Flüchtlinge reden, sondern mit ihnen. Eigentlich ein simpler Vorschlag – aber auch Ilhan durfte im Panel nicht mitreden. Plasberg interviewte ihn separat.

Apropos Plasberg. Der musste wegen seiner Suggestivfragen sogar von Gästen zurückgepfiffen werden, die nicht unbedingt der Refugees-Welcome-Gruppe zuzuordnen sind. So fragte er CSU-Generalsekretär Markus Blume, wie oft er den Satz höre, dass „die ermordeten Mädchen noch am Leben“ wären, wenn man die Flüchtlinge nicht ins Land gelassen hätte. So was höre man, antwortete Blume ruhig, nachdem Plasberg dieselbe Frage zwei Mal stellte. Deshalb sei es wichtig, dass man „in der Diskussion entsprechend differenziert.“

Zuspitzungen in der Berichterstattung

Daran schien Plasberg aber kaum interessiert. Der Moderator wirkte während der Sendung, als habe er seine Haltung zum Thema schon gefunden. Einige Beispiele: In einem Einspieler schilderte ein Flüchtling, dass er zwar anfangs überrascht von öffentlich ausgelebter Homosexualität gewesen, nun aber daran gewöhnt sei. Plasberg nahm das dem Interviewten wohl nicht so ganz ab und fragte rhetorisch, ob da jemand nur einen Schalter umlege und „besonders guten Willen zeigen“ wolle.

Derlei Zuspitzungen mögen im Fernsehen üblich sein. In einer ohnehin auch durch die Berichterstattung angeheizten Zuwanderungsdebatte hätte ein wenig mehr Fingerspitzengefühl dennoch nicht geschadet. Ein paar Twitter-Gegner hat Frank Plasberg wohl trotzdem am Montag noch auf seine Seite ziehen können. Am Tag der Ausstrahlung sagte er dem Tagesspiegel, dass man AfD-Fraktionschef Alexander Gauland wegen seiner Äußerung über die NS-Zeit als „Vogelschiss“ der „erfolgreichen“ deutschen Geschichte nicht mehr einladen werde. Na, immerhin.

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11 Kommentare

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  • Wenn Plasberg selbst die Arbeit der AfDen übernimmt, dann braucht er Gauland ja auch nicht mehr.

  • 9G
    98589 (Profil gelöscht)

    Ich hab mir die Sendung angeschaut, war neugierig auf die Frauen, die in der Runde sassen.

    Diese Frauen, die hier alle Rechte, alle Freiheiten geniessen, sagen kein Wort zu der Unterdrückung der Frau in der muslimischen Gesellschaft. Kommentieren die Aussagen der "Heros" die männlichen Migranten, die wohlgemerkt hier geboren wurden, die hier geltenden Frauenrechte mühsam und manchmal erfolglos beibringen,nicht.

     

    Da wird mir übel, wenn eine solche Haltung mit Religionsfreiheit verteidigt wird, und diejenigen Frauen, die sich sonst immer in Szene setzen, den Mund halten.

     

    Wo bleibt die große hiesige Frauenbewegung, die solchen Frauen hilft, die in einer solchen Machtstruktur leben?

     

    Nein, sind alles liebe Männer, die hier herkommen und sie werden es akzeptieren und lernen.

     

    Das werden sie eben nicht, solange sie dieser Religion angehören und die Scharia mehr zählt.

  • Nachtrag, Teil II.

     

    Frage: Die bürgerliche Emanzipation der Frau, aber vor allem auch die der (jungen) Männer, oder die modifizierte Fortsetzung des Feudalismus im 21. Jahrhundert?

     

    Eine notwendige Zuspitzung!

    {...}

     

    Wir können auch in der Bundesrepublik immer noch feststellen, auch noch in der dritten Generation, dass sich junge Menschen mit familiären migrantischen Hintergrund, häufig noch in feudalen Denkschablonen und Handlungsweisen befinden. So sind es beispielsweise die moralischen Auflagen und frauenfeindlichen Handlungsweisen, die sich selbst reproduzierenden überkommenen Familien und Clanstrukturen. Die patriarchalische Gewalt in den Familien und insbesondere gegenüber ihren Ehefrauen und Töchtern. Die einseitige Bevorzugung der Söhne und zwangsweise Unterordnung und/bzw. Unterwerfung der Mädchen. Frauen in der bürgerlichen Gesellschaft werden missachtet und/oder als sexuelles Freiwild betrachtet. Ehen mit emanzipierten bürgerlichen Frauen werden abgelehnt. Die muslimischen Mädchen werden häufig noch auf Anordnung der Familien verheiratet. Gegebenenfalls auch in die Herkunftsländer geschafft, um dort, entsprechend der Tradition und Religion, zwangsverheiratet zu werden. Tausende Frauen in Deutschland werden immer noch einer Beschneidung zugeführt [sowohl in Deutschland, als auch im Herkunftsland].

     

    Das islamische Recht, die feudale Rechtsprechung der Scharia, wird immer noch von Millionen in Deutschland bevorzugt, was sich nicht zuletzt auch wiederum im deutsch-türkischen Wahlverhalten und in der Zustimmung für die türkische Diktatur zeigte. Analoge Denk- und Verhaltensweisen finden sich auch bei Migranten aus anderen feudal-muslimischen Staaten und Regionen. So selbst auch noch nach Generationen des Lebens, auch ihrer Kinder und Enkelkinder, in Deutschland.

     

    Merke: Nicht umsonst gab es auch in Europa -emanzipatorische- Bauernkriege und nicht nur eine antifeudale frühbürgerliche Revolution.

     

    Das steht auch noch der muslimischen Welt und Indien bevor!

    • @Reinhold Schramm:

      Nochmals ein Nachtrag:

       

      Siehe hierzu doch auch nur die feudal-religiösen Regime der absolutistischen und persönlich leistungslosen Aristokratien von MenschenschinderInnen und SklavenhalterInnen in den Islamischen Staaten: Saudi-Arabien, WM-Fußball-Katar, VAE und Kuwait etc. (- auch Geschäfts- und ProfitpartnerInnen der deutschen Banken und Dividenden-Konzerne)

  • Eine notwendige Zuspitzung!

     

    Emanzipation und Aufklärung, oder Streicheleinheiten der weiblichen Gutmenschen für den männlichen Feudalismus und die kulturelle Rückständigkeit im 21. Jahrhundert?

     

    Nicht nur zum vormundschaftlichen, emanzipations- und frauenfeindlichen Gutmenschentum der beiden teilnehmenden Frauen, bei "Hart aber fair", am Montag, den 04.06.2018.

     

    Offensichtlich hatten die beiden emanzipierten gut-bürgerlichen Frauen in dieser Runde ihre Probleme mit der Solidarität. Es fehlte ihnen nicht nur die Solidarität mit muslimischen Frauen in den rückständigen und feudal strukturierten Herkunftsländern, wenn es um das frauenfeindliche Weltbild der feudal-muslimischen Männerwelt und der kulturell-patriarchalisch fehlgesteuerten jungen Männern unter den Flüchtlingen geht.

     

    Die Menschen in den Herkunftsländern befinden sich zum überwiegenden Teil noch unter feudalistischen Gesellschaftsstrukturen. Daran hat auch deren Verfügung über Handy, Smartphone, Rundfunk, TV und Internet, bisher nur wenig oder überhaupt nichts ausrichten können.

     

    Die kulturelle, feudal-religiöse und patriarchalische Zurichtung des Bewusstseins kann man nicht innerhalb einer Generation [25 Jahre] korrigieren. Der größte Teil der Bevölkerungen befinden sich in keiner bürgerlichen Gesellschaftsordnung, bzw. die bürgerliche Gesellschaftsformation gibt es überhaupt noch nicht in diesen mittelalterlichen Ländern und Regionen. Das Massenbewusstsein und Denken der Menschen wird noch vom Feudalismus beherrscht. Auch gibt es noch eine Differenz in der ökonomischen, sozialen und gesellschaftspolitischen Entwicklung von mehreren Jahrhunderten. Nur einer Minderheit gelingt der Ausbruch aus dieser rückständigen Zurichtung. Selbst ein großer Teil der sozioökonomischen Oberschicht in diesen Ländern befindet sich noch immer -trotz ihrer häufig westlichen Bildung und akademischen Ausbildung- in einer geistig feudalen Gefangenschaft.

     

    Fortsetzung, Nachtrag, Teil II.

  • Zitat: „Sie [Anm.:Isabel Schayani] kritisierte die Architektur der Sendung und die häufig negative Berichterstattung zu Flüchtlingen. Man könne doch nicht so tun, als ob genug Talkshows dafür sorgen, dass Flüchtlinge schon wieder gehen würden, sagte die TV-Journalistin.“

     

    Und wie man kann. Das sieht man doch. Scheint ja keinen zu geben, der solchen Unsinn unterbindet. Na, immerhin: Den „guten Willen“ zeigen sie (Gauland).

     

    Würde mich gar nicht wundern, wenn die obersten ARD-Macher allesamt heimliche AfD-Sympathisieren wären. Wer etwas werden wollte im Land der Dichter und Henker, der hat das Maulhalten und intrigieren ja doch immer schon von der Picke auf lernen müssen. Im Westen genau so wie im Osten. Würde mich allerdings auch nicht wundern, wenn besagte Menschen jeden diesbezüglichen Vorwurf meilenweit von sich weisen würden. Auch das, schließlich, hat man gelernt in diesem Land: Nachher vollkommen unschuldig (gewesen) zu sein. Ob das eine bewusste Lüge oder ein Irrtum war, ist ja doch sehr schwer nachzuweisen. Vor allem, wo/wenn sich alle mehr für die Karriere interessieren als für ihre Mitmenschen.

     

    Übrigens: Was soll denn das für eine „Annonce“ sein? „Medienmacher mit zweifelhafter Berufsethik – für Befürworter sachlicher Auseinandersetzungen hierzulande Grund zu Sorge und Angst“ - das ist doch höchstens einen (wieder mal reißerische) Überschrift. Werbung sieht dann doch anders aus, finde ich. Wer soll denn, bitte, etwas kaufen, vor dem er sich anschließend fürchten muss?

     

    Wobei: Gibt es denn überhaupt noch „Befürworter sachlicher Auseinandersetzungen“ nach Jahrzehnten der gewinnorientierten medialen Skandalisierung? Womöglich bin ich ja inzwischen (beinah) die einzige, die bei der Sache bleiben will, wenn alle anderen sich aus den Emotionskisten bedienen? Dann, fürchte ich, hätte ich völlig zu Recht Panik gehabt. Gehabt, wohl gemerkt. Rein sachlich gesehen gibt es mittlerweile keinen Grund mehr für die Angst. Es ist einfach zu spät dafür.

  • 7G
    76530 (Profil gelöscht)

    Plasberg goes Mainstream. Die traurige Geschichte eines Mannes, der einst im Dienste der Aufklärung angetreten war. Keine Erfolgsgeschichte.

    • @76530 (Profil gelöscht):

      Was jetzt, weil er das Karobraunhemd nicht mehr einladen will, oder was?

      • 7G
        76530 (Profil gelöscht)
        @Konrad Ohneland:

        Abteilung Kalau am Werk? Oder ein Versuch mit dem Stöckchen?

    • @76530 (Profil gelöscht):

      Ich scheine etwas verpasst zu haben. Plasberg habe ich schon immer so gesehen. Die Runden werden derart zusammengestellt, dass die gewünschte Meinung die deutliche Mehrheit hat. Dieser wird dann auch noch freie Redezeit eingeräumt. Sollte sich nichtsdestotrotz jemand ins Studio verirren, der geistreich kontra gibt, wird er/sie von Plasberg unterbrochen und abgewürgt. Ein alberner „Stierkampf“, bei dem der Sieger schon vorweg feststeht.

      • @xxxLCxxx:

        Nu. Mehr gibt es zur causa Plasberg nicht anzumerken.

         

        Ein schwer unkollegial engstirniger

        autoritärer klemmiJournaillist - wenige Millimeter unter der mainstreamigen Grasnarbe am rumfuckeln. Mit unabweisbarerem Hang zum Trallafitti! Nothing else!

        Seine Sendungen sind eine spiegelbildliche Zumutung. Punkt.