Hapag-Lloyd-Deal in Gefahr: Reederei-Deal vor Gericht
GAL-Fraktionschef Jens Kerstan reicht Verfassungsklage gegen die vom SPD-Senat geplante Aufstockung der städtischen Anteile an dem Unternehmen ein.
HAMBURG taz | Mit einer Klage vor dem Hamburgischen Verfassungsgericht will GAL-Fraktionschef Jens Kerstan die Erhöhung des Anteils der Stadt an der Reederei Hapag-Lloyd stoppen. In seinem Auftrag hat der Rechtsanwalt Gerhard Strate am Montagnachmittag einen Eilantrag auf Verschiebung der Abstimmung über das Geschäft beim höchsten Gericht der Hansestadt eingereicht. Die Entscheidung über den Deal steht am morgigen Mittwochnachmittag auf der Tagesordnung der Bürgerschaft.
Kerstan kritisiert, dass den Abgeordneten des Landesparlaments die interne Einsicht in die wirtschaftlichen Verhältnisse von Hapag-Lloyd vorenthalten worden sei. „Es liegen nicht genügend Informationen vor, um dieses Geschäft einschätzen zu können“, sagt der Grünen-Politiker. Der SPD-Senat verlange von den Abgeordneten die Zustimmung zu einem 420 Millionen Euro teuren Geschäft, ohne zuvor die Risiken ausreichend untersucht zu haben.
„Wie sollen die Abgeordneten so einem Geschäft zustimmen können, wenn mangels Information eine Bewertung der Risiken überhaupt nicht möglich ist?“, fragt Kerstan und spricht von „Gefahr im Verzug für Steuergelder“. Auf der vom Senat gebotenen Informationsbasis sei „eine seriöse Bewertung des umstrittenen Geschäfts nicht möglich“.
Der erste Kauf: Das Konsortium Albert Ballin erwirbt 2009 für rund 4,4 Milliarden Euro vom damaligen Alleineigner TUI 61,6 Prozent der Reederei. Zum Konsortium gehören die Stadt Hamburg (40,67 Prozent), Klaus-Michael Kühne (26,55), Signal Iduna (12,61), HSH Nordbank (8,4), Warburg Bank (8,4) und Hansemerkur (3,36).
Der Plan: Das Konsortium kauft von TUI weitere 17,4 Prozent für rund 600 Millionen Euro, davon zahlt Hamburg 420 Millionen.
Der Anteil: Hamburg würde dadurch mit 36,9 Prozent größter Anteilseigner an dem Unternehmen Hapag Lloyd.
Zudem habe es die SPD-Regierung versäumt, eigene Wertgutachten zu erstellen, um den aktuellen Kaufpreis der Hapag-Lloyd-Anteile zu ermitteln, kritisiert der Abgeordnete. Damit sei der „Senat seiner Sorgfaltspflicht bei der Prüfung des Geschäfts und außerdem seiner Informationspflicht gegenüber dem Parlament nicht nachgekommen“. Auch hier solle das Verfassungsgericht überprüfen, ob die Parlamentarier „in ihren Informationsrechten verletzt“ wurden.
Der SPD-Senat der Hansestadt will für 420 Millionen Euro die städtischen Anteile an der Hamburger Traditionsreederei von 23,6 auf 36,9 Prozent erhöhen (siehe Kasten). Bürgermeister Olaf Scholz (SPD) begründete das damit, dass Hapag-Lloyd vor einem „globalen Monopoly“ bewahrt werden müsse. Hapag-Lloyd sorgt für rund 40 Prozent des Hamburger Containerumschlags. Es gehe darum, Reederei und Arbeitsplätze und ihren Güterumschlag in Hamburg zu behalten.
Das Geschäft sei ohne großes Risiko, versicherte Scholz. „In einem überschaubaren Zeitraum“ sollten die Anteile wieder „an seriöse Partner“ ohne Verluste verkauft werden: „Wir wollen unser Geld zurück.“ Allerdings herrsche großer Zeitdruck. Deshalb müsse der Vertrag, den der Senat Ende Februar präsentierte, bis Ende März von der Bürgerschaft abgesegnet werden. Sonst könnte Großaktionär Tui die Mehrheit an der Reederei an einen internationalen Investor verkaufen.
Anwalt Strate ist sich indes nicht sicher, dass das Verfassungsgericht sich noch vor Mittwochmittag mit dem Eilantrag beschäftigen könne. Falls nicht, würde die Klage nachträglich in eine Anfechtung des zu erwartenden Bürgerschaftsbeschlusses umgewandelt werden können, so Strate.
SPD-Fraktionschef Andreas Dressel erklärte, am Zeitplan für die Abstimmung festhalten zu wollen. Der Erwerb weiterer Anteile an der Reederei sei „eine richtige und notwendige Entscheidung für unsere Stadt“.
Die Linksfraktion erklärte gestern, sie werde dem Geschäft zustimmen. „Nur eine starke Beteiligung der Stadt sichert das Fortbestehen der Reederei am Standort Hamburg“, sagte Fraktionsvize Norbert Hackbusch den Schritt. Allerdings hält auch er den Deal finanziell für riskant für Hamburg und die Informationspolitik des Senats für „nicht transparent“.
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