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Hannes Rockenbauch will in den LandtagCharmanter Provokateur

Der prominente Stuttgart-21-Gegner möchte für die Linkspartei kandidieren. In ihr sieht er den richtigen Partner für Basisbewegungen.

Will mit Links in den Landtag: Hannes Rockenbauch. Foto: dpa

Da hat sich Hannes Rockenbauch wohl geirrt. Nach seiner Wahl in den Stuttgarter Gemeinderat für das Bündnis Stuttgart Ökologisch Sozial (SÖS) im Mai vergangenen Jahres twitterte der prominente Stuttgart-21-Gegner: „Jetzt heißt es fünf Jahre parteifrei weiterdenken.“

Ein gutes Jahr später hat es sich der 34-Jährige anders überlegt. Bei der baden-württembergischen Landtagswahl im März 2016 will Rockenbauch für die Linkspartei antreten. Entsprechende Berichte bestätigte er im Gespräch mit der taz: „Ich habe Lust dazu“, so Rockenbauch.

Bemerkenswert ist das für beide - den Kandidaten und die Partei. Trotz seiner mittlerweile dritten Legislaturperiode als Stuttgarter Stadtrat ist Rockenbauch vor allem Aktivist - immer an der Seite der ökologischen und sozialen Bewegungen, unermüdlich in seinem Einsatz gegen das Bahnhofsprojekt Stuttgart 21. Er habe sich „nicht in den parlamentarischen Betrieb verliebt“, stattdessen wolle er im Landtag als „parteiloser Quereinsteiger“ seinen Handlungsspielraum erweitern. „Die Ausbeutung von Mensch und Natur lässt sich nicht auf kommunalpolitischer Ebene überwinden“, sagt er.

In Stuttgart ist der „Hannes“ für seine charmante und doch angriffslustige Art bekannt. So löste er einen Eklat aus, als er die Landesbank als „kriminelle Vereinigung“ bezeichnete. Das kommt an: Mehr als 10 Prozent konnte er bei der Oberbürgermeisterwahl 2012 auf sich vereinigen. Überregional bekannt wurde der Rotschopf durch seine Wortgefechte mit Heiner Geißler und Bahnvorstand Volker Kefer bei der S-21-Schlichtung. Geißlers Ausfall, als er fragte „Wollt ihr den totalen Krieg?“, galt vor allem ihm.

Für die Linkspartei, deren Stuttgarter Kreisverband Mitte Juli die Zustimmung zu seiner Kandidatur geben muss, ist Rockenbauchs Bereitschaft ein Coup. Lediglich 2,8 Prozent holte sie bei der letzten Wahl im Ländle; in aktuellen Umfragen kratzt sie an der Fünfprozentmarke. Mit Rockenbauch dürften die Chancen auf den Einzug weiter steigen.

Der sagt, die Partei sei offener geworden, der richtige Partner für Basisbewegungen, ein Garant gegen SPD und Grüne, die sich mit ihrer Politik schon jetzt „als Juniorpartner für die CDU bewerben“. Die Partei kann die Komplimente zurückgeben, wenn sie ihn ins Rennen schickt. Einen, der, wie Rockenbauch selbst sagte, eine „Politik macht, die das Grundsätzliche wagt“.

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8 Kommentare

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  • Ich bedaueres sehr, dass Hannes Rockenbauch nicht seine Unabhängigkeit bewahrt. Ich habe in der Vergangenheit die SÖS unterstützt und gewählt. Es war auch ok, dass sie mit den Linken eine gemeinsame Fraktion gebildet haben, so lange die SÖS ihre Unabhängigkeit gewahrt hat.

     

    Ich werden Hannes auf dem Linken-Ticket nicht wählen. Und sein Engagement diskreditiert leider auch SÖS - die als unabhängige ökologische und soziale Kraft sehr wichtig für Stuttgart ist. Schade ...

  • "Provokateur"? Eine Provokation stellen zuvorderst die marktradikalen smarten Tolpatsche aus Wirtschaft, Politik und Medien dar die seit 25 Jahren vor allem nach dem Motto "und nach uns die Sintflut" in die eigenen Taschen wirtschaften. Und mit gewährleisteter Regelmäßigkeit durch die Maschen unserer "Justiz" fallen.

  • Hannes Rockenbauch ist der Richtige im Landtag den Mut zum Denken zu verbreiten. Das ist dringend. Ich werde ihn unterstützen!

    1) AUFKLÄRUNG ist der Ausgang des Menschen aus seiner selbstverschuldeten Unmündigkeit. Unmündigkeit ist das Unvermögen, sich seines Verstandes ohne Leitung eines anderen zu bedienen. Sauere aude! Kant (1784)

    2) ZURÜCK ZUR NATUR

    Nach der Abhandlung über den Ursprung und die Grundlagen der Ungleichheit unter den Menschen von Jean-Jacques Rousseau (1755)

    folgte 1789 - 1799 die Französische Revolution.

    Ich warte immer noch darauf, daß die Grünen Grün werden und nicht inhaltlich die

    CDU als Wirtschaftspartei einnehmen wollen. Bei mir hängt ein grünes KONTEXT Plakat:

    Alle reden vom Wetter - Wir machen es - und KONTEXT schaut Euch auf die Finger!

    das kann der Hannes Rockenbauch!

    3) Zusätzlich will auch noch der Papst helfen: ab 18. Juni 2015 erscheint von

    Papst Franziskus: Enzyklika zur ÖKOLOGIE Laudate sii - Sei du gelobt

    "Über die Verantwortung für unser gemeinsames Wohl"

    Seine Hauptthese: Konsumismus und Kapitalismus sind die Ursachen des Problems.

    Es trifft zuerst die Armen

  • Komische Figur: Schimpft auf die Landesbank und legt sich gleichzeitig mit der SED-Nachfolgepartei ins Bett. Hat wohl im Geschichtsunterricht nicht aufgepasst und von Stasi-Folter und Mauertoten nie etwas gehört

    • 7G
      76530 (Profil gelöscht)
      @Franz Vege:

      Wohl dem, der seine Schubladen hat, in die er all jene ablegen kann, die an seinem Schwarz-Weiß-Weltbild kratzen.

       

      Schon mal davon gehört, dass es seit 1990 keine DDR mehr gibt? Schon mitbekommen, dass sich die frühere PDS intensiv mit ihrer Vergangenheit auseinander gesetzt hat? Jedenfalls intensiver als westdeutsche Parteien nach 1945 mit ihrer NS-Vergangenheit.

       

      Wie wäre es statt der plumpen Demagogie einer Bartwickelmaschine im Keller mit verifizierbaren Behauptungen?

       

      Also: wo existiert heute im Jahr 2015 ein Zusammenhang zwischen der SED und der Partei "Die Linke"?

       

      Argumente, wenn es recht ist!

       

      Ps. Dieser Hannes Rockenbauch ist klasse!

      • @76530 (Profil gelöscht):

        "Also: wo existiert heute im Jahr 2015 ein Zusammenhang zwischen der SED und der Partei "Die Linke"?"

         

        Im Osten ist es immer noch Personal.

        Auch wenn IM Notar nun geht. Desweiteren ist es immer noch die Ideologie und die immer noch magelhafte Vergangenheitsbewältigung.

         

        Und die Linke hat sogar den Nachfolgeparteistatus zur SED eingeklagt. Eingroßer Fehler, wie ich finde.

        • 7G
          76530 (Profil gelöscht)
          @DasNiveau:

          Anschussfrage - jenseits der Frage des Personals im Osten (kann ich nicht beurteilen und sage deshalb auch nichts dazu) und dem Parteistatus (hier gilt das Gleiche): wie sieht es denn mit den INHALTEN der Politik von "Die Linke" aus?

           

          Wo weist die Politik der Partei Übereinstimmungen zur Politik der SED bis zum Jahr 1990 auf ... und was ist daran kritikabel?

           

          Wissbegierige Grüße!

    • @Franz Vege:

      So ein Quatsch. Die Linke hat im Westen historisch nichts mit der SED zu tun, und Baden Württemberg befindet sich bekanntlich nicht im Osten Deutschlands.

       

      Im Osten dagegen ist die Linke die Nachfolgepartei der SED, genauso wie CDU, FDP, etc. die direkten Nachfolger der ehemaligen „Blockflöten“ im DDR System waren, welche dieses mitgetragen haben.

       

      Mit Bodo Ramelow ist endlich mal wieder ein Ministerpräsident Thüringens ohne SED/Blockflöten Vergangenheit.

       

      Die Situation um die Linke, ihre SED Vergangenheit ist also nicht so einfach wie sie es darstellen wollen. Ihr in BaWü die DDR bzw. SED vorzuhalten ist natürlich völliger Quatsch…

       

      Naja, für manche scheint es weniger ein Problem gewesen zu sein, dass nach dem Zweiten Weltkrieg etliche ehemalige überzeugte und hochrangige Nazis es in der BRD in Partei und Staat in hohe Posten gebracht haben, als eine Linke in BaWü, der man irgendwie versucht die SED Verbrechen anhaftet... Aber das ist ein anderes Thema. (Damit sind nicht sie direkt gemeint, weil ich ihre Einstellung diesbezüglich nicht kenne und daher selbstredend nicht bewerten möchte. Mit Leuten, mit denen ich diskutiert habe und ähnlich wie sie bezüglich der Linken argumentiert haben, waren aber genau dieser Überzeugung, die ich gerade beschrieben habe. Fühlen sie sich also nicht angegriffen.)

       

      Ergo: Entweder sie möchten es nicht sehen oder sie haben im Geschichtsunterricht nicht gut genug aufgepasst, Hannes Rockenbauch dagegen schon.

      Ich bin auf jeden Fall gespannt auf diese Kombination. Bleibt nur zu hoffen, dass er sich seine Persönlichkeit bewahrt und sich weiterhin nicht in den Alltag im Landtag verliebt und auch mal gegen den Fraktionszwang agiert, wenn er der Überzeugung ist, dass dies notwendig ist.