Hanna Gersmann über das neue Programm für Nachhaltigen Konsum: Der gute alte Konsumstreber
Es fühlt sich toll an, ein guter Konsument zu sein. Den Einkaufswagen schieben, ohne rechts und links zu gucken, und erst am Bioregal stoppen. In der Gewissheit: Ich stehe auf der richtigen Seite. Mit ihrem Programm will die Bundesregierung dieses Gefühl jetzt fördern. Und macht damit einen Fehler: Sie fällt hinter ihre eigenen Erkenntnisse zurück.
Mit dem Programm „Nationales Programm für nachhaltigen Konsum“ macht sich die Große Koalition das alte Leitbild vom mündigen Konsument zu eigen. Der recherchiert selbst, wie die Waren hergestellt werden, die er braucht: Wird das Klima belastet? Werden Ressourcen verschwendet? Bekommen Arbeiter faire Löhne? Ihm bietet die Regierung nun mehr Information, mehr Bildung. Doch der Verbraucher, der sich immer schlau macht, ist ein Ideal und nicht die Realität.
„Das Informationsparadigma stößt an seine Grenzen“, sagte unlängst Bundesverbraucherminister Maas. Ihm wurde vorgehalten, er mache Konsumenten zu Trotteln. Tatsächlich ermahnte er das Kabinett aber nur dazu, sich am „realen Verbraucher“ zu orientieren, der nicht immer rational handelt. Was ja nicht heißt, dass Verbraucher das Wirtschaftsgeschehen nicht beeinflussen können. Bei 1,3 Milliarden Euro Tagesumsatz im Einzelhandel ist jedes Produkt, das Kunden aus ethischen Kriterien kaufen, ein Anfang. Aber auch nicht mehr.
Niemand will bewusst ein T-Shirt, für das Näherinnen kaum Geld bekommen. Im Regal liegen sie trotzdem. Eine Regierung, die nachhaltigen Konsum fördern will, kann nicht alle Verantwortung auf den Verbraucher abwälzen. Sie muss sich selbst ernster nehmen und Regeln aufstellen. Eine Idee wäre: Sie erweitert die Sorgfaltspflicht des Ehrbaren Kaufmanns im Bürgerlichen Gesetzbuch um ökosoziale Kriterien. Dann ist beim Einkauf klar: Es gibt vielleicht Premiumware, aber Mindeststandards hält auch die Masse ein. Das zählt mehr als ab und zu ein gutes Gefühl vor dem Bioregal.
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