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HanfGesundes Wachstum

Wie ausgerechnet der private Anbau von Marihuana aus verantwortungslosen Kiffern liebevolle Gärtner macht.

Und immer schön mit den Pflänzlein reden Bild: dpa

Aus Frankreich hört man ja die wildesten Sachen! Dort sollen in diesem Jahr angeblich mehr private Hanfpflanzer am Werke sein als jemals zuvor. Dabei war nicht von weiten Feldern in dichten Wäldern oder geheimen Monokulturen in gut abgedichteten Kellern die Rede, sondern nur vom bescheidenen Privatanbau auf dem heimischen Balkon oder hinterm Haus, gleich neben der Biotonne.

Und höchstwahrscheinlich müssen wir davon ausgehen, dass, was für Frankreich gilt, für Deutschland allemal zu gelten hat - auch wenns da noch keine Zahlen gibt: Der Anbau von Hanf erfreut sich immer größerer Beliebtheit. Gerade dieser Tage werden wieder zehntausende klandestiner Hobbygärtner ihre Stauden befingern, um herauszufinden, ob sie in den vergangenen Monaten nun ein Männchen (pfui!) oder ein Weibchen (hui!) aufgepäppelt haben. Eine schöne, bukolisch liebevolle Szene, an der sich höchstens magenkranke Staatsanwälte stoßen dürften. Wobei zu fragen wäre, warum das so ist und was es bedeutet.

Ohne Frage hat erstens der Klimawandel, diese Mutter aller Dinge, ihre warmen Hände im Spiel - die Pflanzen gedeihen einfach prima, zumindest besser als noch vor zehn Jahren. Zweitens geht es wohl den wenigsten Hanfpflanzern darum, ihre Ernte später mal zu Seilen oder Taschen zu verarbeiten - sondern um das berauschende Tetrahydrocanabinol in den Blüten, mithin den Genuss einer weichen Droge. Die mag schädlich sein, in vielerlei Hinsicht, in sozialer allerdings ist sie es nicht. Ganz im Gegenteil: All die planlosen Schluffis, die gerne mal "einen durchziehen", verwandeln sich durch die stete Sorge um ihre Pflänzchen in gewissenhafte Kleingärtner, bereit und willens, Verantwortung zu übernehmen für die Kreatur auf ihrem Balkon. Sprießt sie zu wild, wird sie behutsam beschnitten. Färben sich ihre Blätter gelb, eilen die künftigen Kiffer in den Blumenladen, um ein Mittelchen gegen den Stickstoffmangel zu besorgen. Das ist präventive Resozialisierung - noch vor der Straftat!

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1 Kommentar

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    Alice Dietrich

    Es freut mich zu sehen, dass es noch Redakteure gibt, die auch Zeitungsartikel ohne Mord, Totschlag, Killerspielen oder Killerschülern schreiben können die trotzdem unterhaltsam und interessant sind, ohne dabei im Privatleben einzelner, weniger rumzuschnüffeln.

     

    ... Ist man doch heute schon an den Da-Machen-Wir-Einen-Skandal-draus-Wahn gewöhnt, á la Titelseitenüberschrift "SKANDAL im Bundestag: Die Ministerin [...] gab zu, vor 25 Jahren an einem Joint gezogen zu haben" ...

     

    Wen interessierts?

     

    Was sagte die FDP doch vor kurzem erst im Bundestag zum Thema Rauchen ? "Verboten wird, was anderen schadet. Es ist Privatsache, wenn man sich selbst schadet"

     

    Ein wahres Wort. Seltsam, dass das für Cannabiskonsumenten nicht gilt!