Hamburger Umschlagbetrieb investiert: Hightech im Hafen
3-D-Druck, Hyperloop und autonome LKW: Hamburgs größter Hafenkonzern HHLA will nicht mehr nur Containergeschäft.
HAMBURG taz | 3-D-Druck gilt vielerorts als Technologie der Zukunft. In großen Maschinen werden Schicht für Schicht dreidimensionale Mantelhaken, Lüftungsgitter oder Motorteile „gedruckt“. Die Technik steckt zwar noch in den Kinderschuhen, könnte aber eines Tages den Welthandel auf den Kopf stellen: Massenprodukte wie Computer oder Autos würden dann nicht mehr in Großserien in China hergestellt, sondern als Einzelstücke vor Ort.
Dies würde die klassischen Handelsrouten ebenso verwandeln wie die Zusammensetzung der im Seeverkehr transportierten Waren. Eine solche Digitalisierung dürfte dann auch das Geschäftsmodell der Hamburger Hafen und Logistik AG (HHLA) infrage stellen – noch kommt jeder dritte Container aus China.
Angela Titzrath und ihre Vorstandskollegen wollen deshalb „Das Tor zur Zukunft“ aufstoßen. HHLA will dazu die Mehrheit an dem 3-D-Druckspezialisten Bionic Production übernehmen. Doch das 2015 gegründete Unternehmen aus Lüneburg soll keine Ersatzteilchen drucken – darauf setzt etwa die Deutsche Bahn –, sondern helfen, Verständnis für den internationalen Markt „additiver Fertigung“ zu entwickeln.
„Wir wollen logistische und digitale Knotenpunkte“ in der Transportkette besetzen, sagte Vorstandschefin Titzrath kürzlich vor Journalisten. Auch Hamburgs Wirtschaftssenator Michael Westhagemann (parteilos) sieht die Zukunft stärker an Land. Er wolle mehr 3-D-Druck im Hafen ansiedeln, sagte er der Deutschen Verkehrs-Zeitung.
Nach dem Containerboom
Jahrzehntelang hatte die HHLA von dem globalen Trend zur Containerisierung profitiert. Wurden anfangs nur wenige Industrieprodukte in Stahlboxen über die Weltmeere geschippert, sind es heute Autos, Kaffeebohnen und Flüssigchemikalien. Und in gekühlten Boxen, sogenannten Reefern, werden Bananen und tiefgefrorener Brokkoli transportiert. Doch die Containerisierung ist „weitgehend abgeschlossen“, wie Titzrath sagt.
Für die HHLA steht viel auf dem Spiel. Hat das in der Vor-Container-Ära konzipierte Übersee-Zentrum nahe der Veddel bereits ausgedient – und könnte als Wohngebiet enden –, steht jetzt die traditionsreiche Fruchtlogistik vor dem Aus. Immer mehr Zitrusfrüchte kommen in Kühlcontainern nach Hamburg und werden direkt weiter in die Ostsee verschifft. Ein längerer Zwischenstopp mit Umverpackung und weiteren lukrativen Dienstleistungen wird selten werden.
Außerdem dürften die hohen Wachstumsraten im Seeverkehr mit China und Asien der Vergangenheit angehören – trotz Fahrrinnenanpassung. Der Welthandel wird preisbereinigt im Jahr 2019 um 1,6 Prozent sinken, prognostizierte der Internationale Währungsfonds (IWF) am Donnerstag. Und größeres Mengenwachstum wird es wohl nur noch im innerasiatischen Seeverkehr geben. Henning Vöpel, Chef des Wirtschaftsforschungsinstituts HWWI, warnt daher schon länger vor „Illusionen“ und fordert mehr Mut zum Wandel in der Hansestadt.
Vor diesem Hintergrund setzen die Strategen in der HHLA-Zentrale nicht allein darauf, die Abwicklung auf den Terminals (noch) effizienter zu machen. In einem Projekt mit dem US-Unternehmen Hyperloop soll bis 2021 eine Rohrpost für Container entwickelt werden. Und zusammen mit dem Fraunhofer-Institut CML wird geforscht, ob sich der Einsatz von Drohnen für den Lufttransport leerer Container rechnet.
Drohne trägt zwei Tonnen
Titzrath: „Die Tragfähigkeit liegt bereits bei gut zwei Tonnen.“ Mit MAN werden autonom fahrende LKW getestet. Außerdem werden die Terminals mit einer neuartigen Softwaresteuerung aufgerüstet. All diese Hochtechnologie- Projekte könnten einmal zum Verkaufsschlager an Dritte werden. Die Gewerkschaft Ver.di hat bereits signalisiert, dass sie wie bei dem Hafenbetreiber Eurogate einen „Tarifvertrag Zukunft“ für die Beschäftigten abschließen will.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!